Herzschlagfinale zwischen Vettel und Hamilton
Sebastian Vettel lieferte Lewis Hamilton trotz Nackenproblemen einen großen Kampf um die Pole Position in Silverstone. Entschieden wurde die Schlacht der Titel-Kandidaten erst in den letzten beiden Kurven.
Es war eine schöne Laune der Statistik. Lewis Hamilton./span> schlägt Sebastian Vettel um 44 Tausendstel. 44, das ist die Startnummer von Hamilton. Was war das für ein Finale zwischen den beiden Titelkandidaten! Vettel legt mit 1.25,936 Minuten vor. Hamilton bleibt mit 1.25,993 Minuten dahinter. Dann der letzte Versuch. Hamilton macht den Anfang, ist 0,101 Sekunden schneller als bei seinem ersten Versuch. Vettel versucht zu kontern. Er verliert im ersten Teil der Runde zwei Zehntel auf seinen Widersacher und liegt am Ausgang von Stowe Corner nur noch mit vier Hundertstel hinter Hamilton. In Vale geht Vettel sogar in Führung. Doch er kommt zu schnell aus dem Links/Rechts-Geschlängel heraus. Möglicherweise sind auch die Vorderreifen schon zu heiß. Die letzte Kurve geht an Hamilton. Er ist ist dort 5 km/h schneller als der Ferrari-Pilot. Das ist der Trainingssieg.
Sebastian Vettel nimmt uns mit auf seine Qualifikation.runde. „ Ich habe meine Zeit auf den Geraden verloren. Ein ganzes Zehntel bis Kurve 3.“ Das ist auf der Streckenskizze keine Gerade, auf der Telemetrie aber schon. Die ersten beiden Kurven gehen Vollgas. In Kurve 6 lässt Vettel minimal Zeit auf Hamilton liegen, in Copse Corner noch einmal eine Zehntel. Dabei geht auch dieser Rechtsbogen absoult voll. Im Geschlängel Maggotts/Becketts/Chapel schlägt dagegen die Stunde des Ferrari, obwohl Hamilton in der langsamsten Ecke des Kurvengeschlängels 7 km/h schneller fährt.
Auf der Hangar-Geraden verliert Vettel nur gefühlt Zeit, weil er dort langsamer ist als zu Beginn der Qualifikation. Doch im Q3 hat der Wind umgeschlagen. Er bläst jetzt von vorne. Schlecht für den Topspeed, gut für die Becketts-Passage und die Stowe-Kurve. „Stowe war mit dem Gegenwind unglaublich schnell“, strahlte Hamilton. Die Mercedes-Ingenieure registrieren auf den Geraden besorgt, was sie schon seit drei Rennen umtreibt. Seit Ferrari die zweite Antriebs-Spezifikation gezündet hat, können sie am Ende der Geraden mehr elektrische Leistung abrufen.
Mit 295 km/h durch Copse Corner
Lewis Hamilton./span> feierte seine Pole Position, wie er noch nie eine Trainingsbestzeit auf seiner Hausstrecke bejubelt hat. Er bedankte sich bei den Fans, küsste sein Auto, rang beim ersten TV-Interview nach Worten. „Ich lag zurück, die Ferrari waren wahnsinnig stark, ich musste reagieren, es war ein unglaublicher Adrenalinrausch. Ich bin so fertig, dass ich mich im Detail gar nicht mehr an die Runde erinnern kann.“ Das tut die Datenaufzeichnung. Mercedes hat uns ein paar Werte überlassen, die zeigen, was sich auf der schnellsten Silverstone-Runde aller Zeiten mit 246,910 km/h Schnitt abgespielt hat.
- Abbey (Kurve 1) : 310 km/h
- Copse (Kurve 9): 295 km/h
- Maggotts (Kurve 10+11): 312+303 km/h
- Becketts (Kurve 13): 216 km/h
- Stowe (Kurve 15): 230 km/h
Auf den ersten Blick sah es wieder so aus, als hätten Hamilton und Vettel wieder ihr Privatduell um die Pole Position ausgetragen. Doch diesmal hätten auch die zweiten Fahrer eine Chance auf die erste Startreihe gehabt. Kimi Räikkönen markierte in seiner letzten Runde die Bestzeiten im ersten und dritten Sektor. „Ich habe es im Mittelteil versemmelt. Und Kurve 16. Da blieb beim Bremsen ein Rad stehen.“ Auch Valtteri Bottas hatte seine persönliche Problemkurve: „Ich habe dreieinhalb Zehntel in den letzten beiden Kurven liegengelassen. Die Vorderreifen waren zu heiß. Aber ich bin das ganze Wochenende mit dieser letzten Schikane nicht zurechtgekommen.“ Sein Rückstand auf Hamiltons Bestzeit in Zahlen: 0,325 Sekunden. Teamchef Toto Wolff: „Auch Valtteri hätte in der ersten Reihe stehen können.“
Ferrari hat seit drei Rennen bessere Starts
So musste es wieder der Lokalheld Hamilton für Mercedes richten. „Wir wollen bescheiden bleiben. Aber über eine Pole Position muss man sich freuen, auch wenn sie so knapp herausgefahren war. Lewis ist in Silverstone eine Macht“, erklärte Wolff. Niki Lauda schwärmte: „Der Loisl hat uns wieder rausgerissen.“ Und Ex-Teamkollege Nico Rosberg pflichtete bei: „Der Lewis ist in Silverstone eine Maschine. Du schaust auf seine Kurvengeschwindigkeiten und denkst dir: Das ist kein Mensch.“
Silverstone wird für Mercedes nicht der erwartete Durchmarsch. Ferrari überraschte sich auf seiner Problemstrecke selbst. Die Roten machten den Silberpfeilen das Leben schwerer als erwartet. Wolff wünscht sich für das Rennen einen perfekten Start von Hamilton. Weil der Weltmeister von der Spitze weg sein Tempo besser kontrollieren und damit die Reifenabnutzung besser managen kann als im Verkehr. Auch auch bei den Starts macht man sich im Lager der Titelverteidiger Sorgen: „Seit Kanada hat Ferrari bessere Starts als wir.“ Lauda warnt auch nur den Verdacht zu haben, dass da wieder was nicht mit rechten Dingen zugeht. „Ich sage, die sind in dem Punkt einfach besser als wir. Deshalb müssen wir hart an uns arbeiten.“
Silverstone wird ein Hitzerennen. Gut oder schlecht für Mercedes? Normalerweise schlecht, führt Wolff aus. „Wir wissen, dass unser Auto Hitze nicht mag. Man hat das am Unterschied zwischen dem dritten Training am Morgen und der Qualifikation am Nachmittag gesehen. Am Morgen lag die Streckentemperatur um zehn Grad tiefer, und wir waren weiter vor Ferrari als am Nachmittag.“ Wolff hat aber auch notiert, dass Mercedes am Freitag schnellere Longruns abspulte. „Ferrari hatte Blasen auf den Reifen, wir nicht.“ Deshalb gibt der Teamchef volle Attacke aus: „Vielleicht fahren wir mit unterschiedlichen Strategien.“ Lauda zweifelt: „Wenn der Bottas die Ferrari nicht sprengen kann, steht es 2:1 für Ferrari gegen uns. Dann können sie uns austricksen. Ich bin mal gespannt, was sich unsere Strategen diesmal einfallen lassen.“