RB16 eine große Evolution
Red Bull hat Ferrari in den letzten drei Saisonrennen geschlagen. Mercedes lag in Abu Dhabi außer Reichweite. 2020 wollen Red Bull und Max Verstappen um die WM-Titel fahren. Das Team verspricht eine große Evolution des Autos.
2019 war ein Übergangsjahr für Red Bull. Weg von Renault als Motorenpartner hin zu Honda. Die österreich-englisch-japanische Allianz nahm sich fünf Siege vor. Es wurden drei daraus. Max Verstappen holte zudem zwei Pole-Positions. Der Holländer resümiert: „Wir sind zufrieden mit unserer Saison. Wir haben Fortschritte gemacht, und Honda den Motor verbessert. Nächstes Jahr wollen wir aber mehr.“
Dann soll der nächste Schritt folgen. Red Bull will Mercedes die Weltmeistertitel streitig machen. Honda hat die Lücke zu den anderen Motorenherstellern geschlossen. Laut Red Bulls Rechnung ist das Leistungsdefizit auf Mercedes im Renntrimm in den einstelligen PS-Bereich geschrumpft. Nur Ferrari habe mehr Bums. Ex-Partner Renault liege an letzter Stelle.
Da widerspricht Renaults Teamchef Cyril Abiteboul: „Nach unseren Messungen haben Ferrari und wir den stärksten Motor im Rennen. Dann kommt Honda, und erst dann Mercedes.“ Mercedes sieht es so: Ferrari vorweg, dann man selbst und Honda, dann Renault. „Die Unterschiede zwischen Honda, Renault und uns sind minimal geworden. Nur Ferrari sticht noch heraus“, heißt es von Ingenieursseite.
Die Teams berufen sich auf GPS-Messungen. Es gibt aber Variablen, die mit einberechnet werden müssen: das Abtriebslevel, den Zustand der Reifen. „Die Motorleistung ist wirklich schwer herauszufiltern. Im Rennen hat der Gegner manchmal Windschatten, profitiert von DRS, attackiert voll oder schont die Reifen., erklärt Mercedes.Motorchef Andy Cowell.
Honda-Motor zickt in Abu Dhabi
Red Bull bezahlte Hondas Motorenentwicklung unter der Saison mit einigen Startplatzstrafen. So viele wird man sich 2020 nicht mehr erlauben können. Doch der Motor ist ja jetzt auf einem guten Level. Honda ist wild darauf, zurück an die Spitze der Formel 1 zu kehren. Red Bull profitiert davon auch auf der Chassisseite. Es gibt mehr Prüfstandsläufe, an die auch das ganze Auto angeschlossen ist.
Erst wenn die Teile an ihre Belastungsgrenze getrieben werden, kann man Rückschlüsse auf ihre Zuverlässigkeit ziehen. Mit Renault hatte man in der Vergangenheit diesen Luxus nicht. Mit Honda ist Red Bull zum Werksteam aufgestiegen, und nicht mehr nur ein Kunde.
Noch zickt der japanische Sechszylinder-Turbo ab und an. In Abu Dhabi hemmten Verstappen nach dem einzigen Boxenstopp Drehmomentlöcher. „Ich musste um das Problem herumfahren“, berichtete der Zweitplatzierte. „Das Motormapping verstellte sich aus noch nicht geklärten Ursachen. Dadurch hat das Ansprechverhalten gelitten. Und es gab Probleme mit der Motorbremse“ , führte Chef Helmut Marko aus.
An einen Sieg wäre aber ohnehin nicht zu denken gewesen. Platz zwei war am letzten Rennsonntag des Jahres das Maximum für Verstappen und Red Bull. „Auch ohne das Handicap hätten wir Mercedes heute nicht geschlagen. Wir hatten eine anständige Rennpace, aber sie waren schneller“, urteilte Verstappen.
Red Bull muss konstanter werden
Der Holländer verlor in der ersten Runde eine Position gegen Charles Leclerc. Mit der Super-Power des Ferrari-V6 überrumpelte der Monegasse den dreifachen Saisonsieger auf der Gegengerade. An einen Konter war nicht zu denken. Stattdessen schonte Verstappen seine Reifen. Red Bull knackte Ferrari über einen längeren ersten Stint auf den Medium-Reifen. Auf frischen harten Reifen fiel Verstappen in Runde 32 über Leclerc her.
Lewis Hamilton war zu diesem Zeitpunkt schon um 15 Sekunden enteilt. Der Weltmeister hatte keinen Druck. „Ich musste meinen Verfolgern nur am Anfang entwischen. Danach habe ich das Rennen kontrolliert und die Reifen gemanagt. Ich musste nur so lange draußen bleiben wie Max.“ Um sich vor einem Safety Car zu schützen.
Die erdrückende Überlegenheit der Silberpfeile wurde durch die schnellste Rennrunde zementiert. Hamilton nahm Verstappen in einem angeschlagenen Red Bull fast zwei Sekunden ab. Bottas stürmte vom letzten Platz beinahe bis auf das Podest.
Red Bull weiß, dass man noch eine Menge Arbeit vor der Brust hat, um in allen Beziehungen zu Mercedes aufzuschließen. Kein Team versteht die Reifen so gut. Kein Team macht so wenige Fehler. Kein Team ist so konstant wie die Weltmeister. Red Bulls Leistungen schwanken noch zu sehr. 2019 folgte auf einen anständigen Saisonstart ein Hoch vor der Sommerpause, ein Tief nach der Sommerpause und ein finales Hoch.
Grundproblem von Melbourne an
Die Ingenieure konnten dem RB15 sein Grundproblem nie austreiben. Die Aerodynamik-Plattform ist nicht so stabil wie die von Mercedes. „Wir sind noch zu wind- und temperaturanfällig“, üben die Ingenieure Selbstkritik. Das sind zwei Baustellen, die man mit dem RB16 ausräumen will.
Das Frontflügelreglement für 2019 erwischte Red Bull auf dem falschen Fuß. Die Autos vor dem RB15 hatten immer schon auf einem starken Frontflügel aufgebaut, der die Luft so gezielt nach hinten lenkte und Wirbelschleppen warf, dass der Unterboden versiegelt wurde. Da betrat Red Bull mit den vereinfachten Flügeln Neuland. Die Ingenieure versprechen eine große Evolution. Nächstes Jahr muss Red Bull von Anfang an siegfähig sein. „Dann sollte es eine großartige Saison werden. Es könnte einen engen Dreikampf zwischen Mercedes, Ferrari und uns geben.“
Der Rennstall aus Milton Keynes träumt aber nicht nur von der Fahrer-Weltmeisterschaft. Red Bull will auch in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft um den ersten Platz fahren. Dafür braucht es einen zweiten starken Fahrer neben Verstappen. Alexander Albon muss 2020 einen Schritt dorthin machen. 2019 war Red Bull zu lange ein Einmann-Team. Pierre Gasly, der zur Saisonmitte ausgetauscht wurde, kam überhaupt nicht mit dem spitzen Fahrverhalten des RB15 zurecht. Das beherrschte nur Verstappen.