Haben Vermieter ein regelmäßiges Besichtigungsrecht?

Als Vermieter möchte man natürlich ständig über den aktuellen Zustand seiner Wohnung informiert sein. Zu groß ist die Angst, sich einen Mietnomaden oder Störenfried „ins Haus geholt“ zu haben. Häufig behalten sich Vermieter daher im Mietvertrag ein periodisches Besichtigungsrecht vor. Sie wollen also alle ein bis zwei Jahre die vermietete Wohnung besichtigen – auch wenn es keinen triftigen Grund dafür gibt. Doch ist das wirklich zulässig?
Mieter lässt Vermieter nicht in die Wohnung
Ein Mieter wurde mit anwaltlichem Schreiben dazu aufgefordert, seinem Vermieter Zutritt zur Wohnung zu gewähren. Lehne er jeden der vorgeschlagenen Termine ab, drohe die Kündigung des Mietverhältnisses. Der Mieter reagierte auf das Schreiben jedoch nicht. Er ignorierte auch weitere Briefe, in denen der Vermieter unter anderem erklärte, seiner Instandhaltungspflicht schließlich nur nachkommen zu können, wenn er die Wohnung auf etwaige Mängel überprüfen könne. Auch wolle er die Räumlichkeiten einmal seiner Frau zeigen.
Der Vermieter erklärte, aufgrund einer Mietvertragsklausel ein periodisches Besichtigungsrecht zu haben. Danach dürfe er oder ein von ihm beauftragter Dritter in angemessenen Abständen und nach rechtzeitiger Ankündigung die Wohnung betreten, um insbesondere den Zustand der Wohnung zu überprüfen. Er wertete daher die Zutrittsverweigerung des Mieters als schwerwiegende Pflichtverletzung und kündigte das Vertragsverhältnis. Der Mieter hielt die Kündigung jedoch für unwirksam – schließlich stehe dem Vermieter kein anlassloses Besichtigungsrecht zu. Nun klagte der Vermieter auf Räumung und Herausgabe der Wohnung.
Zutrittsverweigerung war kein Kündigungsgrund
Das Amtsgericht (AG) Stuttgart-Bad Cannstatt wies die Klage ab. Schließlich war die Kündigung des Mietvertrags unwirksam, weshalb der Vermieter auch nicht die Räumung seiner Wohnung verlangen konnte.
Nach § 573 II Nr. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) ist eine Kündigung zulässig, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten erheblich verletzt hat. Zwar hat dieser seinem Vermieter mehrfach den Zutritt zur Wohnung verweigert – darin war aber keine Pflichtverletzung zu sehen, weil dem Vermieter gar kein Besichtigungsrecht zustand.
Vertragsklausel ist unwirksam
So war die Klausel im Mietvertrag, die dem Vermieter in „angemessenen Abständen“ ein Besichtigungsrecht zugestand, unwirksam. Grundsätzlich können die Parteien das Besichtigungsrecht des Vermieters vertraglich zwar durchaus konkretisieren. Sofern der Vertrag aber nicht individuell ausgehandelt wurde, liegen zumeist – wie im vorliegenden Fall – AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen) vor, die der Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) unterliegen.
Dieser hielt die vorliegende Klausel aber aus zwei Gründen nicht stand: Erstens waren die Begriffe „angemessene Abstände“ und „rechtzeitige Ankündigung“ zu unbestimmt, vgl. § 307 I 2 BGB. Aufgrund der missverständlichen Formulierung blieb nämlich unklar, wann ein Abstand als angemessen und eine Ankündigung als rechtzeitig anzusehen ist.
Zweitens benachteiligte die Klausel den Mieter unangemessen nach § 307 I 1 BGB. Schließlich darf ein Vermieter die Besichtigung seiner Wohnung nur verlangen, wenn es einen triftigen Grund dafür gibt, er z. B. angezeigte Mängel überprüfen, Verbrauchswerte von Messeinrichtungen ablesen oder Miet- bzw. Kaufinteressenten die Wohnung zeigen möchte. Ansonsten hat der Mieter das Recht, „in Ruhe gelassen zu werden“ – ihm allein steht das Gebrauchsrecht an der Wohnung zu. Das bedeutet auch, dass er entscheiden darf, wen er in die Wohnung lassen möchte und wen nicht. Dieses Recht würde verletzt werden, wenn der Vermieter aufgrund einer Vertragsklausel regelmäßig anlasslos Zutritt zu seiner Wohnung verlangen dürfte.
Keine konkreten Gründe für Besichtigung genannt
Da die Klausel unwirksam war, hätte der Vermieter nur bei Vorliegen eines triftigen Grunds Zutritt zur Wohnung verlangen dürfen. Ein solcher war aber nicht ersichtlich. Die vom Vermieter genannten Gründe reichten für ein Besichtigungsrecht nämlich nicht aus. Das gilt sowohl für den Wunsch, seiner Frau, die nicht einmal Mietvertragspartei war, die Wohnung zu zeigen, als auch für das Interesse, die Zimmer auf etwaige Mängel zu untersuchen. Die abstrakte Möglichkeit, einen Mangel zu finden, führt noch nicht zu einem Besichtigungsrecht des Vermieters. Ansonsten könnten Vermieter jederzeit bei ihrem Mieter auftauchen und unter diesem Vorwand Einlass in die Wohnung verlangen. Es bedarf vielmehr konkreter Gründe, die den Mieter verpflichten, den Vermieter in die Wohnung zu lassen.
Da es vorliegend sowohl an einer wirksamen Konkretisierung des Besichtigungsrechts als auch an einem konkreten Grund für eine Besichtigung der Wohnung fehlte, durfte der Vermieter keinen Zutritt zu den Räumlichkeiten verlangen. Die Zutrittsverweigerung des Mieters stellte demnach keine Pflichtverletzung und daher auch keinen Kündigungsgrund dar. (AG Stuttgart-Bad Cannstatt, Urteil v. 27.10.2014, Az.: 6 C 1267/14)
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