Grand Prix Tagebuch GP Österreich 2016

In ihren Grand Prix Tagebüchern liefern die auto motor und sport Reporter persönliche Eindrücke vom Arbeitsalltag an einem Formel 1-Wochenende. In Folge 9 berichtet Bianca Leppert, was hinter den Kulissen beim GP Österreich abgegangen ist.
Eigentlich liebe ich es, dank der Formel 1 ferne Länder kennenlernen zu können, die ich sonst vermutlich nie bereist hätte. Doch in einer vollgepackten Motorsport-Saison, die in meinem Fall rund 20 Rennen umfasst, schätzt man auch die nahegelegenen Orte. Beim Grand Prix von Österreich habe ich sozusagen den All-Inclusive-Service gebucht, denn Kollege Michael Schmidt holt mich auf dem Weg nach Spielberg direkt vor meiner Haustüre am Mittwochmorgen in München ab.
Geschichtsstunde an der Westschleife
Den Weg zum Red Bull-Ring würde er vermutlich mit verbundenen Augen finden, so oft wie er schon dort war. Doch sicherheitshalber will ich die Verkehrssituation noch einmal im Internet checken, damit wir nicht in einem Stau landen. Navi? Nichts für unseren Schmiddi. Meine Verkehrsinfo wird ignoriert, wir fahren statt über Salzburg via Deggendorf und Linz –und stehen prompt mehrmals in der Blechlawine.
Für mich ist es nach meinem Premierenbesuch vor einigen Jahren mit der DTM das zweite Gastspiel am Red Bull-Ring. Umso beeindruckter bin ich, als wir nach unserem üblichen ersten Fahrerlagerrundgang am Mittwochabend noch einen Abstecher zum alten Teil der Strecke machen. Es gehen Gerüchte um, Red Bull wolle sie reaktivieren.
Natürlich möchten wir uns deshalb einen Eindruck davon machen, wie es um die Westschleife bestellt ist. Nach der kurzen Geschichtsstunde und ein paar Schnappschüssen, kehren wir mit Kollegen im Bachwirt ein. Eine Institution in dieser Umgebung, alleine wegen des Biergartens und des legendären Zirbenschnaps.
Koffeinschübe im Pressezentrum
Ich begeistere mich hingegen am nächsten Morgen eher für den Latte Macchiato im Media Center hoch über der Strecke. Ich wage zu bezweifeln, dass Journalisten in irgendeinem anderen Pressezentrum der Formel 1 so gut versorgt werden wie in Spielberg. Die Koffeinschübe über den Tag verteilt kann ich zumindest gut gebrauchen.
Nach den Presserunden ist Geduld vor der Ferrari-Box gefragt. Gemeinsam mit einigen Fotografen harre ich vor der Garage aus, um ein optimales Bild von der neuen Halo 2-Version zu bekommen. Allerdings wird uns die Sicht von den vielen Rettungshelfern versperrt, die testen, wie schnell sich ein Fahrer trotz des Gestells bergen lässt. Die Herren beugen sich mit voller Kraft über das Cockpit, was uns böse Zungen witzeln lässt, wie lange es wohl dauert, bis der erste Overall am Hintern reißt und ein noch besseres Fotomotiv bietet?
Am Freitag erheitert ein anderes Thema das Fahrerlager: die so genannten „Sausage Kerbs“, wörtlich übersetzt „Wurst-Kerbs“. Die gelben Randsteine, die tatsächlich in ihrer Form an eine Wurst erinnern, werden unter anderem Max Verstappen zum Verhängnis, der sich beim Drüberfahren den Frontflügel beschädigt.
Der Youngster erklärt die Kerbs für gefährlich. Die sensationelle Antwort von Kimi Räikkönen auf die Frage, was er von den gelben Kerbs hält: „Die Farbe spielt keine Rolle.“ Der pragmatische Vorschlag von Kollege Schmidt, der mir eine Viertelstunde ein Grinsen ins Gesicht zaubert: „Macht doch einen Wassergraben mit Krokodilen um die Strecke, dann beschwert sich keiner mehr.“
Chaos-Veranstaltung Qualifiying
Michael selbst ist das Grinsen am Abend nicht mehr auszutreiben. Eine Jausenplatte und ein kühles Bier im Gasthaus Liebmann und die Welt ist in Ordnung. Ganz im Gegensatz zum nächsten Morgen. Wir sind seiner Meinung nach wieder einmal viel zu spät an der Strecke. Sein unumstößlicher Beweis: Wir müssen uns auf den Ausweichparkplatz stellen, der Media-Parkplatz ist bereits voll. Man stelle sich die Diskussion am Vorabend etwa so vor: „8 Uhr Abfahrt?“, „Nein, 8.30 Uhr“, „Das gibt's doch nicht! So lange kann man doch nicht schlafen. 8.15 Uhr?“, „Hmmm, grrrmpf, ok.“
Das Qualifying gerät zur Chaos-Veranstaltung. An Nico Rosbergs Mercedes muss kurzfristig das Getriebe gewechselt werden, weil ihm im dritten Training ebenfalls die gelben Kerbs zum Verhängnis wurden. Im Zeittraining legen sich zunächst Daniil Kvyat und Carlos Sainz spektakulär ab, dann regnet es. Die Startreihenfolge wird am Ende zur Knobelaufgabe und Pascal Wehrlein sorgt mit Startplatz 12 für eine kleine Sensation. Viel Stoff für Geschichten – was nicht alle deutschen Journalisten freut. Schließlich will keiner das spannende EM-Spiel Deutschland – Italien verpassen, das erst kurz vor Mitternacht im Elfmeterschießen endet.
Im Rennen fliegen nicht minder die Fetzen. Hamilton. itemprop="name" />Lewis Hamilton./span> holt den Sieg vor Max Verstappen und Kimi Räikkönen, doch zuvor beharken sich einmal mehr die silbernen Streithähne auf der Strecke. In der letzten Runde verliert Rosberg nach einem beherzten Duell der Teamkollegen den sicher geglaubten Sieg an Hamilton. Logo, dass hinterher beide Piloten unterschiedlicher Meinung sind, wer die Schuld auf sich nehmen muss. Krieg der Sterne, Episode Trölf…
In der Galerie finden Sie noch einige persönliche Impressionen der auto motor und sport-Reporter vom Geschehen hinter den Kullissen.