Red Bull überragt im Rennen
Mercedes und Ferrari bestimmten die Quali in Brasilien. Das Rennen gehörte Red Bull. Der abtriebsstarke RB14 pflegt die Reifen. Trotz eines angeschlagenen Autos war Max Verstappen schneller als Lewis Hamilton. Daniel Ricciardo pflügte aus dem Mittelfeld beinahe aufs Podest.
Es hätte ein Doppelpodium werden können für Red Bull in Sao Paulo. Ein Sieg und ein dritter Platz. Stattdessen rollte Max Verstappen auf dem zweiten und Daniel Ricciardo auf dem vierten Platz ins Ziel. Verstappen scheiterte an Esteban Ocon. Ricciardo an einer Strafe, die ihn auf den elften Startplatz verbannte und einem Kimi Räikkönen, der in seinem Ferrari in den Schlussrunden die Überholstellen zubetonierte.
Red Bull kann sich über den verpassten Sieg mit dem besten Rennauto trösten. Verstappen und Ricciardo überrannten die Mercedes und Ferrari – obwohl Interlagos zu den Motorenstrecken im Rennkalender zählt. Man merkte es in der Qualifikation. Sobald Mercedes und Ferrari die schärfsten Power-Modi einstellten, galoppierten sie den Red Bull auf den Geraden davon. Dem Renault-Motor der C-Spezifikation fehlt es an einem ähnlichen Quali-Modus. Im Rennen jedoch müssen die Konkurrenten die Leistung zurückschrauben. Was ein Teil der Erklärung dafür ist, dass Red Bull ein Siegkandidat war.
An Ferrari und Mercedes vorbei
Es kamen mehrere Faktoren zusammen: die erhöhte Streckentemperatur: das Setup, die Aerodynamik-Konfiguration, das Reifenmanagement, die Probleme der Gegner. Erstmals am Rennwochenende heizte die Sonne den Asphalt auf über 40 Grad auf. Die Ingenieure trimmten die beiden RB14 genau für diese Bedingungen. Sie setzten auf Abtrieb statt auf Topspeed.
Ein größerer Flügel half, die Hinterreifen in Schuss zu halten. Ohnehin geht das dunkelblaue Auto so sorgsam mit den Reifen um wie kein anderes Auto im Feld. Verstappen hielt 35 Runden auf den Supersoftreifen durch. Dann wurde aus taktischen Gründen auf Soft gewechselt. Ricciardo umrundete den Kurs sogar 39 Mal mit dem weichsten Kleber. So oft wie ansonsten nur Sergio Perez im Force India. „Setup, Balance und Strategie waren heute perfekt“, attestierte Verstappen.
Der fliegende Holländer überholte beide Ferrari und beide Mercedes. Ricciardo den Mercedes von Bottas und Vettel im Ferrari. Es hat in der modernen Formel-1-Seltenheitswert, dass ein Top-Auto die anderen beiden Top-Autos so häufig überholt in einem Rennen. Red Bull war bärenstark, Mercedes und Ferrari verwundet. Vettel haderte mit der Balance und den Reifentemperaturen. Hamilton quälte sich mit Reifenblasen und einem angeschlagenen Motor. „Und er kam schlecht aus der letzten Kurve. Deshalb war es für Max kein Problem, ihn zu überholen“, berichtete Red Bull-Motorsportboss Helmut Marko.
Lieblingsstelle Senna-S
Ein guter Vergleich zwischen Red Bull und Mercedes ergibt sich zwischen der 45. und 71. Rennrunde. An Verstappens Auto fehlte nach dem Zusammenprall mit Ocon ein großes Stück vom Unterboden. Das bedeutete laut den Red Bull-Ingenieuren zehn Prozent Anpressdruck weniger. Hamilton fuhr auf Sparflamme und büßte deshalb pro Umlauf vier Zehntel ein.
Zwei angeschlagene Autos, ein klares Bild: In 23 der 27 Runden bis ins Ziel war Verstappen schneller als Hamilton. Zehn Mal unterbot er die 1:12er Rundenmarke. Hamilton erzielte dagegen nur drei Runden im 1:11er Bereich. „Verstappen war heute nicht unser Gegner. Red Bull war dafür viel zu schnell. Wir mussten nach Ferrari schauen und sicherstellen, dass wir vor ihnen landen. Sich gegen Verstappen zu wehren, hätte keinen Sinn gemacht“, meinte Mercedes.Teamchef Toto Wolff.
Ricciardos Vorstellung bestätigte Red Bulls Überlegenheit. In der Startphase schnappte er sich nacheinander die Autos von Kevin Magnussen, Marcus Ericsson, Pierre Gasly, Romain Grosjean und Charles Leclerc. Nach fünf Runden war der Australier bereits Sechster. Zwischen Runde 36 und 39 führte er das Rennen sogar an. Und mit dem Vorteil der Softreifen fiel er später über Sebastian Vettel und Valtteri Bottas her. Beides Mal im Senna-S.
Der große Mercedes.Gegner 2019?
An Vettel lenkte sich Ricciardo auf der Außenbahn vorbei. „Wir hatten einen coolen Kampf und haben uns glaube ich ein oder zwei Mal berührt. Wir respektieren einander, fahren fair und kennen unsere Limits. Deshalb hat es nicht gekracht.“ Vettels Konter auf der Gegengerade beantwortete Ricciardo, indem er die Innenspur zumauerte.
Gegen Bottas stach der Mann aus Perth im Senna-S auf der Innenseite zu. Ein typischer Ricciardo. „Ich habe dem Team am Funk angekündigt, dass ich es riskieren werde.“ Nur für Räikkönen reichte es nicht mehr. „Ich bin glücklich mit meinem Rennen, hätte aber gerne Champagner geschmeckt. Ich habe das Gefühl, dass das Auto immer wunderbar läuft, wenn gegen mich eine Startplatzstrafe verhängt wird.“
Red Bull mausert sich so langsam zum großen Gegner von Mercedes für 2019. Dafür muss nicht nur Neupartner Honda noch mehr Leistung finden, sondern auch die Entwicklung konstanter werden. Eine Formdelle wie vor der Sommerpause wird sich Red Bull 2019 gegen Mercedes nicht erlauben können. Doch seit Singapur sind die Aero-Probleme ausgeräumt. Und seit Austin ist der RB14 das schnellste Auto im Rennen.