GP Japan 2017 Analyse Rennen

Bei Mercedes schien die Formkrise nach dem Suzuka-Qualifying schon überwunden. Doch dann blies Red Bull im Rennen überraschend zur Attacke. In der Rennanalyse erklären wir, wie das möglich war.
Was war das Problem an Vettels Ferrari?
Die Ferrari-Mechaniker erlebten in der Startaufstellung ein Déjà-vu. Wie schon sieben Tage zuvor in Sepang mussten sie erneut die Motorhaube unplanmäßig öffnen. Dieses Mal am Auto von Sebastian Vettel. Der Heppenheimer hatte schon direkt beim Verlassen der Box über Motoraussetzer geklagt. Auf den ersten Proberunden kam der V6-Turbo ordentlich ins Stottern.
Nach Analyse der Daten hatten die Ingenieure sofort die Zündkerzen im Verdacht. Tun konnten sie aber nichts, um das defekte Bauteil zu tauschen. Die Hightech-Kerzen liegen so weit unten im Motor versteckt, dass sie nur mit einem massiven Aufwand gewechselt werden können. Bei Ferrari muss sogar die Airbox abgenommen werden. Deshalb wurde Vettel ohne Reparatur auf den Weg geschickt.
„Wir haben versucht zu retten, was nicht mehr zu retten war“, erklärte der machtlose Pilot anschließend. „Nach dem Start habe ich noch das System neu gestartet und alle möglichen Einstellungen probiert. Das hat aber leider auch nicht funktioniert.“ Nach vier Runden wurde Vettel reingerufen. Er kann nur hoffen, dass der Motor durch die Zündfehler keinen Schaden genommen hat.
Wie in Malaysia, wo eine Carbon-Röhre zwischen Turbo und Motor Risse aufwies, war auch dieses Mal ein Zuliefererteil für den Ausfall verantwortlich. Die Zündkerzen kommen vom japanischen Spezialisten NGK, der seinen Sitz nur 60 Kilometer entfernt von Suzuka in Nagoya hat. Was keiner wusste: Auch bei Mercedes gab es Ärger mit Zündkerzen. Am Auto von Lewis Hamilton wurde unter der Aufsicht von FIA-Technikinspektor Jo Bauer noch am Vormittag eine Kerze ausgewechselt.
Warum war Red Bull nicht so stark wie in Malaysia?
Nach dem Triumph von Sepang hatte sich Red Bull für Suzuka viel vorgenommen. Doch bis zum zweiten Stint im Rennen konnten Max Verstappen und Daniel Ricciardo nichts gegen Hamilton ausrichten. Der Grund für die Enttäuschung lag in der falschen Einschätzung der Strecke. Schon im Training merkten die Ingenieure, dass die Motorleistung auf dem einzigartigen Achterlayout mehr zählt als erwartet.
„Was früher eine Kurve war, ging nun plötzlich mit Vollgas“, klagte Teamchef Christian Horner. Helmut Marko ergänzte: „Die Fliehkräfte in den Kurven bremsen das Auto ab. Wir kommen danach nicht mehr auf den alten Speed, die anderen mit ihrer Power schon.“ Alleine in der Passage von der Spoon-Kurve zur Schikane verlor Red Bull eine halbe Sekunde. Der Top-Speed wurde direkt vor der 130R-Kurve gemessen, die Konkurrenz von Ferrari und Mercedes erzielte ihren Top-Speed erst kurz vor der Schikane.
Bei Verstappen bildeten sich im Rennen dazu noch Blasen am linken Vorderreifen – und das auf beiden Sätzen – weshalb der Holländer sein Tempo zügeln musste. „Wir haben bei Lance Stroll gesehen, wie gefährlich die Situation war. Beim Williams hat der Plattfuß am Ende zum Ausfall geführt. Wir waren am Kommandostand deshalb in den letzten Runden extrem besorgt“, verriet Horner.
Hat Mercedes die Krise überwunden?
Mercedes dominierte das Qualifying wie vor den beiden formschwachen Rennwochenenden in Singapur und Malaysia. Einige im Silber-Lager vermeldeten da schon das Ende der Mini-Krise. „Wir haben am Setup gearbeitet, damit die Reifen mehr Grip produzieren“, erklärte Toto Wolff. „Aber Suzuka ist vom Layout, dem Asphalt und den Bedingungen ganz anders.“ Trotzdem schien der Eingriff zu wirken. Hamilton fuhr im Qualifying eine knappe halbe Sekunde schneller als Vettel.
Im Rennen sah es zunächst ebenfalls gut aus – trotz der deutlich gestiegenen Temperaturen. Auf den Supersoft-Reifen konnte Hamilton einen kleinen Vorsprung auf seine Verfolger herausfahren. Doch auf der härteren Soft-Mischung im zweiten Stint war das Kräfteverhältnis plötzlich umgekehrt. Verstappen schloss auf Hamilton auf und machte ordentlich Druck.
„Unser Auto ist immer noch eine launische Diva“, schüttelte Wolff mit dem Kopf. „Die heißeren Temperaturen haben uns definitiv geschadet. Trotzdem hatten wir mit den Supersoft-Reifen das schnellste Auto im Feld. Wir müssen nun verstehen, warum das so ist. Wir konnten wieder vom Pech und den Problemen bei Ferrari profitieren. Aber auf die Schultern klopfen dürfen wir uns deshalb nicht.“
Hat Mercedes mit Bottas unfair gespielt?
Nach dem ersten Boxenstopp von Hamilton und Verstappen lief das Führungsduo in Runde 25 plötzlich auf Valtteri Bottas auf, der auf der härteren Mischung gestartet war und seinen Wechsel noch herauszögerte. „Da haben wir etwas spät reagiert. Die Situation hat uns mehr geschadet als Red Bull“, analysierte Wolff nach dem Rennen. Hamiltons Vorsprung von zwei Sekunden halbierte sich innerhalb von drei Runden, weil er in der verwirbelten Luft keinen Grip fand.
Als die Mercedes-Strategen das Problem erkannten, kam der Befehl an Bottas den Teamkollegen vorbeizulassen. Der Finne ließ sich als Bremsklotz vor Verstappen fallen. Bis Bottas in Runde 30 zur Box abbog, betrug der Rückstand von Verstappen auf Hamilton schon dreieinhalb Sekunden. Einige Fans sahen die Aktion als unfairen Strategie-Trick an.
Doch selbst Red Bull-Teamchef Horner wollte die Situation nicht überbewerten, obwohl sein Schützling dabei kurz den Anschluss verlor: „Sie haben Bottas strategisch genutzt. Der Mercedes war auf der Geraden nur schwer zu überholen. Aber man kann ihnen keinen Vorwurf machen. Das ist ein Teamsport. Wir hätten in einem vergleichbaren Fall wohl ähnlich gehandelt.“
Warum gab es im Mittelfeld Stallregie?
Bei Force India und HaasF1 gab es nach dem Rennen jeweils einen glücklichen und einen frustrierten Fahrer. Der Grund dafür war der Stallregiebefehl, der sowohl an Sergio Perez als auch an Romain Grosjean gefunkt wurde. Die Situation war bei beiden Teams vergleichbar. Die Schwesterautos lagen beide in den Punkten. Das schlechter platzierte Auto schien schneller zu können als der Vordermann. Doch um keinen Crash zu riskierten, froren die Strategen die Reihenfolge ein.
„Wir brauchen die Punkte unbedingt. Da konnten wir nichts riskieren“, entschuldigte sich Haas-Teamchef Günther Steiner bei Grosjean. Die Force India-Verantwortlichen wissen genau, wie sich das anfühlt. Die Kollision in Spa war allen noch gut im Gedächtnis. „Trotzdem hat Checo bestimmt 20 Mal nachgefragt, ob er angreifen darf“, grinste Sportdirektor Otmar Szafnauer. „Wir haben ihnen außerdem gesagt, dass sie die Reifen schonen sollen, um bei einem späten Safety-Car nicht angreifbar zu werden.“
In der Galerie zeigen wir noch einmal die Highlights des Rennen von Suzuka.
Ergebnis GP Japan 2017: