Abmessungen Formel 1-Autos 2017

Die Teams halten die Radstände geheim wie den Zugang zu ihrem Firmen-Tresor. Wir konnten trotzdem die Werte für Radstand und Anstellung ermitteln und verraten, wer das längste Auto im Feld gebaut hat.
Adrian Newey würde sich lieber von der Brücke stürzen, als den Radstand seines Autos preiszugeben. Der alte Geheimnisträger hält sich mit Zahlen am liebsten bedeckt. Dabei gibt es heute gute Computerprogramme, die anhand von Fotos jede Dimension berechnen lassen. auto motor und sport verlässt sich da auf Experten, die alle Autos professionell vermessen.
Die Radstands-Diskussion begann genau genommen schon im Herbst letzten Jahres. Da hatte die FIA von den Teams die Radstände abgefragt, weil sie wissen wollte, ob 2017 noch alle Autos auf die Messplattform passen. Es hatte sich dabei herumgesprochen, dass ein Auto Überlänge aufweisen würde. Und zwar so, dass der Weltverband nachrüsten musste.
Kein Radstand unter 3,50 Meter
Doch keiner wusste genau, wer sein Auto so dramatisch in die Länge strecken würde. Die Gerüchteküche reichte von Mercedes über Red Bull zu McLaren. Sebastian Vettel stellte uns scherzhaft die Frage: „Sagt Bescheid, wenn ihr wisst, wer da einen Bus baut.“ Vier Monate später kennen wir den Bus. Es ist der neue Silberpfeil.
Der Mercedes W08 geriet so lang, dass man gar kein Lineal anlegen musste, um das zu erkennen. Es fiel sofort ins Auge. Doch nicht nur der Mercedes wurde länger. Auch Force India, Red Bull, Ferrari, HaasF1 und McLaren legten zu. Toro Rosso, Renault, Williams und Sauber reduzierten leicht.
Im Schnitt werden die Autos aber immer länger. Im 2017er Jahrgang gibt es keinen Radstand mehr unter 3,50 Meter. Vor zwei Jahren lagen noch 5 Autos unter diesem Maß. Was bringt die Länge? Wer vorne anbaut, schafft mehr Platz für Leitbleche zwischen den Vorderrädern und den Seitenkästen. Wer hinten streckt, gewinnt Unterbodenfläche. Das bringt Abtrieb.
Neuer Mercedes 1,24 Meter länger als 1975er Ferrari
Der Mercedes-Radstand misst 3.760 Millimeter. Das sind 26 Zentimeter mehr als im Vorjahr. Mercedes baute vorne und hinten an. Allein das Getriebegehäuse ist 13 Zentimeter länger als beim Vorgänger. Um das Chassis nicht zu verlängern und Gewicht zu sparen, erfanden die Ingenieure um Chefdesigner Aldo Costa an der Vorderachse den Trick mit dem Dreieckslenker, der über einen nach vorne angewinkelten Stift mit dem Radträger verbunden ist.
Force India folgt mit 3.691 Millimetern, ist aber für die FIA-Inspektoren das größere Übel. „Unser Auto ist hinten stärker angestellt als der Mercedes. Da kommen sie bei der Messplatte an ihre Grenzen, weil vorne der Frontflügel auf Grund geht“, erzählt Technikchef Andy Green. Williams hat mit einem Radstand von 3.545 Millimetern das kompakteste Auto gebaut. Es schrumpfte im Vergleich zum Vorjahr um 4,4 Zentimeter. Am meisten hat Toro Rosso gekürzt. Wobei 6,7 Zentimeter gegenüber 2016 auch nicht die Welt sind.
Damit Sie die Radstände besser einordnen können, haben wir in der Historie gekramt. Niki Laudas Ferrari 312T von 1975 hatte einen Radstand von 2.518 Millimetern. Der McLaren MP4-4 von 1988, der 15 von 16 Rennen gewann, kam auf 2.875 Millimeter. Michael Schumachers Benetton B195-Renault war mit 2.880 nur unwesentlich länger. Bei Schumachers letztem Weltmeister-Auto, dem Ferrari F2004 ging es mit 3.063 Millimetern schon über die 3-Meter-Marke. Sebastian Vettels erstes Meisterauto, der Red Bull RB6 von 2010, hatte bereits einen Radstand von 3.296 Millimetern.
Force India am stärksten angewinkelt
Unsere Experten haben aber nicht nur die Länge der Autos vermessen, sondern auch die Bodenfreiheit vorne und hinten und damit den Anstellwinkel - im Fachjargon Rake genannt. Dabei kam heraus, dass Mercedes sein Auto immer noch am geringsten anstellt, Red Bull allerdings nicht mehr am stärksten. Jedenfalls nicht zu dem Zeitpunkt, an dem die Autos in gleicher Position fotografiert wurden.
Die Konstrukteure der Konkurrenz vermuten, dass Red Bull an diesem Tag Experimente mit unterschiedlichen Anstellwinkeln gefahren ist. Toro Rosso wohl auch. Fotos von späteren Tagen lassen vermuten, dass Red Bull und Toro Rosso ihren Prinzipien treu geblieben sind. Falls nicht, würde Force India mit 2,1 Grad Anwinkelung hinten mit der größten Bodenfreiheit fahren. Der Unterschied zu Mercedes beträgt stolze 1,2 Grad.
Wir werden die Autos beim Bahrain-Test nach dem Grand Prix im Wüstenstaat noch einmal vermessen lassen. Bis dahin wird jedes Team sein ideales Setup gefunden haben. In unserer Galerie zeigen wir Ihnen die 10 neuen Autos im direkten Vergleich, so dass man die Unterschiede in Sachen Radstand und Anstellung gut erkennen kann.