Donnerstags-Check GP China 2019

Donnerstag ist die Ruhe vor dem Sturm. Wir checken die zehn Teams auf Neuigkeiten ab, und was die Fahrer vom Rennen erwarten. Ferrari ist gespannt, ob das Auto ein viertes Gesicht zeigt, Mercedes kontert mit einem Upgrade und Red Bull hat sein Bahrain-Problem im Griff.
Donnerstag ist der PR-Tag vor einem Grand Prix. auto motor und sport stöbert für Sie im Fahrerlager Geschichten und Gerüchte auf. Wir fragen bei den Ingenieuren nach, was neu am Auto ist und bei den Fahrern, wie sie das Rennen einschätzen. Hier ist unser Streifzug durch die zehn Garagen.
Mercedes
Mercedes rüstet im Duell gegen Ferrari weiter auf. Der W10 erhielt ein kleines Upgrade. Diesmal wurden die Vorderradaufhängung, der Frontflügel und die Leitbleche überarbeitet. Ob das reicht, um gegen die Ferrari zu bestehen? „ Wenn die auf den Geraden wieder so schnell sind wie in Bahrain, wird es schwer“, fürchtet Valtteri Bottas. „Ich hoffe, dass wir unsere Stärke an anderen Stellen ausspielen können.“ Der Finne weiß jetzt, was er in Bahrain falsch gemacht hat: „Ich war am Anfang der Stints zu vorsichtig mit den Reifen, in der Hoffnung später davon zu profitieren. Leider ist das Gegenteil eingetreten.“
Lewis Hamilton erwartet für das dritte Rennen des Jahres ein ähnliches Bild wie in Bahrain. „Wenn sich etwas ändert, dann weil die Strecke und die Bedingungen anders sind.“ Shanghai ist wie Melbourne eine Strecke, auf der die Vorderreifen mehr gefordert sind als die Hinterreifen. Ein gutes Omen für Mercedes, die in Australien in einer eigenen Kategorie fuhren?. „Acht von zehn Mal war es so. Aber der Asphalt wird jedes Jahr älter. Das bedeutet mehr Stress für die Reifen“, warnt Hamilton vor voreiligen Schlussfolgerungen. Bottas kann sich sogar vorstellen, dass der alternde Asphalt das Pendel umschlagen lässt: „Wenn die Poren im Asphalt sich öffnen, kann das schnell in Übersteuern statt Untersteuern umschlagen.“
Ferrari
Sebastian Vettel ist zufrieden mit seinem Testtag in Bahrain. „ Da hatten wir Zeit an der Abstimmung Dinge zu ändern, die mehr Zeit in Anspruch nehmen. Wir haben ein paar Sachen beim Setup gefunden, die das Heck beruhigen, und die mir besser passen.“ Der Ex-Champion ist aber nicht sicher, ob er diese Erfahrungen in Shanghai nutzen kann. „Auf dieser Strecke hast du normalerweise ein Problem mit Untersteuern. Da ist weniger Abtrieb im Heck manchmal vorteilhaft.“
Charles Leclerc verrät, warum der Ferrari für ihn besser funktionierte als für seinen Teamkollege: „Seb und ich haben sehr unterschiedliche Fahrstile. Ich verlange vom Auto und von der Balance andere Dinge als er.“ Ferrari kann in Shanghai zwischen zwei Heckflügel-Konfigurationen wählen. Einen der beiden Flügel hat man bis jetzt nur bei den Winter-Testfahrten in Barcelona und dem Test in Bahrain gesehen. Leclerc hat trotz seinem Motorpech am Ende des Rennens in Bahrain weiteres Selbstvertrauen getankt. Obwohl er in Bahrain erst sein zweites Rennen für Ferrari gefahren ist, traute er sich, einen Rat seines Renningenieurs zu ignorieren. Der hatte ihm gesagt, er solle erst einmal zwei Runden hinter Vettel bleiben, bevor er einen Angriff plane. Leclerc wartete genau zwei Kurven. „Ich war so viel schneller als Seb, dass ich ihn ohne Risiko überholen konnte.“ Vettel pflichtet bei: „Charles war deutlich schneller als ich. Es hätte keinen Sinn gemacht, dagegenzuhalten. Ich hätte ihn auf der nächsten Gerade wieder angreifen können, doch dann hätten wir beide nur Zeit verloren.“
Ferrari präsentierte sich bis jetzt mit drei Gesichtern. Bei den Testfahrten als überragendes Gesamtpaket, in Melbourne mit unerklärlichen Schwächen und in Bahrain als ein Auto, das allen anderen auf den geraden um die Ohren fuhr. Selbst Vettel fehlt eine Erklärung: „Es war eine Überraschung für uns, dass wir in Australien so langsam waren. Und es kam genauso überraschend, dass wir in Bahrain so viel Zeit auf den Geraden gewonnen haben.“
Red Bull
Red Bull nutzte die zwei Testtage in Bahrain dazu, die Probleme vom Rennwochenende zu analysieren. Mit einem positiven Resultat. „ Wir wissen jetzt, was wir mit der Abstimmung falsch gemacht haben“, freute sich Max Verstappen. Er verrät: „Der Fehler lag im mechanischen Setup.“ Mit einem perfekten Red Bull hätte er in Bahrain aus eigener Kraft auf den 3.Platz fahren können: „Dann sind wir auch in der Lage mit Mercedes und Ferrari zu kämpfen.“ Der Holländer lobt prinzipiell den RB15: Generell fühle ich mich im neuen Auto besser als im Vorjahresauto.„ Das kann Pierre Gasly noch nicht von sich behaupten: “Das Auto macht noch nicht, was ich von ihm verlange. Der Toro Rosso vom letzten Jahr war für mich berechenbarer.„ Gasly führt es auch auf die Kommunikation mit den Ingenieuren zurück: “Wir müssen uns noch besser kennenlernen.„
Racing Point
Bis jetzt hat Racing Point nur kleine Punkte gehamstert. Das größte Problem des Autos ist die Traktion. Deshalb war Bahrain auch nicht die ideale Spielwiese für Sergio Perez und Lance Stroll. “Wir verstehen unsere Probleme, aber es wird noch dauern, bis wir sie lösen können. Ich bin zuversichtlich, dass die Ingenieure schon eine Antwort wissen„, meint Perez und blickt nach vorne: “Die Saison ist noch lang. Es ist nicht wichtig wo wir jetzt stehen, sondern wo wir am Ende der Saison sind.„
Williams
Die Williams-Piloten wissen schon jetzt, wo sie am Samstag und Sonntag landen. Für George Russell und Robert Kubica sind die letzten beiden Plätze reserviert. Russell fürchtet, dass das die ganze Saison so bleiben wird. “Die anderen entwickeln ja auch weiter. Wir müssten uns schon drei Mal so viel verbessern wie unsere Gegner. Das ist fast nicht möglich„, meint Russell. Der 21-jährige Engländer hatte bei den Testfahrten in Bahrain das einmalige Erlebnis, innerhalb von zwei Tagen das beste und schlechteste Auto im Feld fahren zu dürfen. Zuerst den Williams, dann den Mercedes. “Ich werde Williams keine technischen Details verraten, aber ich kann ihnen wenigstens sagen, wo wir hin müssen. Ich kann ihnen erzählen, was der Mercedes in einer bestimmten Kurve macht und wie sich da unser Williams verhält.„
Wie groß ist der Unterschied wirklich? Trockene Antwort: “So groß, wie die Rundenzeiten.„ Auch Kubica sieht keine schnelle Besserung: “Wenn wir nur Speed finden müssten, wäre es schon schwierig genug. Aber erst einmal müssen wir unser Problem mit der Teileversorgung lösen. Damit verlieren wir wieder Zeit, um Rundenzeit zu finden.„
Renault
Renault ist dabei seine Probleme mit den Antriebseinheiten auszusortieren. Die zweite Generation MGU-K, die Carlos Sainz beim GP Bahrain als erster der vier Renault-Fahrer bekam, soll jetzt kugelsicher sein. Die Renault-Werksfahrer und Lando Norris werden sie in Shanghai bekommen. Mit Nico Hülkenbergs Motorschaden in Bahrain haben die Renault-Ingenieure noch ein bisschen Bauchweh. Renault-Sportchef Cyril Abiteboul verrät: “Wir hatten bei der MUGU-K ein Problem mit der Fertigungsqualität eines Zulieferteils. Das ist mit der zweiten Generation der Elektromaschine gelöst. Nicos Problem war ein Folgeschaden unseres MGU-K Problems.„
Gleichzeitig ärgert sich der Chef. “Wir haben den Speed, aber nicht die Zuverlässigkeit.„ Renault könnte damit das erste Team werden, das Motorstrafen erwartet. “Sie kommen eher früher wie später auf uns zu„, fürchtet Nico Hülkenberg. Er sagt aber auch: “ Es ist besser, dass wir in der Entwicklung aggressiv bleiben. Letztes Jahr waren wir zu konservativ.„ Hülkenberg nimmt seine Leute in Schutz: “Wo gehobelt wird, fallen Späne. Wir haben so viel mehr Leistung als letztes Jahr, dass man das ein oder andere Problem in Kauf nehmen muss.„ Der Rheinländer ist auch mit den Fortschritten beim Auto zufrieden. “Wir haben wieder neue Sachen am Auto. Du spürst, da geht was vorwärts.„ Neu sind die Bremsbelüftungen vorne, die Vorderradaufhängung, die Leitbleche und der Unterboden.
Toro Rosso
Unterschiedlicher könnten die Shanghai-Erfahrungen der beiden Piloten nicht sein. Daniil Kvyat erinnert sich noch gerne an 2016, als er mit dem Red Bull auf Platz 3 fuhr. Alexander Albon kennt den 5,451 Kilometer langen Kurs nur aus dem Simulator. “Sieht ziemlich schwierig aus, besonders die erste Kurve. Es scheinen mehrere Linien möglich sein.„
Haas
Haas hat herausgefunden, warum man im Rennen von Bahrain nach dem exzellenten Trainingsergebnis so abgestürzt ist. Kevin Magnussen klärt auf: “Es hat viele Gründe, aber drei können wir herausstreichen. Wir sind mit zu viel Abtrieb gefahren, wir haben uns vom Setup her zu sehr auf eine Runden konzentriert, und wir haben beim Reifenmanagement einen Fehler gemacht.„
Die Analyse ergab, dass die Hinterreifen zu gut gekühlt wurden. In den ersten zwei Runden war das kein Problem, doch dann stürzte die Karkassen-Temperatur in den Keller und die Oberfläche heizte sich auf. Das kostete Grip. Beim Abtrieb waren HaasF1 die Hände gebunden. “Wir hatten keinen Heckflügel für weniger Anpressdruck dabei. Hier in Shanghai haben wir zwei zur Auswahl„, so Magnussen. In Baku soll ein dritter Heckflügel kommen, der dann für die schnellen Strecken maßgeschneidert ist. In der Qualifikation in Bahrain landeten die HaasF1 nur knapp hinter Red Bull. Magnussen glaubt nicht, dass dies ein Dauerzustand wird: “Ich erwarte Red Bull stärker. Sie hatten wohl Probleme.„
McLaren
Carlos Sainz hat sie schon, Lando Norris bekommt sie in Shanghai. Die zweite Spezifikation der MGU-K. Damit soll ein Unsicherheitsfaktor im Paket ausgeschaltet werden. Norris ist erleichtert, dass nun die ersten Punkte auf dem Konto sind. “Ich bin jetzt viel relaxter als in Melbourne. Da fühlte ich mich vor lauter Anspannung richtiggehend eingeengt. Jetzt muss ich nur den goldenen Mittelweg zwischen innerer Spannung und Gelassenheit finden.„
Alfa Sauber
Sauber setzt seine Hoffnungen auf den neuen Heckflügel, der für Shanghai angekündigt war. Bei den ersten beiden Rennen klagten die Fahrer über zu wenig Abtrieb. Das sollte jetzt behoben sein. Kimi Räikkönen ist mit dem Saisonverlauf trotzdem zufrieden: “Das Auto ist viel besser als das Vorjahresmodell, das ich letztes Jahr beim Abu Dhabi-Reifentest gefahren bin. Es gibt aber noch einige Dinge, die wir verbessern können. Wir haben verstanden, woran wir arbeiten müssen.„