GP China 2018 Analyse Rennen

Daniel Ricciardo hat beim Grand Prix von China den ersten Saisonsieg gefeiert. Mit der perfekten Taktik und gut getimter Überholmanöver lieferte der Australier eine große Show ab. Wir klären die wichtigsten Fragen in unserer Rennanalyse.
Warum hat nur Red Bull einen zweiten Stopp riskiert?
29 Runden lang passierte beim GP China nicht viel. Dann lieferte eine Kollision zwischen den beiden Toro Rosso eine Analogie zum GP Australien. Dort lösten zwei Boxenpannen von HaasF1 eine virtuelle Safety-Car-Phase aus. Chassispartner Ferrari profitierte. Der Toro-Rosso-Crash in Shanghai wurde zum Matchwinner für Red Bull.
Als Charlie Whiting das Safety-Car auf die Strecke schickte, machte nur Red Bull alles richtig. Das Team holte beide Fahrer an die Boxen und gab ihnen Soft-Reifen für die letzten 25 Runden mit auf die Reise. Da lagen Max Verstappen und Daniel Ricciardo auf den Plätzen drei und fünf. Am Ende des Rennens hatte Ricciardo die Nase vorn. Es wäre ein Doppelsieg für Red Bull geworden, hätte Verstappen nicht so ungestüm reagiert und mit zwei verunglückten Angriffen auf Lewis Hamilton und Sebastian Vettel drei Positionen verloren.
Mercedes und Ferrari verschliefen den Reifenwechsel. Dabei hätten beide mit Hamilton und Räikkönen viel mehr Zeit zu einer Entscheidung gehabt. Die Red Bull.Piloten lagen in der Haarnadel, als sie der Funkspruch erreichte: „Es war eine Sekunden-Entscheidung. Wir hatten aber schon vor dem Rennen abgesprochen, dass wir bei einem Safety-Car zur rechten Zeit die Reifen ein zweites Mal wechseln“, bestätigte Motorsportchef Helmut Marko.
Hamilton lag 2,7 Sekunden hinter Verstappen, Räikkönen sogar 11,2 Sekunden hinter Ricciardo. Doch warum haben Ferrari und Mercedes nicht auf die Red Bull.Taktik reagiert? „Wir haben uns zu sehr auf Ferrari konzentriert und Ferrari wahrscheinlich auf uns. Dabei haben wir die Red Bull aus dem Radar verloren. Jetzt, wo sechs Fahrer gewinnen können, ist es einfacher taktische Fehler zu machen. Weil es mehr Optionen und Parameter gibt“, räumte Mercedes-Teamchef Toto Wolff ein.
Es gab aber auch rationale Gründe, auf dem Medium-Reifen weiterzufahren. „Uns war die Position auf der Strecke wichtiger als ein frischer Reifensatz“, hieß es unisono bei den beiden WM-Kandidaten. Wolff erklärt, welche Angst mitschwang: „In der ersten Rennhälfte hat kaum einer überholt. Wir haben gefürchtet, dass es auch in der zweiten Halbzeit schwer sein würde, die verlorenen Plätze wieder gutzumachen.“ Red Bull hat gezeigt, dass es möglich war.
War die Strafe gegen Max Verstappen zu gering?
Max Verstappen stolpert über seine Ungeduld. Beim Angriff auf Hamilton in einer ultraschnellen Linkskurve geriet der Holländer auf die Gummischnipsel neben der Ideallinie und bog in die Botanik ab. Ricciardo wischte vorbei. „Dort überholt man nicht“, sagte Hamilton kurz und bündig.
Die Attacke auf Vettel war schlecht getimt. Verstappen sah einen leichten Verbremser beim Heppenheimer und wollte im Ricciardo-Stil mit einem späten Angriff auf der Bremse vorbei. Doch Mad Max bremste zu spät. Der Red Bull drehte den Ferrari um. Hamilton und Räikkönen profitierten.
Für Vettel war das Rennen gelaufen. Unterboden und Leitbleche gingen kaputt. Vettel vermutete dazu einen Schaden an der Hinterachse. Er wurde zur leichten Beute für Nico Hülkenberg und Fernando Alonso. Deshalb war die Zehnsekunden-Zeitstrafe für den Täter gerechtfertigt. Sie bestrafte Verstappen, weil er dadurch eine Position gegen Hamilton verlor, den er in der 48. Runde wieder überholt hatte.
Niki Lauda ging mit Verstappen hart ins Gericht: „Die Schuld liegt voll bei Max. Vernunft scheint sich bei diesem Menschen nicht einzustellen. Normalerweise wächst man mit seinen Fehlern. Er wird nur kleiner. Das scheint mir auch eine Intelligenzfrage zu sein.“ Nico Rosberg sieht den Holländer als Wiederholungstäter, der endlich erwachsen werden müsse.
Vettel wollte sich über die Höhe der Strafe nicht auslassen: „ Das ist Sache der Sportkommissare.“ FIA-Rennleiter Charlie Whiting sah die Kollision eher als Fehler als ein riskantes Manöver. Deshalb könne man mit 10 Sekunden durchaus leben. „Außerdem hat Max auch noch Strafpunkte bekommen. Er steht jetzt schon bei 5 Punkten. Das wird ihn davon abhalten, solche Aktionen häufiger zu machen.“
War das Safety-Car gerechtfertigt?
In der 29. Runde kamen sich die Toro-Rosso-Piloten in der Haarnadel in die Quere. Brendon Hartley sollte Pierre Gasly vorbeilassen, doch irgendetwas musste der Neuseeländer dabei missverstanden haben. Der Zusammenstoß verteilte Karbontrümmer über eine weite Strecke.
Zwei Runden später schickte FIA-Rennleiter Charlie Whiting das Safety-Car auf die Bahn. Warum so spät, fragte Vettel, der wie Bottas der Leidtragende der Neutralisation war. Die beiden waren gerade an der Boxeneinfahrt vorbeigefahren, als sich Bernd Mayländer auf den Weg machte.
Whiting verteidigte sich: „Einige Fahrer haben uns über Funk benachrichtigt. Aber ich wollte erst einmal feststellen, ob ein Safety-Car gerechtfertigt sein würde und wie groß die Lücken im Feld waren, um die Streckenposten sicher arbeiten zu lassen. Als klar war, dass ein virtuelles Safety-Car nicht ausreicht, haben wir das richtige auf die Strecke geschickt.“
Vettels Kritik, dass damit wie schon in Ungarn 2014 die Spitzenreiter benachteiligt worden wären, ließ Whiting nicht gelten: „Ich schaue bei der Entscheidung ob Safety-Car oder nicht nie darauf, wer im Vorteil und wer im Nachteil ist. Das ist eine Entscheidung, die rein aus Sicherheitsgründen getroffen wird.“
Warum war Mercedes auch im Rennen nur dritte Kraft?
Mercedes-Teamchef Toto Wolff nahm über den Zustand des Titelverteidigers kein Blatt vor den Mund: „In China waren wir hinter Ferrari und Red Bull nur dritte Kraft. Wir waren im Training und im Rennen zu langsam. Auf eine Runde blieben die Reifen zu kalt, im Rennen haben sie wieder überhitzt. Das Fenster ist einfach zu klein.“
Hamilton meinte schmallippig: „Ich habe keine Antwort für unsere Probleme. Wir haben uns seit Melbourne verschlechtert.“ Wolff sieht aber noch keinen Grund zur Panik: „ Wir müssen jetzt ruhig bleiben, die Köpfe zusammenstecken und die Probleme lösen. Die sind wie alles in der Formel 1 komplex.“
Wer profitierte noch vom Safety-Car.
Drei Teams haben das Safety-Car zu einem zusätzlichen Reifenwechsel genutzt. Red Bull, Renault und Force India holten beide Fahrer an die Box. Ricciardo, Verstappen, Hülkenberg, Sainz und Ocon noch in der 31. Runde. Force India traute sich nicht einen Doppelstopp wie Red Bull und hielt Perez noch eine Runde länger auf der Strecke.
Während sich Red Bull mit dem Sieg für den Coup belohnte, Renault dafür die Plätze sechs und acht erntete, ging es sich für Force India nicht mehr ganz aus. Ocon und Perez kamen zwar schnell an Stoffel Vandoorne und Lance Stroll vorbei, doch dann wurde es zäh. Auf WM-Punkte fehlten 4,4 Sekunden. Kevin Magnussen hatte trotz Medium-Reifen genug Speed, die beiden Force India auf Distanz zu halten.
Es gab aber auch einen Profiteur, der nicht unter Safety-Car.Bedingungen stoppte. Fernando Alonso kam kurz vor dem Toro-Rosso-Crash an die Box. Und wurde trotzdem Siebter. Weil Carlos Sainz und die beiden Force India bei ihren Stopps hinter den McLaren fielen, und weil Alonso wieder seinen Killerinstinkt nutzte. Er ging noch an Magnussen und Vettel vorbei.
Wer ist der schnellste im Mittelfeld?
In China übernahm Renault die Vorherrschaft im Verfolgerfeld. Im Training wie im Rennen. Diesmal brachen die Reifen nicht wie üblich ein. Renault hatte sich früh auf ein Zweistopprennen festgelegt und hielt daran fest. „Dann hatten wir endlich auch mal Glück mit dem Safety-Car. Aber wir wären auch so vor unseren Gegnern gelandet“, freute sich Hülkenberg.
Möglich, dass die Strecke den gelben Raketen geholfen hat. Der Kurs von Shanghai belastet hauptsächlich die Vorderreifen. Das Problem von Renault liegt hinten. McLaren zeigte wieder seine zwei Gesichter. Schwach auf eine Runde, stark im Dauerlauf.
HaasF1 wirkte im Rennen nicht so stark wie im Training. Es wäre wahrscheinlich besser gewesen, wie Renault auf zwei Stopps zu setzen. Das Safety-Car gab HaasF1 die Gelegenheit dazu, die Taktik zu ändern. Die Force India-Piloten bezahlten für schlechte Starts. Wer auf den Plätzen 13 und 14 aus der ersten Runde zurückkommt, muss nicht mehr von WM-Punkten träumen. Dazu ist das Mittelfeld zu eng gestaffelt.
In der Galerie zeigen wir Ihnen noch einmal die vielen Highlights des China Grand Prix.