Solarspitzengesetz: Was auf Besitzer von Photovoltaikanlagen zukommt

Strom mit einer Photovoltaikanlage zu erzeugen, hängt neben vielen anderen Faktoren vor allem vom Wetter und dem Sonnenstand ab. In Deutschland wird besonders in der Mittagssonne viel Strom auf einmal erzeugt, was punktuell zu einer Überlastung des Stromnetzes führen kann. Um dem zu begegnen, hat die alte Bundesregierung das sogenannte Solarspitzengesetz auf den Weg gebracht, das seit Ende Februar 2025 neue Regeln für PV-Anlagenbesitzer formuliert. Das Ziel ist es, Solarstrom gleichmäßiger über den Tag im Stromnetz zu verteilen, damit es mittags keine "Stromspitzen" mehr gibt.
Im Kern sieht das Gesetz vor, dass neu installierte Photovoltaikanlagen ab einer Leistung von sieben Kilowatt-Peak (kWp) nur dann unbeschränkt einspeisen dürfen, wenn sie mit einem intelligenten Messsystem (iMSys) und einer technischen Einrichtung zur Steuerung der Anlage ausgestattet sind. Solange diese Technik fehlt, wird die Einspeiseleistung erst einmal pauschal auf 60 Prozent der Nennleistung begrenzt. Anlagen unter sieben kWp werden sogar dauerhaft entsprechend limitiert, selbst nachdem sie ein intelligentes Messsystem eingebaut haben.
Aber auch mit intelligentem Messsystem wird für Neuanlagen ab zwei kWp keine Einspeisevergütung mehr gezahlt, wenn der Börsenstrompreis negativ ist. Das passiert immer dann, wenn zu viel Solarstrom produziert wird und sich dafür an der Strombörse kein Abnehmer findet. Im vergangenen Jahr war das bei knapp 500 Stunden von insgesamt rund 1.600 Sonnenstunden der Fall. Die entgangene Vergütung wird allerdings an die bisherige Vergütungszeit von 20 Jahren angehängt, also mit einem zeitlichen Versatz von zwei Jahrzehnten gezahlt.
Diese Regelung soll dazu beitragen, die Einspeisung in Zeiten mit starker Belastung der Netze (beispielsweise während der Mittagssonne) zu verringern und Anreize zu schaffen, damit die Besitzer den Strom selbst verbrauchen oder zwischenspeichern und erst einspeisen, nachdem die Sonne untergegangen ist.
Kritik von Seiten der Solarwirtschaft
Der Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) äußert deutliche Kritik an der Neuregelung. In einer Analyse führt Prof. Dr. Frank Hergert, Professor für Regenerative Energietechnik an der Hochschule Koblenz und Vorstandsmitglied des SFV, aus, dass die Einspeisebegrenzung auf 60 Prozent bei fehlender Steuertechnik zu teils erheblichen Energieverlusten führt. Besonders problematisch sei laut Hergert, dass die Begrenzung "auch dann greift, wenn lokal keine Netzüberlastung vorliegt". Die Regelung orientiere sich primär an Marktsignalen wie den Börsenstrompreisen, nicht jedoch an der tatsächlichen Netzsituation vor Ort, so Hergert.
Hergert weist zudem darauf hin, dass Betreiber von kleineren PV-Anlagen ohne Smart-Meter-Infrastruktur künftig wirtschaftlich benachteiligt seien. Zwar könnten Eigenverbrauch und Batteriespeicher die Verluste ausgleichen, jedoch seien diese Investitionen nicht für alle Haushalte rentabel oder umsetzbar. Der SFV sieht in der Gesetzesnovelle daher ein Risiko für den dezentralen Ausbau der Solarenergie, der bisher als tragende Säule der Energiewende galt. Statt Anreize für einfache PV-Systeme zu setzen, werde der Einstieg für neue Betreiber durch technische Vorgaben und wirtschaftliche Unsicherheiten erschwert.
Einige Unternehmen der Branche sehen in der neu geregelten Vergütung jedoch auch Chancen für Verbraucher. Oliver Koch, CEO des Allgäuer Unternehmens Sonnen, das intelligente Speicher produziert, meint etwa: "Das neue Gesetz belohnt den richtigen Zeitpunkt, zu dem Strom ins Netz gespeist wird und nicht mehr allein die Menge. Für Haushalte bedeutet das: Ein intelligentes Energiemanagement und ein Speicher sind jetzt eine absolute Grundlage, denn wer das nicht hat, verliert Geld."
Nach Berechnungen des Unternehmens sei der Wegfall der Vergütung durch Negativpreise mit einem Rückgang um 25 Prozent der Einnahmen auch deutlich schmerzhafter als der durch die Einspeisedeckelung, der die Einnahmen laut SFV um etwa 8 Prozent sinken lässt. Abmildern lasse sich ersteres laut Koch durch intelligente "Direktvermarktung" des überschüssigen PV-Stroms, der dann verkauft werden könne, wenn die Preise dafür optimal sind und nicht, wenn sie ins Negative rutschen. Dazu kommt das prognosebasierte Beladen des Speichers auf Basis u.a. der Wettervorhersage. Dadurch beginne der Speicher nicht schon am Morgen mit dem Laden, sondern erst, wenn die 60- Prozent-Schwelle überschritten sei. Erst vor kurzem hat auch die HTW Berlin mit der Initiative "Dein Stromspeicher kann mehr" auf das Potenzial dieser Funktion aufmerksam gemacht.
Für die Direktvermarktung ist jedoch die Installation eines Smart Meter die Voraussetzung. Hier liegt Deutschland mit einem Anteil von nur zwei Prozent abgeschlagen hinter den meisten europäischen Ländern. Etwas Hoffnung macht hier der zunehmende öffentliche Druck, den das neue Gesetz verstärken könnte. So hatte die Bundesnetzagentur Anfang des Jahres an rund 700 Unternehmen eine Mahnung geschickt, weil sie zu langsam bei der Einführung der intelligenten Messsysteme sind - bis Ende 2026 müssen die Netzbetreiber alle neuen Anlagen damit ausrüsten.
Praxis-Tipps für PV-Anlagenbesitzer
Wer seine Anlage nach dem Stichtag am 25. Februar 2025 in Betrieb nimmt, sollte nach Möglichkeit also gleich ein intelligentes Messsystem (iMSys) samt steuerbarer Einrichtung einbauen lassen bzw. beantragen. Nur so lässt sich die Begrenzung der Einspeiseleistung umgehen und eine Vergütung auch bei vollem Solarertrag sichern. Zwar entstehen dadurch Mehrkosten für PV-Anlagenbesitzer, doch ein Smart Meter schützt vor dauerhaften Ertragseinbußen und schafft Flexibilität für spätere Direktvermarktung oder smarte Verbrauchssteuerung. Denn bei Direktvermarktung gilt die Einschränkungen nicht.
Ein Batteriespeicher hilft, den Eigenverbrauch zu erhöhen und Ertragsverluste durch Einspeisebegrenzung zu reduzieren. Falls er intelligent und prognosebasiert lädt, kann er die 60-Prozent-Regel weitgehend ausgleichen. Am besten lassen sich Haushalte von einem Installateur beraten, wie wirtschaftlich der Speicher für sie ist.
Anlagen unter einer Spitzenleistung von maximal sieben kW sind bislang nicht von der Pflicht zur Steuertechnik betroffen, jedoch auch von der wegfallenden Einspeisevergütung zu Zeiten negativer Marktpreise. Sie werden ebenso auf 60 Prozent ihrer Einspeiseleistung reduziert und können diese auch nicht nach Einbau eines intelligenten Messsystems wieder aufheben.
Wer seine Anlage vor dem Stichtag installiert hat, muss nichts befürchten: Bestehende Vergütungssätze und technische Bedingungen gelten weiter. Früher oder später erhalten jedoch auch diese Anlagen ein intelligentes Messsystem und ab sieben kW eine Steuerungseinrichtung. Zudem kann eine freiwillige Nachrüstung mit einem Speicher oder Energiemanagement-Systemen sinnvoll sein, wenn beispielsweise der Eigenverbrauch gezielt optimiert oder neue Verbrauchsgeräte wie Wallboxen integriert werden sollen.
Fazit: Chancen durch Smart Meter und Stromspeicher
Unterm Strich dürfte sich das Solarspitzengesetz nicht so negativ auswirken, wie aktuell viele Marktbeobachter befürchten - vorausgesetzt die Besitzer von PV-Anlagen nutzen die neuen Möglichkeiten, die das Gesetz bietet, um die Beschränkungen auszugleichen. Dann kann das Gesetz sogar neue Spar- oder Einnahmemöglichkeiten bieten, denn Flexibilität wird immer wertvoller, auch für Haushalte.