F1-Donnerstags-Check GP Japan 2018
Donnerstag ist die Ruhe vor dem Sturm. Wir checken die zehn Teams auf Neuigkeiten ab, und was die Fahrer vom Rennen erwarten. Lewis Hamilton verteidigt die Stallregie von Sotschi, Renault wartet auf Öl und Toro Rosso freut sich auf die Rückkehr des neuen Honda-Motors.
Donnerstag ist der PR-Tag vor einem Grand Prix. auto motor und sport stöbert für Sie im Fahrerlager Geschichten und Gerüchte auf. Wir fragen bei den Ingenieuren nach, was neu am Auto ist und bei den Fahrern, wie sie das Rennen einschätzen. Hier ist unser Streifzug durch die zehn Garagen.
Mercedes ohne Updates
Mercedes kommt ohne Upgrades nach Suzuka. Bei der Wahl des Heckflügels orientiert man sich an Paul Ricard oder Hockenheim. „ Auf jeden Fall mehr Abtrieb als in Sotschi“, sagen die Ingenieure. Die Motorleistung spielt eine geringere Rolle als in Russland. „ Suzuka liegt in der Mitte, ungefähr auf Platz 8.“ Lewis Hamilton verteidigte die Stallregie von Sotschi: „Formel 1 ist ein komplizierter Sport. Ein Tor reicht nicht. Bei uns musst du immer zwei Tore schießen, eines für dich, das andere für das Team.“
Ferrari: Jetzt oder nie?
Ferrari präsentierte ein neues Logo auf der Motorabdeckung und am Heckflügel. Es steht für die neue Kampagne von Hauptsponsor Philip Morris. Ein „M“ und ein „W“ in weiß auf rotem Grund steht für „Mission Winnow“. Was die Mission für eine „bessere, zigarettenfreie Zukunft“, genau bezweckt, ist nicht ganz klar. Sie ist jedenfalls ein guter Trick, den Sponsor wieder ins Blickfeld zu rücken, ohne in Verdacht zu geraten, versteckte Tabakwerbung zu betreiben.
Sebastian Vettel mag keine Prognosen mehr über die Chancen seines Ferrari abgeben. Die roten Autos kamen schon als Favoriten nach Singapur und Sotschi und fuhren geschlagen wieder heim. „Das ganze Jahr war es eng zwischen Mercedes und uns. Aber es gab unter dem Strich zu viele Rennen, wo wir nicht nah genug dran lagen. Ich kann nur hoffen, dass wir hier in der Qualifikation besser dastehen. Das wird der Schlüssel für das Wochenende sein.“ Ist Suzuka die letzte Chance für Vettel und Ferrari? „Ich mag dieses Jetzt-oder-nie-Gerede nicht. Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist.“
Red Bull will auf das Podest
Daniel Ricciardo hat ein klares Ziel vor Augen: „In Suzuka sollten wir in der Lage sein, auf das Podium zu fahren.“ Red Bull wird beim GP Japan wieder den C-Motor von Renault einsetzen. „Der bringt uns in der Qualifikation etwas mehr Power“, hofft Max Verstappen. Der Holländer verteidigte noch einmal die Entscheidung des Teams, in Sotschi die Motoren zu wechseln. „Ohne die Motorenstrafe wäre ich vom 5.Platz gestartet und als Fünfter ins Ziel gekommen. Also auch nicht besser. Ich hätte die Mercedes und Ferrari nicht überholen können. Das geht nicht so einfach wie bei den anderen Autos.“
Gegen ein bisschen Regen hätte Verstappen nichts einzuwenden. Trotz der schlechten Erfahrung in Budapest, wo Red Bull in der verregneten Qualifikation komplett verwachst hatte. „Wir kennen die Gründe dafür. Das Auto war nicht richtig ausbalanciert, war auf einer Seite schwerer als auf der anderen. Das führte in Linkskurven zum Untersteuern und ich Rechtskurven zum Übersteuern.“
Force India im Mittelfeld vorn?
Wer hat das schnellste Auto im Mittelfeld? „Racing Point“, scherzt Sergio Perez in Anspielung auf den Interimsnamen des Teams. Der Mexikaner differenziert: „Im Schnitt haben wir zur Zeit das viertschnellste Auto. Aber es gibt immer wieder Ausreißer. In Sotschi war Sauber die große Überraschung. Der Kampf im Mittelfeld ist echt hart und eng. Wenn die Formel 1 nur aus dem Mittelfeld bestünde, wäre sie ein toller Sport.“ Keine neue Entwicklung bei Esteban Ocon. „Ich habe immer noch kein Cockpit für 2019. Wenn ich nichts finde, setze ich ein Rennen aus. Aber 2020 bin ich sicher zurück.“
Williams versteht Fehler
Sergey Sirotkin ist das erste Mal in Suzuka. Nach der Streckenvisite schwärmte der Russe: „Ich bin schon gespannt, wie sich die Strecke im Auto anfühlt. Auch wenn ich sie bis jetzt nur abgelaufen bin, bin ich mir sicher, dass ich Suzuka am Sonntag zu meiner Lieblingsstrecke deklarieren werde.“ Für die Williams-Piloten wird Suzuka eine harte Prüfung. Es ist nicht die Art von Strecke, die dem Auto liegt. „Uns fehlt immer noch Abtrieb“ , räumt Sirotkin ein. Lance Stroll bedauert: „Es kommen keine Upgrades mehr. Wir müssen mit dem leben, was wir haben und uns darauf konzentrieren, die Balance des Autos zu optimieren.“ Trotzdem lobt Sirotkin den Fortschritt im Team. „Wenn wir mit dem Auto wie es jetzt ist noch einmal in Melbourne antreten könnten, würden wir es ins Q3 schaffen. Leider haben sich die anderen auch verbessert. Immerhin kennen wir jetzt die Fehler und verstehen sie. Es waren fundamentale Fehler, die nur langfristig gelöst werden können. Die Lösungen wird man deshalb erst nächstes Jahr sehen.“
Renault in Problemen
Renault betet. Im Augenblick hat das Team kein Motoröl. Es sollte seit Dienstag in Suzuka sein, ging aber irgendwie verloren. Wegen des Taifuns vergangene Woche musste die Schiffsladung nach Tokio umgeleitet werden. „Wir hoffen, dass es heute Nacht hier eintrifft. Wenn nicht, haben wir ein Problem“, erklärt Einsatzleiter Alan Permane. Betroffen wären das Werksteam und McLaren. Sie fahren Öl von Castrol. Der Schmierstoff von Exxon/Mobil für Red Bull hat es mit einer separaten Lieferung nach Japan geschafft. Am Freitagmorgen um vier Uhr kamen die Ölfässer schließlich in Suzuka an. Renault und Mclaren mussten die Sperrstunde brechen, um die Motoren vorzubereiten. Nico Hülkenberg blickt kritisch auf die letzten Rennen zurück. Da hatte Renault den Rückwärtsgang eingelegt. „Zu Beginn des Jahres waren wir klar die Nummer vier. Das sind wir nicht mehr. Die anderen haben besser oder mehr entwickelt. Platz 4 in den letzten fünf Rennen zu verteidigen wird kein Sonntagsspaziergang.“
Toro Rosso mit Spec-3-Motor
Toro Rosso freut sich auf den zweiten Einsatz des Spec3-Motors von Honda. Der erste war am Freitag in Sotschi abgebrochen worden. Das Motor-Upgrade führte zu starken Schwingungen im Getriebe. Deshalb baute man die Motoren lieber wieder aus. Pierre Gasly und Brendon Hartley berichteten aber, dass sie in den Runden am Freitag schon einen deutlichen Schritt nach vorne spüren konnten. „Ich bin schon gespannt, wie es sich in Suzuka anfühlen wird. Wir hatten schon lange keine Ausbaustufe beim Auto mehr. Unser Upgrade hier in Japan ist der Motor“, freut sich Hartley.
Laut Gasly sind die Probleme mit dem Getriebe aussortiert. „Die Honda-Jungs sind mit Motor und Getriebe noch während des Sotschi-Wochenendes auf den Prüfstand gegangen.“ Auch das Bremsproblem, das beide Autos in Sotschi aus dem Rennen riss, ist gelöst. Die Bremssättel hatten sich verklemmt. Die Reibung mit der Scheibe ließ die Bremsflüssigkeit kochen. „Zum Glück war es bei beiden Autos das gleiche Problem. So konnten wir schnell die Ursache finden“, verrät Gasly. Die Toro Rosso-Piloten müssen sich in Suzuka an eine völlig neue Situation gewöhnen. In Japan sind sie als Honda-Fahrer die Stars. „Ich bin kaum aus dem Bahnhof rausgekommen, als ich hier ankam“, wunderte sich Hartley.
HaasF1 mit neuem Unterboden
Am Morgen traf der erste von zwei neuen Unterböden ein. Der zweite wurde verspätet abgeschickt und soll am Freitag früh in Japan ankommen. Es ist die bereits vierte Version des T-Trays, der HaasF1 in Monza eine Disqualifikation eingebracht hat. Renault hatte in Sotschi erneut den 50 Grad-Winkel moniert, blitzte aber ab, weil die FIA ihre Zustimmung gegeben hat. Der neue Unterboden geht jetzt noch einen Schritt weiter in diesem Detail. Der US-Rennstall erwartet in Suzuka ein ähnlich gutes Abschneiden wie in Barcelona. „Unser Auto ist stark in schnellen Kurven. Aber wir haben uns seit Barcelona weiterentwickelt. Unser Auto kann jetzt alle Kurven. Das war vorher nicht der Fall“, freut sich Kevin Magnussen. Der Däne erwartet das schnellste Suzuka.Rennen aller Zeit. „Die Autos sind in dem Jahr noch einmal massiv schneller. Das macht Suzuka noch ein Stück interessanter. So wie Suzuka sollte jede Strecke sein. Schnelle Kurven, kein Auslauf.“
McLaren will punkten
Fernando Alonso rechnet in Suzuka wieder mit Punkten. „Die Strecke sollte uns mehr als Sotschi liegen. Aber noch mehr erwarte ich mir in Austin und Interlagos. Hier in Suzuka zählt die Motorleistung doch zu viel.“ Auch der Wetterbericht macht Alonso Hoffnung. Für Freitag und Samstag ist unbeständiges Wetter vorhergesagt. „Das ist vielleicht unsere Chance.“ Alonso fährt bereits das 15. Mal in Suzuka. Sein schönstes Erlebnis: „Als ich 2006 gewonnen habe. Der Sieg hat mich dem zweiten Titel einen großen Schritt nähergebracht. Es war ein Moment der Freude, als Michaels Ferrari mit Motorschaden ausgerollt ist.“ Die Schadenfreude muss erklärt werden. Ein paar Rennen zuvor war Alonso in Monza mit einem Motorschaden gestrandet. Der Spanier empfand es als ausgleichende Gerechtigkeit, dass es auch seinen WM-Gegner erwischte.
Sauber wieder Best of the rest?
Sauber überraschte sich in Sotschi selbst. Zum ersten Mal Best of the rest, das einzige Auto, das von der Spitze nicht überrundet wurde. „Das kam unerwartet. So viel Sprit wie da musste ich noch nie sparen“, gibt Charles Leclerc zu und fügt hinzu. „Vor allem nachdem wir in Spa und Monza nicht so toll waren, weil dort unser Aero-Paket für wenig Abtrieb nicht so gut funktioniert hat. In Singapur haben wir wieder die Kurve gekriegt.“ Leclerc glaubt nicht, dass sich die gute Form von Sotschi für Suzuka konservieren lässt. „Das ist ein anderer Streckentyp. Aber die Erwartungen sind natürlich gestiegen. Ich hätte nach den ersten paar Rennen nie gedacht, dass wir jemals in der Lage sein würden, um das Q3 zu kämpfen. Heute sind wir schon fast enttäuscht, wenn wir nicht in der Lage sind, ins Q3 zu fahren. Das sollte auch für Suzuka unser Ziel sein.“ Der Monegasse ist zum ersten Mal in Suzuka. Am Mittwoch ging er ganz allein zur Unfallstelle von Jules Bianchi. „Es war ein sehr emotionaler Moment. Jules war Teil unserer Familie.“