Prügelei unter Kollegen: Ist das ein Arbeitsunfall?
Handgreiflich gegenüber seinem Arbeitskollegen zu werden ist kein Kavaliersdelikt. Im Folgenden werden zwei Fälle aus der Arbeitswelt vorgestellt, bei denen sich die Frage stellt: Arbeitsunfall – Ja oder Nein?
Schlägerei unter zwei Lageristen
Ein Streit zwischen zwei Lageristen endete mit einem gebrochenen Halswirbel und einer Rippenprellung. Zunächst drohten die beiden Männer einander und schrien sich gegenseitig an – jedoch ohne handgreiflich zu werden. Eine Weile später setzten sie ihren Konflikten mit wüsten Beschimpfungen fort. Letztlich rammte der eine dem anderen seinen Kopf gegen den Brustkorb. Beide Männer fielen hin und verletzten sich dabei erheblich.
Das Sozialgericht (SG) Karlsruhe stufte die Schlägerei als Arbeitsunfall ein. Der Angreifer behauptete, der Streit sei beendet gewesen. Da er seinen Kollegen nicht verstanden habe, sei er zu diesem gelaufen und dabei versehentlich über eine Palette gestolpert.
Landessozialgericht beurteilte den Fall anders
Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg schätzte den Vorfall anders ein. Zeugen beobachteten keinen Sturz über eine Palette. Ein Arzt wurde außerdem zum Halswirbelbruch befragt. Seiner Meinung nach sei diese Verletzung durch einen Schlag mit voller Wucht entstanden. Das Gericht entschied letztlich in seinem Urteil, dass der Angreifer einzig die Absicht hatte, seinen Kollegen zu verletzen. Ein Arbeitsunfall wurde ausgeschlossen. (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 22.11.2017 – L 1 U 1504/17).
Fahrt bei offenem Fenster endete mit Faustschlag
Während einer Autofahrt von einer Baustelle nach Hause im September 2014 entbrannte ein Streit zwischen mehreren Männern. Einige weigerten sich, die Fenster ihres Transporters zu öffnen. Einem weiteren Mitfahrer waren die Ausdünstungen seiner Kollegen aber zuwider. Als er vom späteren Kläger zu Hause abgesetzt wurde, eskalierte die Situation. Der Täter schlug dem Fahrer mit der Faust ins Gesicht. Als das Opfer auf den Boden fiel, trat der Angreifer mit seinem Stahlkappenschuh außerdem gegen dessen Kopf. Das Ergebnis waren eine Schädelprellung und Hautabschürfungen am Knöchel sowie an der Hand.
Auseinandersetzung wurde als Arbeitsunfall eingestuft
Wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilte das Arbeitsgericht (AG) Göppingen den Täter zu einer Geldstrafe. Das Opfer verlangte von der Berufsgenossenschaft die Einstufung der Schädelprellung als Arbeitsunfall. Diese lehnte jedoch ab. Sie meinte, nicht der Arbeitsweg war ausschlaggebend für die Verletzung, sondern die persönliche Auseinandersetzung der beiden Männer.
Das LSG Baden-Württemberg machte der Berufsgenossenschaft einen Strich durch die Rechnung. Es urteilte folgendermaßen: Der direkte Heimweg von der Arbeitsstätte zur Wohnung stand unter dem Schutz der gesetzlichen Wegeunfallversicherung. So wurde die Berufsgenossenschaft vom LSG Baden-Württemberg dazu verpflichtet, den Vorfall als Arbeitsunfall anzuerkennen. (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 22.11.2017 – L 1 U 1277/17).
Droht bei Schlägerei am Arbeitsplatz eine Kündigung?
Eine Prügelei unter Kollegen kann im schlimmsten Fall zu einer fristlosen Kündigung führen. Grundsätzlich werden durch einen tätlichen Angriff am Arbeitsplatz die arbeitsvertraglichen Pflichten erheblich verletzt.
Der Arbeitnehmer muss vorher nicht einmal mehr eine Abmahnung aussprechen. Außerdem ist zu beachten, dass bereits eine einmalige Auseinandersetzung unter Arbeitskollegen ein Grund für eine Kündigung sein kann. Dabei ist es auch egal, wer zuerst zugeschlagen hat.
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