Helmut Marko optimistisch nach Mexiko-Sieg
Red Bull-Motorsportchef Helmut Marko kann wieder strahlen. Der erste Mann im Team spricht über die Hintergründe des überlegenen Sieges von Max Verstappen in Mexiko, über die Sorgen um den Motor und er gibt einen Ausblick auf 2018.
Haben Sie sich die Überlegenheit von Verstappen in Mexiko so erwartet?
Marko: Nicht in diesem Ausmaß. Es wäre aber auch nicht anders gekommen, wenn Vettel ein normales Rennen gefahren wäre. Die Kunst war eigentlich das Langsamfahren. Max hat das souverän hingekriegt. Wir sind mit der Motorleistung runter, haben früher geschaltet, weniger Benzin verbraucht. Nachdem Ricciardo, Hülkenberg, Sainz und Hartley stehengeblieben sind, war das ein Zittern bis zum Ende.
Ab wann wurde Verstappen gesagt, er soll langsamer fahren?
Marko: Ab 10 Sekunden Vorsprung.
Warum war Red Bull in Mexiko so viel besser als Ferrari und Mercedes?
Marko: Wir haben seit Budapest ein Auto, das immer aufs Podium fahren kann. Es kamen nur hin und wieder widrige Umstände dazwischen. In Malaysia hat es dann geklappt. Der entscheidende Faktor in Mexiko war, dass in der dünnen Luft in der Höhe unsere Aerodynamik deutlich besser zur Geltung kam. Gleichzeitig hat unser Auto einen geringeren Luftwiderstand. Das kombiniert mit einer gewissen Nivellierung der PS-Zahlen durch die Höhenlage waren Chassis und Fahrer entscheidend. Und da haben wir ja gesehen, wo wir dann stehen.
War im Rennen Motormanagement wichtiger als Reifenmanagement?
Marko: Nicht unbedingt. Der linke Vorderreifen war schon ein Kriterium. Deshalb haben wir dann den Vorsprung bei 20 Sekunden eingependelt, um einen Sicherheits-Boxenstopp in petto zu haben.
Wie viel musste Red Bull nachlassen, um mit dem Motor auf der sicheren Seite zu bleiben?
Marko: Drehzahl runter, Temperatur runter. Du weißt trotzdem nie, wann der Turbo hochgeht. Wenn wir da ein Schadensmuster erkannt hätten, wären die anderen ja auch nicht stehengeblieben.
Aber was war da mit den Turbos und der MGU-H los in Mexiko?
Marko: Die Höhenlage hat gewisse Probleme in unserem Motorenpaket verschärft oder noch deutlicher zum Ausdruck gebracht. Bei Ricciardo war es ja ein brandneuer Motor. Bei Gasly und Hartley im Training auch.
Was heißt das für Ricciardo in Brasilien?
Marko: Er wird nochmal einen neuen Motor brauchen und nochmal eine Strafe kriegen.
Wie wichtig war der Start?
Marko: Immens wichtig. Max ist immer in sauberer Luft gefahren und hatte dadurch optimale Kühlung. Aber auch wenn er den Start nicht gewonnen hätte, war er schnell genug, um an die Spitze zu kommen.
Es war eine unglaubliche Szene, als Hamilton, Verstappen und Vettel Seite an Seite auf die erste Kurve zuflogen. Wie ist Verstappen da heil rausgekommen?
Marko: Es war von Max super gemacht, dass er sich sofort in den Windschatten gehängt hat. Dann ist der Hamilton mit seinem Überschuss dahergekommen. Und wenn drei in eine Kurve fahren, kannst du, ohne überheblich zu werden, sagen, dass der Max als Erster wieder rauskommt. Und die zwei anderen fahren sich hinter ihm auch noch ins Auto.
Hatten Sie Sorge, dass bei der Kollision mit Vettel der Reifen etwas abgekriegt hat?
Marko: Angst musst du immer haben, aber wir haben sofort auf den Reifendruck und die TV-Bilder geschaut, und da war alles in Ordnung.
Wird Red Bull auch in Brasilien und Abu Dhabi ein Siegerauto haben?
Marko: Wir waren in den letzten Rennen immer fürs Podium gut. Ricciardo wäre in Mexiko auch auf das Podest gefahren. Das zeigt, dass unser Gesamtpaket wieder stimmt. Brasilien mit der Bergaufgeraden wird schwieriger. Aber wir sind auf dem Weg nach vorn. Max wird immer besser. Das ist für uns schon die Vorbereitung fürs nächste Jahr.
Was sagen Sie zum Weltmeister Hamilton?
Marko: Eine ganz souveräne Vorstellung von ihm. Er hatte das scheinbar manchmal schwierig zu fahrende Auto über die Saison konstant im Griff. Ich wüsste keinen Fehler, den er in diesem Jahr gemacht hat. Und er ist taktisch superklug gefahren. Er hat aus dem Paket das Optimum herausgeholt.
Können wir uns im nächsten Jahr auf einen Dreikampf Hamilton, Vettel und Verstappen freuen?
Marko: Ich würde solche Fahrten wie in Mexiko bevorzugen, aber das ist natürlich zu optimistisch. Es wird viel an der Motorleistung liegen. Vom Chassis her sind wir jetzt vorn. Das wird auch in das neue Jahr mit hineingetragen. Wir haben diesmal Sorge getragen, dass wir nicht wieder zu spät dran sind, sondern wohl vorbereitet in die nächste Saison gehen. Mit Max haben wir einen langjährigen Vertrag. Damit ist das gegenseitige Vertrauen da, was das Zusammenspiel zwischen Fahrer und Team optimiert. Ich sehe uns schon in diesem Titelkampf.
Ärgert es Sie im Rückblick, dass Red Bull zu Saisonbeginn das Windkanalproblem hatte? Ohne das hätte man ja schon dieses Jahr um den Titel kämpfen können.
Marko: Es hätte nicht genützt. Wir hatten zu viele Defekte. Max ist fünf Mal ausgefallen. Wenn du nicht die Zuverlässigkeit hast, dann geht es nicht.