Der schlechteste Tatort aller Zeiten? Axel Ranisch über "Babbeldasch"

Der Tatort als Experiment: Ulrike Folkerts und Annelena Schmidt waren in Axel Ranischs improvisierten Fall "Babbeldasch" die Versuchskaninchen. ©SWR/Martin Furch
"Ich habe noch nie einen Film gedreht, der die Gemüter so
polarisiert hat", sagt der Berliner Filmemacher Axel Ranisch (33,
"Dicke Mädchen") im Interview mit spot on news über seinen Tatort
"Babbeldasch". Und in der Tat, nach der Ausstrahlung des
Sonntagskrimis am 26. Februar dieses Jahres hagelte es Kritik.
Viele störten sich an den improvisierten Dialogen und den vielen
Laiendarstellern. Für den Film habe er aber auch "viel Lob"
erhalten, so Ranisch weiter. "Da war tatsächlich alles dabei, von
Euphorie bis zur beleidigenden Schmähkritik."
Und wie fühlt sich das an?
Wie ging es einem sanften Künstler wie Axel Ranisch nach so
einer Gefühls-Wechseldusche? "Das lässt mich natürlich nicht kalt.
Aber erstens halte ich es ganz mit Fassbinder, um unabhängig zu
bleiben. Der sagte nämlich: 'Wenn der neue Film veröffentlicht
wird, muss der nächste schon fertig sein.' Und zweitens weiß ich
ja, was wir mit unserem Laien-Ensemble großartiges geleistet haben.
Ich bin sehr stolz auf die 'Babbeldasch', auch wenn viele
Tatort-Fans dieses Experiment nicht mochten. Aber es muss doch auch
nicht jeder mögen", findet der experimentelle Künstler.
Der Geschmack des Publikums...
"Deutsche Fernsehunterhaltung muss mutig sein dürfen, auch
auf die Gefahr hin, den Geschmack des Publikums zu verfehlen, sonst
schlafen wir alle ein, im Geiste und vor dem Fernseher", mahnt
Ranisch zudem. Egal ist ihm das Publikum deshalb aber noch lange
nicht, natürlich drehe auch er seine Filme fürs Publikum, erklärt
er weiter. "Das heißt aber nicht, dass ich weiß, was das Publikum
sehen will, und dass ich ihm in vorauseilendem Gehorsam deshalb nur
Gewohntes präsentiere. Das wäre eine sehr anmaßende und
bevormundende Haltung", die im Deutschen Fernsehen eh viel zu
verbreitet sei.
Fortsetzung folgt
Er selbst könne nur Filme mit Herzblut drehen, von denen er
begeistert und überzeugt sei. Nur dann sei er authentisch. Und ganz
im Sinne des oben zitierten, hochproduktiven und früh verstorbenen
Filmemachers Rainer Werner Fassbinder (1945-1982, "Die Ehe der
Maria Braun", "Die Sehnsucht der Veronika Voss" etc.) hatte Axel
Ranisch sogar schon zwei Filme abgedreht, als der umstrittene Krimi
ausgestrahlt wurde:
"Als
Babbeldasch
ausgestrahlt wurde, hatte ich die ARD-Komödie 'Familie Lotzmann auf
den Barrikaden' längst fertig und auch unser neuer Tatort:
'Waldlust' war schon abgedreht. Beide Filme sind also unabhängig
von der Babbeldasch-Kritik entstanden und warten nun auf ihre
Ausstrahlung. Ich bin höchst gespannt, was das Publikum zu den
neuen Werken sagt und bastle inzwischen fleißig an den übernächsten
Filmen", so der vielfach ausgezeichnete Berliner.
Der neue "schlechteste Tatort aller Zeiten"
Zu "Babbeldasch" habe der Saarbrücker Tatort-Ermittler Devid Striesow ihm "von ganzem Herzen gratuliert", erinnert sich Axel Ranisch mit einer gehörigen Portion Selbstironie: "Er freut sich sehr, dass der Titel 'Schlechtester Tatort aller Zeiten', den er sich einst für seinen Tatort ' Eine Handvoll Paradies' (2013) eingefangen hat, jetzt bei mir gelandet ist."
Und was erwartet die Zuschauer beim nächsten Impro-"Tatort: Waldlust"?
Diesmal wird's gruselig: Der "Tatort - Waldlust" führt das Ludwigshafener "Tatort"-Team um Lena Odenthal (Ulrike Folkerts, 56) in ein abgelegenes Hotel, in dem womöglich ein Mord vertuscht werden soll. Wie beim ersten Krimi von Regisseur Ranisch wird chronologisch gedreht und die Dialoge werden von den Darstellern improvisiert, ohne dass diese den kompletten Handlungsablauf kennen...
Quelle: spot on news