Protest gegen Renault
Renault erlebte beim GP Japan alles auf einmal. Eine Pleite in der Qualifikation, die Auferstehung im Rennen und dann der Protest eines Konkurrenten. Nicht nur die neun WM-Punkte sind in Gefahr. Es steht mehr auf dem Spiel als nur das Ergebnis.
Es ist ein Spiel mit dem Feuer. Drei Stunden nach dem GP Japan schlug bei Renault der Blitz ein. Das Team hatte gerade ein gutes Rennen gefeiert, das von den Startplätzen 15 und 16 so nicht zu erwarten war. Um 18.06 Ortszeit erhielt Renault eine Vorladung zu den Sportkommissaren. Sie sollten zu einem Protest von Racing Point Stellung nehmen. Der Mitbewerber wirft Renault vor, seine Autos mit einer Bremskraftverteilung ausgerüstet zu haben, die sich abhängig von der Streckenposition verstellt. Das wäre illegal.
Renault muss bis zum Mittwoch dieser Woche (16.10.) eine Gegendarstellung vorlegen. Der Vorwurf des vorsätzlichen Betrugs wiegt schwer auf dem französischen Nationalrennstall. Wenn er ihn nicht ausräumen kann, wäre das fatal. Da steht mehr auf dem Spiel als nur ein Wertungsausschluss für den GP Japan. Der Vertrauensverlust würde viel schwerer wiegen als das Streichen von neun Punkten.
Renault geht derzeit durch schwierige Zeiten. Die Zentrale in Paris hat schon vor der Episode das weitere Formel-1-Engagement ab 2021 auf den Prüfstand gestellt. Wenn das Team keine Erfolgsperspektiven bieten kann und der Sport nicht radikal billiger wird, dann droht ein Ausstieg. Eine Disqualifikation der beiden Autos könnte der Todesstoß sein.
Neuer Frontflügel noch kein Fortschritt
Suzuka war für Renault ein wichtiger Grand Prix. Nachdem man in drei der letzten vier Rennen gute Startplätze in der ersten Runde weggeworfen hatte, musste endlich mal wieder ein sauberes Wochenende ohne Fehler her.
Dazu kommt, dass die gelbschwarzen Autos sich auf diesem Typ Rennstrecke bislang schwer taten. In langgezogenen Kurven verschiebt sich die Balance. „Wir können uns nie voll in die Kurven lehnen“, kritisierte Nico Hülkenberg. Ein neuer Frontflügel sollte Abhilfe schaffen. Beim Debüt war aber kein markanter Fortschritt zu bemerken.
In der Qualifikation schien sich Renaults Misere nahtlos fortzusetzen. Daniel Ricciardo flog schon im Q1 raus, weil eines der Hydraulikelemente der Hinterradaufhängung seinen Geist aufgegeben hat. Das Heck senkte sich ab. Damit schwankte der Abtrieb. „Der Wind war am Sonntag stärker als am Freitag, aber mir war schnell klar, dass da nicht nur der Wind schuld sein konnte“, berichtete Ricciardo. Die Quittung war Startplatz 16.
Nico Hülkenberg blieb auf Rang 15 im Q2 hängen, weil eine Hydraulikleitung im Getriebe brach. Er konnte froh sein, überhaupt am Start zu stehen. Zwei Minuten vor Öffnen der Boxengasse wurde sein Auto fertig. Hülkenbergs Fazit: „Wir haben uns das Leben wieder mal schwerer gemacht als nötig. Die Jungs haben einen super Job erledigt. Das Auto lief perfekt. Ich wollte die Mannschaft mit einem guten Rennen dafür belohnen.“
Renault machte aus der Not eine Tugend, versteifte sich voll auf zwei Einstopp-Rennen und taktierte mit zwei unterschiedlichen Reifen.olgen. Hülkenberg mit Soft-Medium, Ricciardo umgekehrt. Der Deutsche stoppte in Runde 19, der Australier erst in Runde 29.
Ricciardo: „Wir sind etwas länger draußen geblieben als geplant. Ich wollte früher rein, weil die Vorderreifen Temperatur verloren haben und beim Bremsen manchmal stehengeblieben sind. Doch das Team hat mich gebeten noch ein bisschen länger durchzuhalten, um für den Soft-Reifen die ideale Restdistanz zu bekommen, so dass ich voll angreifen konnte.“
Perfekte Balance zwischen Reifen.chonen und Attacke./strong>
Ricciardos Boxenstopp war optimal getimt. Er kehrte auf Platz 11 in das Rennen zurück mit 10,7 Sekunden Rückstand auf einen Viererpulk, der von Pierre Gasly eingebremst wurde. Ricciardo brauchte nur 11 Runden, bis er die Gruppe wieder eingeholt hatte. Und dann profitierte er von den weicheren und frischeren Reifen.
In der Kmapfgruppe steckte auch Hülkenberg. Obwohl er schneller hätte fahren können, kam er lange nicht an Lance Stroll und gar nicht an Pierre Gasly vorbei. „Gasly hat uns alle aufgehalten. Er war verdammt schnell auf den Geraden. Und der Honda geht dort spät ins De-Rating. Es ist extrem hart, da vorbeizukommen, speziell mit so viel Rückenwind. In den Kurven ging bei Gasly gar nichts. Ich habe die ganze Zeit im Verkehr gesteckt, und das hat den Reifen Lebensdauer gekostet.“
Hülkenberg legte den Grundstein für seinen WM-Punkt bereits in der Startrunde, in der er fünf Positionen gutmachen konnte: „Ich kam gut vom Start weg und bin dann bis zu zweiten Kurve ganz links geblieben. Es war ein hohes Risiko, hat sich aber ausgezahlt.“ Ricciardo begann in der vierten Runde mit seiner Aufholjagd. Der siebenfache GP-Sieger überholte acht Autos auf dem Weg zu Platz sieben, aus dem wegen der Strafe für Charles Leclercs Strafe später noch Rang sechs wurde, acht Autos.
Der Mann aus Perth fand die perfekte Balance zwischen Reifen.chonen und Attacke. „Ich musste immer am Ende der Runde nah am Vordermann dran sein, durfte aber im ersten Sektor nicht zu viel von den Turbulenzen des Autos vor mir abkriegen, damit die Reifen nicht leiden. Das hat harte Arbeit im zweiten Sektor erfordert, wo ich wieder aufschließen musste. Als ich mal an ein oder zwei Autos vorbei war, hatte ich ein gutes Gefühl dafür entwickelt, wie weit ich mich im ersten Sektor zurückfallen lassen musste, um bis zum Ende der Runde wieder im Heck des Vordermanns zu hängen.“
Ricciardos Lieblingsstelle zum Überholen war die zweite Kurve: „ Ich bin immer lange außen geblieben, um auch auf der Bremse Schwung mit zu nehmen. Meine Gegner haben die Innenspur zugemauert, wurden dann aber weit nach außen getragen. Ich konnte dann von außen nach innen reinstechen.“
Hülkenberg machte Platz für Ricciardo
Als Ricciardo in der 42. Runde auf seinen Teamkollegen traf, ließ der Befehl zum Positionswechel nicht lange auf sich warten. Hülkenberg machte sofort Platz. „Es war klar, dass Daniel mit seiner Strategie besser dran war. Er hatte frische weiche Reifen und war unglaublich schnell. Aus Sicht des Teams war es logisch ihn vorbeizulassen.“
Ein bisschen half der Unruheherd im Renault mit der Startnummer 3 auch Hülkenberg. Zwei Runden nach dem teaminternen Platztausch kam er im Sog von Ricciardo endlich an Stroll vorbei, den er fast das ganze Rennen vor seiner Nase hatte. „Stroll war der erste hinter Gasly. Er hatte DRS, wir hatten DRS, so sitzt du in einem Zug fest, in dem du nur schwer überholen kannst.“
Das Aufatmen am Kommandostand war spürbar. Endlich wurde der Fluch besiegt, sich selbst um gute Ergebnisse zu bringen. „Wir haben nicht aufgegeben, haben das Beste aus schlechten Startplätzen gemacht“, lobte Teamchef Cyril Abiteboul.
Daniel Ricciardo mochte die Kehrtwende kaum glauben: „Am Morgen dachte ich noch: Schon wieder dieser Mist. Wir schaffen einfach kein Rennen ohne hausgemachte Probleme. Ein paar Stunden später haben wir das Resultat bekommen, das wir verdienen.“ Wenn es dabei bleibt. Das Abwenden des Protests wird für Renault eine härtere Aufgabe als die 52 Runden von Suzuka.