Chassis und Motor besser

Renault beendete die erste Testwoche auf dem Spitzenplatz. In der zweiten Woche überlässt der Werksrennstall den anderen die Show. Chassis-Direktor Nick Chester und Motorenchef Remi Taffin sind zufrieden mit den Fortschritten, die Renault im Winter erzielte.
In den letzten Jahren bezog Renaults Motorenabteilung in Viry-Châtillon reichlich Prügel. Die Antriebseinheiten von Mercedes und Ferrari entfesselten deutlich mehr Leistung als die des französischen Herstellers. Gleichzeitig war Renault weniger zuverlässig als die Konkurrenzprodukte.
Motoren-Wahrheit erst in Melbourne./strong>
2019 will die Motorenabteilung die Antriebseinheit standfester bekommen und die Leistungsdifferenz verkleinern. Motorenchef Remi Taffin ist zuversichtlich, dass Renault dieses Vorhaben glückt. Die gesetzten Ziele seien über den Winter erreicht worden. „Und die Ergebnisse vom Prüfstand haben sich auf der Strecke bestätigt. Wir haben einen der größten Fortschritte über den Winter gemacht, seit es die Hybridformel gibt.“ Man hört im Fahrerlager, Renault habe um etwa 40 PS aufgesattelt. Partner McLaren bestätigt, dass die Franzosen ihr Leistungsversprechen eingehalten haben.
Nur bleibt die Frage, was die Konkurrenz gefunden hat. Red Bull ist überglücklich mit Neupartner Honda. „Sie haben einen großen Schritt gemacht.“ Und auch Ferrari und Mercedes stehen nicht still. Das können sie sich im Titelkampf und bei Ausgaben von fast 400 Millionen Euro nicht leisten. „Die Wahrheit über das Leistungsvermögen der einzelnen Motoren werden wir erst im Melbourne erfahren. In der Qualifikation und im Rennen“, sagt Taffin deshalb.
An sieben Testtagen spulten Neuzugang Daniel Ricciardo und Nico Hülkenberg im Duett 906 Runden ab. Das sind 4.217 Kilometer. Im Vorjahr schaffte Renault in acht Tagen 795 Runden oder 3.700 Kilometer. Taffin berichtet, bisher habe es keine Zuverlässigkeitsprobleme gegeben. Chassis-Direktor Nick Chester führt aus: „Unsere kleinen Technik-Gremlins haben wir beseitigt.“
Fünf Motoren eingesetzt
Renault und Partner McLaren, der den V6-Turbo und die Elektrobausteine aus Viry-Châtillon bezieht, setzten bis einschließlich des vorletzten Testtages fünf Motoren ein. Taffin erklärt die hohe Anzahl: „Wir haben verschiedene Motoren eingesetzt. Manche, um Messungen durchzuführen. Manche, um unterschiedliche Spezifikationen zu testen. Und natürlich unsere Motorenspezifikation für Melbourne.“
Nach der ersten Testwoche hatte Renault das Feld angeführt. Nico Hülkenberg fuhr die Wochenbestzeit. Die ist inzwischen pulverisiert. Ferrari, Toro Rosso, McLaren und Red Bull zauberten schnellere Rundenzeiten auf den Asphalt des Circuit de Barcelona-Catalunya. Davon lässt sich Renault nicht verunsichern. „ Zehn Kilogramm mehr Benzin machen drei bis vier Zehntel aus. Wir haben ein grobes Bild, wo wir stehen. Aber keiner wird bis Melbourne sagen können, wie schnell er im Vergleich zur Konkurrenz genau ist. Zumal Melbourne eine komplett andere Strecke ist. Haas war uns letztes Jahr in Barcelona weit voraus. Auf anderen Strecken sah es anders aus“, sagt Renaults Einsatzleiter Alan Permane. Erst wenn alle zur gleichen Zeit mit wenig Benzin auf den weichen Reifen ausrücken, werden die meisten Fragezeichen verschwinden. In der Qualifikation zum GP Australien.
„Es sieht alles sehr eng aus. Bisher kann man nur festhalten, dass Ferrari dem Feld einen Schritt voraus ist“, sagt Chester. „Den wahren Speed von Mercedes haben wir noch nicht gesehen. Bei Red Bull fällt es uns auch schwer. Wir können nur von uns sprechen. Unsere Testfahrten sind ziemlich erfolgreich.“ Die Ingenieure sprechen von einem Auto, dass auf Setupänderungen wie gewünscht reagiert. Der R.S.19 überrascht seine Schöpfer nicht. Die Fahrer berichten von einem guten Rennauto, aber keinem Überflieger. Die neuen Pirelli-Reifen bereiten den Ingenieuren keine Kopfschmerzen.
Renault stellt sich auf ein hartes Entwicklungsrennen 2019 ein. „ Die neuen Regeln haben uns neue Türen geöffnet. Frontflügel, Bremsbelüftungen, Bargeboards: Wir werden große Veränderungen sehen.“ Stichwort Frontflügel: Welches Konzept wird sich durchsetzen? Die Lösung von Alfa-Sauber mit den gekappten Flaps auf den Außenseiten? Oder die Mercedes-Lösung mit den geradlinigen Flaps? „Bisher sehen wir, dass unterschiedliche Konzepte schnell sind. Auf lange Sicht glaube ich aber, dass sich eine Lösung als die bessere herauskristallisieren wird und sich die Flügel entsprechend angleichen“, sagt Chester.