Mercedes-Vorsprung schrumpft
Die beiden Mercedes-Piloten haben im dritten Ungarn-Training die schnellsten Runden gedreht. Die Konkurrenz lag dabei aber nicht mehr ganz so weit weg wie noch am Freitag. Die größte Gefahr für die Silberpfeile droht durch Sergio Perez.
Bekommt Mercedes doch noch Konkurrenz in Ungarn? Nach der absoluten Dominanz im ersten Training am Freitag war schon zu befürchten, dass Lewis Hamilton und Valtteri Bottas am Hungaroring alles in Grund und Boden fahren könnten. Doch über Nacht hat die Konkurrenz offenbar etwas Zeit gefunden.
Bei endlich trockenen Bedingungen, aber immer noch kühlen Temperaturen (18°C), drehte Bottas am Samstagmittag (18.7.) bei der Generalprobe für das Qualifying die schnellste Runde. Der Finne umrundete den kurvenreichen Traditionskurs bei seinem Anlauf mit wenig Sprit und weichen Reifen kurz vor Ende der Session in 1:15.437 Minuten.
Teamkollege Hamilton schien schon auf bestem Weg zu sein, die Vorgabe des Teamkollegen zu unterbieten, da musste er wegen gelber Flaggen im letzten Sektor vom Gas. Williams-Pilot Nicholas Latifi hatte sich in Kurve 12 gedreht. Im zweiten Anlauf auf den gebrauchten Reifen fehlten Hamilton dann 42 Tausendstel zur Bestzeit.
Perez nah dran an Mercedes./strong>
Überraschend nah ran an die Mercedes.Vorgabe kam Sergio Perez mit seinem Racing Point. Die Kopie des Silberpfeils blieb nur anderthalb Zehntel hinter dem Original zurück. Lance Stroll im zweiten "Pink Panther" konnte das Tempo des Mexikaners wieder einmal nicht mitgehen. Der Kanadier reihte sich vier Zehntel hinter Perez auf Rang fünf ein.
In das Racing-Point-Sandwich konnte sich überraschend noch Charles Leclerc schieben. Der Ferrari-Pilot erwischte eine gute Runde, die nur dreieinhalb Zehntel hinter der Bestzeit lag. Im letzten Sektor war gar keiner schneller als der Monegasse. Das sieht nach einer deutlichen Steigerung von Ferrari im Vergleich zu Spielberg aus.
Sebastian Vettel im zweiten roten Renner konnte jedoch nicht ganz so glänzen wie sein Teamkollege. Der Heppenheimer war eine gute halbe Sekunde langsamer als das Schwesterauto, was nur zu Rang acht reichte. Davor platzierten sich noch die beiden Kumpel Max Verstappen (Red Bull) und Lando Norris (McLaren).
Für Red Bull ist das ein enttäuschendes Ergebnis. Verstappen schimpfte über massives Untersteuern. Zwischendurch leistete er sich sogar einen Dreher. Auch Alexander Albon auf Rang 12 kam nicht wirklich gut zurecht. Will Red Bull die Mercedes am Sonntag irgendwie unter Druck setzen, dann muss in der Qualifikation eine Leistungssteigerung her.
Die knappen Abstände versprechen aber immerhin eine spannende Qualifikation. Wegen der schlechten Überholmöglichkeiten sind die Startplätze auf dem Hungaroring so wichtig wie auf kaum einer anderen Strecke.
Deshalb war Mercedes am Freitag so schnell
Die üblichen Rennsimulationen im zweiten Training waren diesmal wegen Dauerregens am Freitagnachmittag ausgefallen. Weil die Wettervorhersage am Freitag ziemlich eindeutig war, zogen einige Teams ihre Longruns bereits in die ersten Trainingssitzung vor. Die einen ernsthafter, die anderen weniger.
Am besten vorbereitet zeigte sich wieder einmal Mercedes. Lewis Hamilton und Valtteri Bottas probierten alle drei Pirelli-Mischungen aus, zwei davon im Longrun. Man fuhr in der ersten Sitzung bereits so wie normalerweise in der zweiten. Mit ordentlich Power. GPS-Messungen ergaben, dass Honda und Ferrari ihre Motoren noch deutlich runtergedreht hatten.
Das erklärt zum Teil den erschreckend großen Vorsprung der Silberpfeile, der auf eine Runde 0,527 Sekunden auf Racing Point, 1,197 Sekunden auf Renault, 1,235 Sekunden auf Ferrari und 1,432 Sekunden auf Red Bull betragen hatte. Eine Rolle spielte auch, dass die Mercedes.Piloten ihre Vorderreifen mit Hilfe von DAS bei Asphalttemperaturen von nur 23 Grad schneller in ihr Fenster brachten als ihre Kollegen.
Ferrari näher dran
Vier Zehntel des Vorsprungs gingen wegen des Leistungsvorteils allein auf die Geraden. Aber die Mercedes flogen auch durch die Kurven. In den Kurven 4, 5, 8 und 9 ließen die Silberpfeile der Konkurrenz keine Chancen. Es handelt sich dabei um Kurven jenseits von 160 km/h.
In den Dauerläufen schrumpfte der Vorteil etwas. Valtteri Bottas nahm Sebastian Vettel auf Medium-Reifen im Schnitt eine halbe Sekunde ab, Daniel Ricciardo eine ganze. Das deutet darauf hin, dass Ferrari zumindest im Renntrim im Verfolgerfeld wieder ein Wörtchen mitreden wird. Beide Fahrer lobten ihr Auto. "Wir fahren praktisch mit dem identischen Auto wie in Österreich. Es lief besser als erwartet. Sicher auch, weil es hier nur eine Gerade gibt. In den Kurven sind wir schnell", freute sich Charles Leclerc.
Red Bull kam im ersten Training überhaupt nicht auf die Füße. Die Fahrer klagten, dass sie den Grip-Vorteil der weichen Reifen nicht nutzen konnten. Die Soft-Gummis waren überhaupt ein Mysterium in diesem ersten Training. Eigentlich sollten sie vier Zehntel schneller sein als die Medium-Gummis und acht Zehntel als die harte Mischung. Lewis Hamilton überraschte sich und seine Ingenieure mit der Bestzeit auf den harten Sohlen.
Bei Red Bull dagegen herrschte miese Stimmung. Auf einer Strecke, auf der man sich wegen der vielen langsamen Kurven und nur 65 Prozent Volllast größere Chancen als in Spielberg ausrechnete, wurde man am ersten Trainingstag nicht nur von Mercedes verprügelt, sondern auch von Racing Point, Renault und Ferrari. Im Soft-Longrun war Max Verstappen langsamer als die beiden McLaren. Die Ingenieure vermuteten den Fehler im Setup. In der Nacht zum Samstag bauten die Red Bull-Mechaniker das komplette Auto um und brachen dabei sogar die Sperrstunde.