„Michael war unter Druck verwundbar“

Damon Hill setzte mit seinem WM-Titel 1996 das Erbe seines Vaters fort. Im Gespräch mit auto motor und sport spricht der Brite über seine Teamkollegen Prost und Senna und die heißen Duelle mit WM-Konkurrent Michael Schumacher.
Damon Hill./span> hat 1996 Motorsportgeschichte geschrieben. Er wiederholte, was sein Vater vorgelebt hatte. Graham Hill./span> wurde 1962 und 1968 Formel-1-Weltmeister. Damon war der erste Rennfahrersohn, der das egalisieren konnte. Nico Rosberg machte es ihm 20 Jahre später nach. Dass er es je so weit gebracht hat, erstaunt selbst Hill. Er saß nie in einem Go-Kart und hat seine Rennfahrerkarriere erst in einem Alter von 24 Jahren begonnen. Sein Formel-1-Debüt beim GP England 1992 gab er als 32-Jähriger.
In seiner aktiven Karriere war Hill ein verschlossener Mensch. „ Ich wollte nur über Rennsport reden und habe private Fragen gehasst“ , erzählt er in unserem Video-Interview. Doch Hill hat in seinem Leben nach dem Motorsport eine erstaunliche Wende durchgemacht. Der 22-fache GP-Sieger schrieb die vielleicht ehrlichste Autobiografie, die je ein Rennfahrer verfasst hat. Hill geht dort mit sich selbst gnadenlos ins Gericht und nimmt auch bei unangenehmen Themen kein Blatt vor dem Mund.
Vergleich zwischen Prost und Senna
Wir haben uns mit Hill Mitte Januar auf dem Gelände der alten Brooklands-Rennbahn getroffen. Hill ist Mitglied eines Clubs, der sich um den Erhalt der alten Anlagen und des Museums kümmert. Für das Interview durften wir im Pub der Mitglieds-Lounge filmen. Bei unserem Gespräch war der große Gegner von Michael Schumacher so offen und schonungslos wie in seinem Buch. Er räumt ein, dass er sich in seiner aktiven Zeit oft selbst das Leben schwergemacht hat: „Hätte ich damals schon gewusst, was ich heute weiß, hätte ich eine einfachere Zeit gehabt.“
Er erzählt, wie er vom Williams-Testfahrer zum Stammpiloten befördert wurde und in seinen ersten beiden Jahren mit Alain Prost und Ayrton Senna gleich auf die härtesten Teamkollegen traf, die man sich als Rennfahrer ausmalen konnte. Hill beschreibt Prost als ruhig, überlegt und höflich, Senna dagegen als aggressiv, misstrauisch und besorgt. Seine Bewunderung für Senna als Rennfahrer blitzt in mehr als nur diesem Satz durch: „Ich glaube nicht, dass ich Senna hätte schlagen können. Er war einfach ein zu schneller Fahrer.“
Depression im Leben danach
Hill erzählt auch vom Rennen seines Lebens 1995 in Suzuka, als er unter schwierigsten Bedingungen Michael Schumacher im direkten Duell schlug. „Ich wusste gleich danach, dass ich nie wieder so ein Rennen fahren werde. Als ich ausstieg, war ich schockiert über mich selbst.“
Eine Woche später beim großen Finale in Adelaide ging der Zweikampf weiter. Er endete mit einer Kollision und mit dem Titel für Schumacher. Hill weigert sich, Schumacher die Schuld zu geben, nimmt eher sich selbst in die Pflicht: „Es war ein unbeholfener Versuch, Michael zu überholen.“ Hätte er nur gesehen, dass Schumacher kurz vorher die Mauer geküsst hatte, wäre alles ganz anders gekommen. Die beiden Showdowns gegen Schumacher Ende 1994 brachten Hill zu der Erkenntnis: „Michael war unter Druck verwundbar.“
Thema des Gesprächs sind auch der Tiefschlag, dem ihm Frank Williams verpasste, als er Ende 1996 seinen kommenden Weltmeister feuerte. Und auch die Funksprüche zwischen Fahrer und Teamchef bei Damon Hill. letztem GP-Sieg 1998 für Jordan in Spa. Hill erzählt, was damals wirklich vorgefallen war. Er spricht aber auch über die Verzweiflung, als er Mitte 1999 aufhören wollte, aber nicht aufhören durfte.
Nach seiner Karriere kamen bei dem heute 59-jährigen Familienvater viele unverarbeitete Dinge wieder hoch, wie zum Beispiel der Tod seines Vaters. Hill erzählt ungeschminkt, wie er in eine Depression gefallen ist, sich therapeutische Hilfe holte und sich dann durch das Schreibens des Buches quasi selbst heilte. „ Es fiel mir leichter die Dinge niederzuschreiben, als sie auszusprechen.“ Wenn Sie mehr über Hill. Lebensbeichte wissen wollen, hören sie rein!