Rennanalyse GP Mexiko 2017
Es lag in der Luft: Sebastian Vettel, Max Verstappen und Lewis Hamilton gerieten am Start aneinander. Nur der Red Bull-Pilot kam heil durch. Vettel und Hamilton starteten Aufholjagden. Renault erlebte ein Waterloo in Mexiko.
Was passierte am Start?
Die Startaufstellung versprach Explosionsgefahr. Sebastian Vettel auf Pole. Max Verstappen neben ihm. Lewis Hamilton./span> hinter dem roten und dunkelblauen Auto auf dem dritten Rang. Es kam, wie es kommen musste. Verstappen suchte seine Chance auf den ersten 890 Metern. Der Niederländer wollte unbedingt den Start gewinnen, um in der sauberen Luft zu fahren. Für Red Bull war das angesichts der Motorenprobleme überlebenswichtig.
Verstappen nutzte den Windschatten des Ferrari und zog auf halber Hälfte links neben Vettel, der die Innenseite wie Nico Rosberg 2015 zumauerte. Ohne Erfolg. „Auf der Außenlinie konnte ich später als er bremsen“, erklärte Verstappen. Nebeneinander quetschten sie sich durch die ersten Kurven. „Es war etwas rutschig“ , berichtete der Niederländer. „Aber für Kurve zwei hatte ich die Innenseite.“ Der Zweikampf verlief nicht ohne Berührung. Vettels Ferrari traf den Red Bull hinten rechts. Hamilton witterte seine Möglichkeit und zog an Vettel vorbei. Am Ausgang der dritten Kurve schlitzte der WM-Zweite seinem Rivalen im silbernen Auto den rechten Hinterreifen auf. Es flogen Karbon-Teile. Beide humpelten zurück zur Box. Beide bekamen frische Softreifen und einen neuen Frontflügel. „Ich habe ihm eigentlich genug Platz gelassen“, meinte Hamilton. Näher wollte der neue Weltmeister im Nachgang nicht auf den Start eingehen. Vettel ebenfalls nicht. „Ihr solltet nur über seinen Titel schreiben. Alles andere ist egal. Lewis hat diese Weltmeisterschaft in einem harten Zweikampf verdient gewonnen. Er war der bessere Mann.“
Mercedes-Teamchef Toto Wolff fasst passend zusammen. „Verstappen wollte unbedingt gewinnen. Er hatte nichts zu verlieren. Vettel musste gewinnen, um irgendwie in der WM zu bleiben. Lewis hat gelauert und seine Möglichkeit gesehen. Dann kam eines zum anderen.“ Die Rennkommissare hatten den Vorfall notiert, verzichteten aber auf eine Untersuchung. So etwas kann in drei engen Kurven passieren.
Wie taktierten Vettel und Hamilton.
Hamilton und Vettel fielen bis ans Ende des Feldes. Nach den Reifenwechseln trennten die beiden Widersacher bereits 24 Sekunden. Da war eigentlich schon vorbestimmt, dass Vettel vor Hamilton das Ziel sehen würde. Sowohl Ferrari als auch Mercedes entschieden sich für die Softreifen, weil es die einzige Mischung war, die garantierte, bis zum Schluss durchzufahren. Die Mercedes-Strategen prognostizierten, dass ihr Schützling zumindest noch Punkte holen würde.
Hamiltons Problem hieß Carlos Sainz, der zwischen ihm und Vettel positioniert war. Hamilton fand bis zur 28. Runde keinen Weg vorbei am Renault mit der Startnummer 55. „Der Renault ist ein schnelles Auto. Man muss in Mexiko um 1,2 Sekunden schneller sein, um überholen zu können. In der letzten Kurve ist es sehr schwierig dran zu bleiben“, berichteten die Mercedes-Ingenieure. Der DRS-Effekt wirkt in Mexiko deutlich weniger aufgrund der dünnen Höhenluft. Hamiltons Auto war zudem stark angeschlagen. „Der halbe rechte Teil des Diffusors war angeknackst“, erzählte Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Vettel fiel es wesentlich einfacher, zu überholen.
Das virtuelle Safety Car knapp vor Rennmitte spielte Vettel und Hamilton eine Möglichkeit zu, besser abzuschneiden, als es mit dem Softreifen möglich gewesen wäre. Ein Safety Car wäre beiden aber noch lieber gewesen, weil es das Feld zusammengeführt hätte. Ferrari bestückte Vettels Auto mit einer frischen Garnitur der Ultrasofts. Mercedes wählte einen neuen Supersoft-Satz. Vom jeweils anderen Gummityp hatten beide nur gebrauchte Exemplare. Vettel kämpfte sich in der Folge vom siebten bis auf den vierten Rang nach vorne. Hamilton vom 16. Platz bis an die neunte Stelle. Im Schluss-Accord lieferte sich der viermalige Weltmeister ein sehenswertes Duell gegen seinen alten Stallrivalen Fernando Alonso.
Warum war Red Bull so stark?
Eigentlich hatte Verstappen nach dem Start nur einen Gegner. Und der war keiner. „Red Bull war einfach zu schnell“, konstatierte Valtteri Bottas. „Als wir das erkannten, habe ich Bremsen und Motor geschont.“ Verstappen sprach von einem unglaublichen Auto. „Ich wusste, dass wir stark sein würden. Aber wir waren sogar stärker.“ Für Red Bull ging es nur darum, dass Auto durchzubringen. Die Sorge vor einem Schaden im Bereich der Antriebseinheit war groß. Daniel Ricciardo, Nico Hülkenberg und Brendon Hartley scheiterten mit Renault-Technik.
Red Bull profitierte in Mexiko von zwei Faktoren. Erstens schrumpft auf 2 240 Metern Höhe der Leistungsnachteil gegenüber Mercedes und Ferrari. Zweitens ist in Mexiko voller Anpressdruck gefragt. Beim Abtriebslevel hat Red Bull inzwischen zu Ferrari aufgeschlossen. Dagegen harmoniert der Mercedes W08 mehr mit schnellen Strecken vom Typ Silverstone, Spa und Monza. Mercedes verzeichnete zwar Fortschritte beim Abtrieb und dem Reifenmanagement, doch gegen Red Bull reichte es nicht. Toto Wolff glaubt dennoch, dass Hamilton mit einer unfallfreien Runde Verstappen hätte herausfordern können. Es ist müßig zu raten, was mit Vettel gewesen wäre. Teamkollege Kimi Räikkönen lag bereits eine halbe Minute zurück, als er endlich freie Fahrt hatte.
Was war mit Renaults Motoren?
Renault erlebte sein Waterloo in Mexiko. Obwohl Verstappen mit dem Renault-V6 siegte. Im Training gingen den Franzosen reihenweise Turbolader ein. Es bestand kein Problem mit der Kühlung. Renault hatte sich ganz einfach bei den Simulationen vor dem Grand Prix verkalkuliert.
In Mexiko müssen die Turbinen höher drehen, um den Power-Verlust aufgrund der dünnen Höhenluft auszugleichen. Man plante mit einer Erhöhung von 102 000/min auf 108 500/min. Das verkraftete aber die Welle zwischen Turbine und Verdichter nicht. Für das Rennen mussten die Motoren im Schonbetrieb gefahren werden. „Wir haben zu viel riskiert und nicht die richtige Balance zwischen Leistung und Zuverlässigkeit gefunden. Es ist einzig und allein unser Fehler“, gestand Renaults Sportchef Cyril Abiteboul. Hülkenberg fiel jedoch nicht aufgrund eines kaputten Turbos aus. Die MGU-K streikte.
Dass von technischen Gebrechen so gebeutelte Honda überlebte mit beiden McLaren das Rennen. Honda drehte die Turbine nicht höher. „ Wir haben über die Einstellung des Motors aber einen Weg gefunden, die verlorene Leistung auszugleichen“, berichtete Yusuke Hasegawa.
Hatte Force India Rennpech?
Bis zur 20. Runde befand sich Esteban Ocon auf Podiums-Kurs. Dann bog der Franzose zum Reifenwechsel ab, um Hülkenberg zu covern. Verfolger Räikkönen blieb draußen. „Ferrari hat am Funk diskutiert. Sie hätten einfach das Gegenteil von uns gemacht. Wären wir draußen geblieben, hätte Kimi gestoppt. Und anders herum“, erklärte Force Indias Teamchef Robert Fernley. Bis zum Stopp lag Ocon sieben Sekunden vor Räikkönen. Der Finne profitierte vom virtuellen Safety Car. Es schenkte ihm sechs Sekunden. „Ohne das wäre es eng geworden. Aber Ferrari hatte das schnellere Auto. Ob Räikkönen auch vorbeigekommen wäre? Wissen wir nicht.Was sicher ist: Das VSC hat uns den Platz gegen Vettel gekostet“, meinte Sportdirektor Otmar Szafnauer.
In der Galerie haben wir noch einmal die besten Bilder des Rennens.
GP Mexiko 2017 – Ergebnis Rennen