Ramadan: Das sollten Sie wissen
Stellen Sie sich einmal vor: Sie dürfen den ganzen Tag nichts essen und trinken, bis die Sonne untergeht – und das einen ganzen Monat lang. Hört sich unmöglich an? Für eine Mehrheit der Muslime ist diese Praktik an rund 30 Tagen im Jahr Alltag. Wir sagen Ihnen, worum es im Fastenmonat Ramadan geht, welche Regeln es beim Fasten gibt und wie Nichtmuslime ihre fastenden Mitmenschen dabei unterstützen können.
Ramadan: Was ist das?
Der Ramadan ist der neunte Monat im islamischen Mondkalender und der Fastenmonat der Muslime. Nach islamischer Auffassung erhielt der Prophet Muhammad in diesem Monat die Offenbarungen Gottes, die er später im Koran niederschrieb. Das Fest des Fastenbrechens zu Beginn des Folgemonats (bei den Türken auch „Zuckerfest“ genannt) ist nach dem Opferfest der zweithöchste islamische Feiertag.
Regeln beim Ramadan
Wer als Muslim den Fastenmonat einhält, muss sich währenddessen an einige Regeln halten. Die offensichtlichste des untersagten Essens und Trinkens ist nur eine davon. In unserer Bildershow verraten wir Ihnen, welche Regeln es im Ramadan gibt.
Ramadan 2020: Wann und wie lange?
Es gibt keine festgesetzte Zeitspanne, in der jährlich der Ramadan abgehalten wird. Denn die Muslime orientieren sich nach dem Mondkalender. Deshalb beginnt der Fastenmonat mit der Sichtung der neuen Mondsichel (hilal) am Ende des letzten Tages des Vormonats Scha’ban. Von nun an wird jeden Tag gefastet, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang.
Der Ramadan endet, wenn man die neue Mondsichel erneut am Himmel sieht. Manchmal wird das Fasten jedoch auf 30 Tage verlängert, wenn die Mondsichel (auch aufgrund des Wetters) noch nicht zu sehen ist. Das hat zur Folge, dass sich der Beginn jedes Jahr um circa 10 bis 11 Tage verschiebt.
So beginnt der Ramadan im Jahr 2020 am 23. April und endet am 23. Mai. So ist kein Muslim auf der Welt benachteiligt, denn der Fastenmonat durchschreitet alle Jahreszeiten, sodass jeder einmal schwerere Bedingungen wie beispielsweise im Sommer und leichtere wie im Winter erlebt.
Wer fastet?
Wer im Besitz seiner Geisteskräfte, volljährig und körperlich dazu in der Lage ist, ist nach dem Koran dazu verpflichtet, zu fasten. Auch Minderjährigen ist das Fasten erlaubt. Sie werden dazu ermutigt, um sich nach und nach an das Gebot zu gewöhnen.
Wer fastet nicht?
Im Koran steht geschrieben: „Gott will es euch leicht machen, nicht schwer“. Wer also nicht fasten kann, muss auch nicht. Von der Pflicht ausgenommen sind daher Kranke, Reisende, Schwangere, Stillende oder Kinder sowie Frauen während der Menstruation oder dem Wochenbett.
Fallen die Gründe allerdings weg, wie bei der Menstruation oder bei schwangeren Frauen, soll das Fasten zu dem Zeitpunkt nachgeholt werden. Ist es aufgrund von Alter und Krankheit nicht möglich, soll eine Ersatzleistung gebracht werden, die Fidya oder Fidyah genannt wird.
Effekte des Fastens
Das jährliche Fasten ist eine der fünf Säulen des Islam, gehört also zu den Hauptpflichten, die ein Muslim als Gottesdienst durchführt. Es soll um Gottes Willen geschehen, um dadurch die Zufriedenheit Gottes zu erlangen und der Tradition des Propheten Muhammad als Vorbild nachzueifern.
Durch das Fasten als direkte Angelegenheit zwischen dem Einzelnen und seinem Schöpfer soll die Seele gereinigt und seine Beziehung zu Gott und seinen Mitmenschen gefestigt werden. Denn wer fastet, denkt mehr an Gott, schärft das Gewissen, vergrößert die Widerstandskraft und übt sich in wohltätiger Nächstenliebe.
So ist ein großer Nutzen des Ramadan auch mehr Barmherzigkeit gegenüber Armen und Bedürftigen, besonders durch die pflichtmäßige Spende am Ende des Fastenmonats.
Muslime genießen während der Fastenzeit ebenso das besondere Miteinander in der Familie und mit Freunden – denn das Fasten wird bei Sonnenuntergang nur selten allein, sondern im Beisein von Familie, Freunden oder in der Gemeinde gebrochen. Somit kann das Fasten das Miteinander sowie das eigene Selbst stärken, indem man sich negativen Aspekten im eigenen Leben bewusst wird und diese als neue Vorsätze für die nächste Zeit in Angriff nimmt.
In Zeiten der Corona-Krise müssen die meisten Menschen auf ein gemeinsames Fastenbrechen mit vielen Freunden jedoch verzichten.
Als Nichtmuslim fastende Mitmenschen unterstützen
Entgegen mancher Überzeugungen ist die fehlende Aufnahme von Nahrung und Flüssigkeit bei gutem körperlichen Zustand nicht gesundheitsschädlich. Dennoch wirkt sich das Fasten nicht auf alle Muslime gleich aus. Manche kommen zur inneren Ruhe und spüren eine Art Regeneration des Körpers, doch andere sind durch das Fasten emotional und körperlich stark belastet.
Deshalb ist es besonders wichtig, als Mitmensch eines fastenden Muslims zu versuchen, die Bedeutung des Ramadan zu verstehen. Denn schwere, körperliche Arbeit und auch die geistige Leistungsfähigkeit werden dem Fastenden während des Monats vermutlich schwerer fallen.
Deshalb sollten auch Urlaubsanfragen oder Anfragen auf flexiblere Arbeitszeiten zum Fastenbrechen besonders berücksichtigt werden. Genauso sollte die Möglichkeit gegeben werden, nach Ende des Fastenmonats am Fest des Fastenbrechens sowie am circa zwei Monate später folgenden Opferfest teilzunehmen. Diese Feste sind für Muslime genauso wichtig wie für Christen Weihnachten und Ostern.