Endlich Heimsieg für Red Bull
Seit Red Bull ein Heimrennen veranstaltet, war der Hausherr meistens vom Pech verfolgt. Die Siege räumte immer Mercedes ab. Auch 2018 sah Red Bull nicht aus wie ein Siegkandidat. Doch dann drehten höhere Temperaturen am Sonntag das Bild.
Der Red Bull.Ring war für Red Bull bislang kein gutes Pflaster. Seit dem Comeback des GP Österreich im Jahr 2014 gewann immer Erzfeind Mercedes. Der Hausherr selbst hielt sich immer vornehm zurück: Platz 8 und Ausfall 2014. Rang 10 und 12 in der Saison 2015. Platz 2 und 5 im Jahr 2016. Rang 3 und Ausfall im letzten Jahr. Red Bull hatte auf heimischem Boden immer das gleiche Problem. Der Ring in der Steiermark ist eine Motorenstrecke. Mit mittlerweile 79 Prozent Volllast mehr denn je.
Deshalb ging auch diesmal Mercedes als Favorit in das Rennen. Ferrari kam die Außenseiterrolle zu. Red Bull nicht einmal das. Die Fahrer suchten zwei Tage lang nach der Balance. Das Auto stand wie in Frankreich auf Kriegsfuß mit dem Ultrasoft-Reifen. Am Ende ging auf den Geraden zu viel Zeit verloren. Die Strecke bietet zu wenig Kurven, um das wieder wettzumachen. Ganz im Gegensatz zu angestammten Qualitäten des Chassis fraß der RB14 bei den Longruns am Freitag seine Reifen. Und der Rückstand von sieben Zehnteln auf die Trainingsbestzeit ließ im Lager der Hausherren auch nicht gerade übermäßigen Optimismus aufkommen.
Das Privileg, in Führung zu liegen
Am Sonntag änderte sich das Bild. „Der Schlüssel waren die höheren Temperaturen“, analysierte Helmut Marko. Reifen, die am Freitag bei 28 Grad Asphalttemperatur noch eine ganze Renndistanz geschafft hätten, wurden plötzlich zum Problem. Am Sonntag heizte sich der Streckenbelag auf 50 Grad auf. Das überraschend hohe Renntempo brachte die Pirelli-Sohlen in die rote Zone.
Das allein hätte Mercedes nicht aus den Schuhen werfen können. Erst der Ausfall von Valtteri Bottas und der anschließende Strategiefehler brachten Red Bull ins Spiel. Nach Lewis Hamiltons Boxenstopp hatte Max Verstappen das Privileg, das Rennen anzuführen, und Hamilton steckte im Verkehr. Es ist eben eine ganz andere Hausnummer, wenn man vorne in sauberer Luft das Tempo kontrollieren kann oder weiter hinten um Positionen kämpfen und Rückstände aufholen muss. Das merkte auch Red Bull. Daniel Ricciardo musste wegen einer großen Blase auf dem linken Hinterreifen zu einem zweiten Stopp an die Box. Der Australier konnte seinen Reifen keine Verschnaufpause geben.
Das soll den ersten Saisonsieg von Max Verstappen nicht schmälern. Entscheidend waren zwei Faktoren. Das Überholmanöver gegen Kimi Räikkönen in der ersten Runde und später das Reifen.anagement. In den letzten 20 Runden nisteten sich immer mehr Blasen in der Lauffläche der Reifen ein. „Typisch Max“, applaudiert Marko, als sich sein Fahrer in Kurve 7 an Räikkönen vorbeirempelt. „ Er überholt an Stellen, wo es andere nicht erwarten.“ Hartes Rennfahren: „Es war nur ein kleiner Stoß“, beschwichtigte Verstappen. Räikkönen beschwerte sich nicht einmal. „Ich habe in der Kurve davor einen Fehler gemacht.“
Das Problem mit dem Auspuff
Verstappens Balanceakt, einerseits die Reifen am Leben zu halten, andererseits die Ferrari nicht näher kommen zu lassen, entlockte Marko höchstes Lob: „Max hat seinen Kritikern gezeigt, dass er nicht nur von der Strecke fliegen kann. Ich habe noch nie so gutes Reifen.anagement gesehen, bestimmt nicht von einem 20-Jährigen.“ Verstappen hatte nach dem Ausfall von Ricciardo noch ein zweites Problem zu lösen. Bei Ricciardo brach der Auspuff, was am Ende das Getriebe in Mitleidenschaft zog. Weil sich im Auto mit der Nummer 33 ein ähnliches Problem andeutete, wurde Verstappen gebeten, den Motor im Schongang zu fahren. Das kostete drei Zehntel pro Runde. „Trotzdem hat Max die Ferrari in Schach gehalten. Erst als der Vorsprung auf drei Sekunden gefallen war, habe wir ihm erlaubt, wieder etwas mehr Gas zu geben“, verrät Marko.
Der Grazer sieht in der WM immer noch Außenseiterchancen. Vor allem weil im Restprogramm noch einige Red Bull freundliche Strecken kommen. Bauchweh macht ihm nur die Standfestigkeit. Der Schaden von Ricciardo geht auf die Kappe von Red Bull. Doch der Turboladerschaden am Werksauto von Nico Hülkenberg ist auch für die Kunden ein Weckruf. „Wir werden mit Ricciardo in Hockenheim hinten starten. Viele solche Strafen dürfen wir uns nicht erlauben. Unmöglich ist trotzdem nichts. Ich erinnere nur an die Saison 2012. Da sind wir in der Sommerpause auch weit hinten gelegen.“
Marko hofft auf Regen in England
Weil Zuverlässigkeit Vorrang hat, verzichtet Red Bull auch vorläufig auf die neue MGU-K, die in den Werksautos zum Einsatz kam. Sie ist zwar um 2,5 Kilogramm leichter als die alte Version, aber laut Red Bull.Teamchef Christian Horner ein Alptraum bei der Installation. „Wir schauen uns jetzt einmal an, wie die bei Renault funktioniert. Gewicht ist nicht unser dringlichstes Problem“, erklärt Marko. Vom groß angekündigten Party-Modus in der Qualifikation hat Red Bull nicht viel gespürt. „Party-Modus haben wir heute Abend. Da wird gefeiert“, lachte Marko kurz vor seiner Abreise vom Red Bull.Ring.
Heimsiege sind auch nur Siege, aber trotzdem die schönsten. „Es tut gut, dass wir die Siegesserie der Mercedes endlich unterbrochen haben. Der Sieg bei unserem Heim-Grand Prix war die Krönung unseres Motorsportprogramms“, bilanziert Marko mit Genugtuung. Und schon geht der Blick auf das nächste Rennen in Silverstone. „Da werden die Mercedes unschlagbar sein. Silverstone war mal gut für uns, aber mit den breiten Autos gehen viele Kurven für die meisten voll. Und dann spielt halt doch wieder die Power eine Rolle.“ Seinen größten Verbündeten sieht Marko im Wetter: „England könnte doch jetzt wirklich mal seinem Ruf als regenreiches Land gerecht werden.“