Pirelli-F1-Reifen für 2018

Pirelli hat für die neue Saison zwei zusätzliche Reifenmischungen entwickelt. Damit will man wieder auf zwei Boxenstopps pro Rennen kommen. Kritik an einer Verkomplizierung der Härteskala weisen die Verantwortlichen zurück.
Als alleiniger Reifenhersteller in der Formel 1 kann man eigentlich nur verlieren. Viele Fans werden sich noch an die ersten Jahre von Pirelli nach der Ablösung von Bridgestone in der Saison 2011 erinnern. Damals beklagten sich die Fahrer regelmäßig, dass die Reifen zu schnell verschleißen. In der abgelaufenen Saison war dann genau das Gegenteil der Fall. Die neuen, breiteren Gummis aus Mailand hielten einfach zu gut.
In 15 von 20 Rennen kam der Sieger mit nur einem Stopp über die Distanz. Bei den Rennen in Belgien, Aserbaidschan und China sorgten Safety Car, Rennabbrüche und Regen dafür, dass die Sieger einmal mehr als geplant an die Box abbogen. Die einzigen beiden echten Zweistopprennen sahen die Fans in Bahrain und Barcelona. Doch selbst da zeigte SauberPilot Pascal Wehrlein, dass man auch mit nur einem Stopp gut und schnell über die Distanz kommen konnte.
Wenig Arbeit für Boxencrews
Pirelli-Chefingenieur Mario Isola musste im Rückblick knirschend eingestehen, dass man bei der Entwicklung der 2017erReifen zu konservativ vorgegangen war. „Es war für uns eine Rechnung mit vielen Unbekannten. Wir konnten nicht riskieren, zu weiche Mischungen zu liefern. Sonst hätten die Reifen im Rennen überhitzt, und die Piloten hätten mit den neuen Autos nicht ans Limit gehen können.“
Am Ende waren die Sorgen unbegründet. Die neue Rennwagengeneration forderte die Gummis trotz massiver Abtriebserhöhung doch nicht so stark wie zuvor simuliert. Das hatte zur Folge, dass sich die Teams fast nur auf die weichsten Sorten konzentrierten. Der harte Reifen hatte seinen einzigen Auftritt in Barcelona, wurde dabei aber von den Teams komplett ignoriert.
Weiche Reifen werden deutlich softer
Im zweiten Jahr mit den neuen, breiteren Reifen sollen die Schrauber der Teams wieder mehr Arbeit bekommen. Pirelli verspricht deutlich weichere Mischungen. „Wir wollen wieder an unser altes Ziel von zwei Boxenstopps pro Rennen kommen“, erklärt Isola. „Bei den härteren Mischungen sind wir deshalb eine ganze Stufe nach unten gegangen. Das bedeutet, dass der aktuelle SoftReifen dem nächstjährigen MediumTyp entspricht. Und der diesjährige Medium in der neuen Saison zum Hard wird.“
Noch größer ist der Schritt bei den weicheren Sorten: „Da haben wir die Zusammensetzung komplett verändert. In der abgelaufenen Saison lagen der Ultrasoft und der Supersoft zu nah am Soft. Für 2018 haben wir versucht, den Abstand von der Performance und der Haltbarkeit zu vergrößern. Der Ultrasoft und der Supersoft sind also noch einmal deutlich mehr als eine Stufe weicher geworden. Und mit dem neuen Hypersoft haben wir noch eine komplett neue Mischung daruntergesetzt.“
Auch am oberen Ende gibt es einen ganz neuen Reifen, den sogenannten Super Hard. „Den haben wir aber nur als Absicherung homologiert. Wenn alles normal läuft, wird er nicht eingesetzt“, erklärt Isola.
Kritik an Erhöhung der Reifensorten
Trotzdem hagelte es bei der Vorstellung der neuen Reifen in Abu Dhabi Kritik. Mit sieben unterschiedlichen Mischungen sei der normale Fan am Fernseher überfordert. Pirelli verkompliziere die ganze Sache unnötig, so der Vorwurf. „Man kann es nicht immer allen recht machen. Aber es hat mich schon überrascht, was das für große Wellen geschlagen hat. Das hat offenbar viele Leute interessiert“, grinste Isola die Kritik weg.
„Wir müssen den Leuten erklären, dass dadurch nichts komplizierter wird. Es gibt immer noch drei Mischungen pro Wochenende. Und wenn man den Super Hard außen vorlässt, muss man sich insgesamt sechs Farben merken. Das ist ja keine Wissenschaft.“
Pirelli will mit den unterschiedlichen Kennzeichnungen für mehr Transparenz sorgen. „Wir haben überlegt, die drei Reifensorten pro Wochenende auch einfach nur Hart, Medium und Soft zu nennen und dann für alle Rennen nur drei Farben zu vergeben“, gibt Isola zu. „ Aber damit hätten wir meiner Meinung nach nicht die richtige Botschaft gesendet. Es hätte dann so ausgesehen, als kämen auf allen Strecken die drei gleichen Reifensorten zum Einsatz, was nicht der Realität entspricht. In der Formel 1 nutzen die Teams je nach Strecke ja auch unterschiedliche Aero-Pakete, Kühlsysteme, Setups etc. Das macht den besonderen Reiz und die Technologie der Formel 1 aus.“
Erster Härtetest in Barcelona./strong>
Wie gut die neuen Reifen funktionieren, wird man erst bei den Wintertests mit den neuen Autos in Spanien Ende Februar sehen. Der Grand-Prix-Kurs in Barcelona ist eine der härtesten Prüfungen für die Gummis. Einen ersten Vorgeschmack bekamen die Piloten aber schon bei den Testfahrten nach dem Saisonfinale in Abu Dhabi. „Der neue Hyper-Soft ist der beste Reifen, den Pirelli gebaut hat, seit sie wieder in der Formel 1 sind“, lobte Weltmeister Lewis Hamilton anschließend. „Die anderen Mischungen sind immer noch etwas zu hart. Aber es geht langsam in die richtige Richtung.“
Die Frage lautet, ob die neuen Reifen in Sachen Strategie auch wirklich mehr Spektakel produzieren. Teams und Fahrer, die besonders schonend mit den Reifen umgehen, konnten diese Stärke zuletzt überhaupt nicht ausspielen. Im neuen Jahr hofft Pirelli, sowohl die Reifenflüsterer als auch die Vollgasjunkies im Feld zufriedenzustellen: „Mit dem neuen Sortiment können wir besser auf die unterschiedlichen Bedingungen reagieren. Und wir haben vom Reglement her die Möglichkeit, bei der Auswahl der Mischungen auch mal eine Stufe zu überspringen, um für mehr Abwechslung zu sorgen“, gibt sich Isola zuversichtlich. Doch am Ende wird sich sicher wieder jemand finden, der Etwas an den schwarzen Gummis aus Mailand auszusetzen hat.