Red Bull im Glückstaumel
Max Verstappen hat den GP Mexiko dominiert. Schlüssel dazu war ein guter Start. Das gab dem Renault-Motor die beste Chance zum Überleben. Fast alle anderen Autos mit Renault-Motoren fielen aus.
Eine kleine Statistik zu Beginn. Immer wenn Daniil Kvyat ein Red Bull-Cockpit verliert, gewinnt Max Verstappen. 2016 wurde Kvyat vor dem GP Spanien von Red Bull zu Toro Rosso degradiert, und Verstappen siegte in Barcelona. 2017 wurde Kvyat nach dem GP Singapur von Toro Rosso auf die Strafbank gesetzt, und beim nächsten Rennen reüssierte Verstappen. Vor dem GP Mexiko hat Red Bull den Russen ganz aus dem Kader geworfen und wie hieß der Sieger? Richtig, Max Verstappen.
Der Red Bull-Pilot hat das Rennen im Land der Azteken dominiert wie selten ein Fahrer zuvor in dieser Saison. Im Ziel betrug der Vorsprung auf Valtteri Bottas 19,678 Sekunden. Der Abstand hätte auch doppelt so hoch ausfallen können. Nach 10 Runden wies Red Bull seinen Fahrer an, Reifen und Motor zu schonen. Da betrug sein Vorsprung 4,7 Sekunden. Verstappen versprach es easy zu nehmen. Und wurde immer schneller dabei. „In der Beziehung erinnert mich Max an Michael Schumacher“, vergleicht Formel 1-Chef Ross Brawn. „Du sagst ihm, er soll langsamer fahren, aber er wird schneller. Es fällt ihm schwer, langsam zu fahren.“ Bei der Siegerehrung fand der Engländer noch eine Parallele zu Schumacher: „Der Kerl schwitzt ja nicht mal.“
Renault-Motoren mit gedrosselter Turbinen-Drehzahl
Red Bull bremste seinen Fahrer nicht umsonst ein. Der linke Vorderreifen drohte zu überhitzen. Verstappen brachte ihn wieder ins Fenster zurück. Viel gravierender waren die Sorgen um den Motor. Daniel Ricciardo, Nico Hülkenberg und Brendon Hartley strandeten mit Defekten im Antriebsstrang. „Wir fragten uns schon: Was kommt als nächstes? Das ganze Rennen war eine Zitterpartie“, gestand Motorsportchef Helmut Marko.
Dabei hatte Renault schon genügend Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Die Drehzahl der Turbinen wurde von 108 000/Min auf 102 000/min reduziert. Die höheren Drehzahlen in der dünnen Luft von Mexiko-City killten die Welle, die Turbine, Verdichter und MGU-H miteinander verbindet. Es traten Schwingungen auf, die für eine ganze Serie von Turboladerschäden sorgten. Manche Lader gaben nach einer Runde auf, manche nach fünf, manche nach 30. „Es gab kein Muster, deshalb auch kein Patentrezept, wie wir uns davor schützen konnten“, erklärte Marko.
Wegen der Motorenmisere war es für Verstappen eminent wichtig, den Start zu gewinnen. Frische Luft war die beste Überlebensstrategie für die maladen Motoren. Gleich nach dem Start sah es nicht so aus, als könnte Verstappen 1,5 Kilometer später die Nase vorn haben. „Der Start war nicht toll. Wir haben den Drehzahlbegrenzer zu tief angesetzt“, erklärte der Holländer. Doch das brachte ihn direkt in den Windschatten von Sebastian Vettel. Und von dort wieder ins Geschäft. Es war die Szene des Rennens, als Lewis Hamilton, Sebastian Vettel und Max Verstappen Seite an Seite auf die erste Kurve zuschossen. Mit Verstappen in der Mitte: „Ich wollte mir erstmal anschauen, was passiert. Dann konnte ich mich außen neben Vettel setzen. Ich bin ein bisschen aggressiver reingefahren, habe einen kleinen Stoß gespürt und war plötzlich vorne. Ab da fuhr ich mein eigenes Rennen. Das Auto war wunderbar ausbalanciert. Deshalb war es auch einfach, die Reifen zu managen.“
Das Manöver zwischen den Kurven 1 und 3 nötigte den Experten Respekt ab. „Wann immer es einen Zweikampf gibt, kommt Verstappen ungeschoren davon und bei den anderen fliegen die Fetzen“, wunderte sich Ross Brawn. Martin Brundle fand, dass der Mexiko-Sieger auch eine gehörige Portion Glück brauchte. „Der Kerl fährt wie im Kart. Er glaubt, alles ist möglich und attackiert an den unmöglichsten Stellen. Normalerweise hast du bei so einer Nummer zwei Reifenschäden.“ Marko widerspricht: „Das ist nicht Glück, das ist Verstappen.“
Ricciardo erbt Pech von Verstappen
Red Bull fuhr im Autodromo Hermanos Rodgriguez in einer eigenen Welt. „Wir hätten das Rennen gegen Ferrari auch ohne den besten Start gewonnen“, ist Marko überzeugt. Bei maximalem Abtrieb ist der Red Bull effizienter als der Mercedes und dem Ferrari mindestens ebenbürtig. In der Höhe von Mexiko wiegt der Motor-Nachteil nicht so schwer. Nur 60 Prozent der Runde werden mit Vollast gefahren. In Suzuka waren es zum Vergleich 75 Prozent. „Auch der glatte Asphalt und die langsamen Kurven haben uns geholfen. Da konnten wir unsere gute Aerodynamik ausspielen“, glaubt Verstappen.
Das Pech, das dem Holländer bis zu seinem Quasi-Heimrennen in Spa vier Defekte bereithielt, hat jetzt Daniel Ricciardo geerbt. Der Australier rollte nach fünf Runden mit einem Defekt an der MGU-H an die Boxen. Sie hatte inklusive der Runden auf den Startplatz gerade mal 35 Kilometer gehalten. Und sie wird Ricciardo in 14 Tagen in Sao Paulo noch einmal an den GP Mexiko erinnern. Er wird wieder eine neue MGU-H brauchen und wieder Startplätze verlieren. Der Australier verlor für einen Moment sein sonniges Gemüt: „Da muss etwas Fundamentales faul sein mit diesem Tei,l das nur mit der Hitze und der Höhe zu erklären ist. Andererseits kommen wir schon zum dritten Mal nach Mexiko und sollten von so etwas nicht mehr überrascht werden.“ Riccioardo hatte sich innerhalb seines kurzen Rennens bereits von Platz 16 auf Rang 7 nach vorne gekämpft: „Er wäre aufs Podium gefahren“, ist Marko überzeugt.