Vorschau GP Japan 2017

Sebastian Vettel muss hoffen, dass Red Bull seinem WM-Rivalen Lewis Hamilton in Japan Punkte klaut. Zu schnell dürfen Max Verstappen und Daniel Ricciardo aber auch nicht sein. Wir haben die letzten Infos zum Suzuka-Rennen in der Vorschau.
Am Sonntag lohnt sich das Aufstehen für die Formel 1 (Rennstart: 7 Uhr) ganz besonders. Das rasende Frühstücksfernsehen verspricht Spannung wie lange nicht. Wann hat man zum letzten Mal ein Rennen in der Königsklasse gesehen, bei dem drei Teams realistische Siegchancen haben? Und dazu geht der Kampf um den WM-Titel nun auch noch in die ganz heiße Phase. Sebastian Vettel darf sich angesichts von 34 Punkten Rückstand keinen Fehler mehr erlauben. Nach der Sommerpause konnte Lewis Hamilton die Lücke in jedem Rennen vergrößern. Jetzt muss endlich die Trendwende her.
Eine gute Nachricht erreichte den Heppenheimer schon unter der Woche aus Maranello. Bei der Inspektion des Getriebes in der Ferrari.Fabrik haben die Ingenieure festgestelt, dass die Schaltbox bei dem unnötigen Crash in der Auslaufrunde von Malaysia wahrscheinlich nichts abbekommen hat. Nur das Gehäuse scheint beschädigt. Das darf aber straffrei gewechselt werden. Eine Rückversetzung ist damit vom Tisch.
Um den Rückstand schnell zu verkleinern, braucht Vettel jetzt unbedingt Siege. Am besten noch mit Schützenhilfe. Ferrari hatte sowohl in Suzuka als auch in Malaysia das schnellste Auto – und hat es jeweils selbst vergeigt. Zumindest Kimi Räikkönen sollte sich als Puffer zwischen seinen Teamkollegen und Hamilton schieben. Die große Frage lautet, wie gut Red Bull unterwegs ist. Auf der kurvigen Strecke von Suzuka zählen Abtrieb und aerodynamische Effizienz. Vom Papier her das perfekte Terrain für den RB13.
Und dann muss man in Suzuka natürlich auch immer ein Auge auf den Wetterbericht haben. Die Strecke, die nur unweit vom Meer entfernt liegt, wurde in den letzten Jahren immer wieder während der Rennen von Schauern heimgesucht. Dieses Jahr sagen die ersten Prognosen zumindest für den Samstag und den Sonntag trockene Bedingungen voraus. Dafür soll die Vorbereitung im Training am Freitag durch Dauerregen gestört werden.
Die Strecke: Suzuka Circuit
Schon seit 1987 werden auf dem 5,807 Kilometer langen Kurs südlich von Suzuka Formel 1-Rennen ausgetragen. Seitdem hat die schnelle Strecke mit ihrem charakteristischen Achter-Layout bei Fans und Fahrern viele Anhänger gefunden. Fließende Kurvenkombinationen, enge Schikanen und Haarnadeln sowie lange Vollgaspassagen sorgen für eine aufregende Mischung.
Fehler verzeiht der Kurs nicht. Im Gegensatz zu den vielen neueren Retortenkursen lauern hier noch echte Kiesbetten jenseits der Kerbs und keine asphaltierten Auslaufzonen in der Größe von Supermarktparkplätzen. Die vielen anspruchsvollen Passagen verlangen von den Fahrern somit stets volle Konzentration.
In den S-Kurven zu Beginn der Runde muss die Linie bei jedem der 6 Richtungswechsel perfekt passen. Hier können die neuen Autos der 2017er Generation ihre Stärken voll ausspielen.. Auch die beiden Degner-Kurven (T8 & T9) sorgen traditionell für viel Action und einige spektakuläre Ausritte. In der schnellen 130R-Kurve bekommen die Piloten dagegen nur noch selten Schweißausbrüche. Dank gestiegenem Abtrieb ist der Vollgas-Knick nicht mehr die große Herausforderung, die er früher einmal war.
Fast Facts:
- Streckenlänge: 5,807 km
- Rundenanzahl: 53 Runden
- Gesamtdistanz: 307,471 km
- Rundenrekord: 1:31.540 Min. – Kimi Räikkönen (2005)
- Distanz Pole Position bis T1: 350 Meter
- Reifen: Supersoft / Soft / Medium
- Reifenverschleiß: hoch
- Spritverbrauch: medium
- Bremsenbelastung: niedrig
- Top-Speed: 324 km/h
- Safety-Car-Wahrscheinlichkeit: 60 %
- Boxenstopp-Zeitverlust: 22 Sekunden
Das Setup:
Die vielen schnellen Richtungswechsel verlangen Stabilität im Auto und vor allem viel Grip auf der Vorderachse. Untersteuern kostet Vertrauen und beansprucht die Reifen über Gebühr. Zu steil dürfen die Flügel aber auch nicht stehen, um auf den langen Vollgaspassagen nicht zu viel Luftwiderstand zu bieten. In den Freien Trainings muss der optimale Kompromiss gefunden werden.
Tückisch ist in Suzuka auch immer der Wind, der durch die Nähe zum Meer stets mit einer steifen Brise weht und nicht selten mehrmals am Tag die Richtung wechselt. Für den Motor stellt die Strecke ebenfalls eine überdurchschnittliche Belastung dar. Die Bremsen sind durch die vielen flüssigen Passagen und die eher niedrigen Temperaturen dagegen weniger gefordert.
Von der Fahrwerksabstimmung gibt es auch keine großen Herausforderungen. Der Asphalt weist kaum Bodenwellen auf. Bis auf die Zielschikane sind die Kerbs flach. Man darf gespannt sein, wie sich der Reifenverschleiß entwickelt. Normalerweise bringt Pirelli immer die härtesten Mischungen nach Japan. Dieses Jahr ist erstmals der Supersoft-Reifen im Angebot.
Technik-Updates:
Bei zwei Asien-Rennen innerhalb von einer Woche sollte man nicht zu viele Neuerungen an den Autos erwarten. Von Renault haben wir gehört, dass es neue Bargeboards und neue Verkleidungsteile gibt. Bei McLaren bekommt nun auch Stoffel Vandoorne die Abweiser, die Fernando Alonso schon in Malaysia fahren durfte. Ferrari.Fans müssen hoffen, dass die italienischen Ingenieure kurzfristig eine Lösung für die Probleme mit den Luftkanälen zwischen Turbo und Motor gefunden haben. Risse in den Karbonteilen hatten sowohl Sebastian Vettel als auch Kimi Räikkönen in Malaysia ausgebremst.
Die Favoriten:
Selten gab es die Situation in den letzten Jahren, dass drei absolut gleichwertige Sieg-Kandidaten an den Start gehen. Bis vor wenigen Wochen hätte man Mercedes noch in der Favoritenrolle gesehen. Die schnellen Kurven zu Beginn der Runde sollten dem Silberpfeil mit seinem langen Radstand passen. Auch die niedrigen Temperaturen sprechen dafür, dass der W08 seine Mini-Formkrise beendet. Doch der Abstand in Malaysia war so groß wie die Fragezeichen in den Gesichtern der Ingenieure. Lässt sich das innerhalb von nur 7 Tagen in einen Vorsprung ummünzen.
In Suzuka ist viel Abtrieb gefragt. Vor allem in den engeren Kurven kann Ferrari seine Vorteile ausspielen. Auch der Reifenverschleiß, der etwas höher als in Malaysia ausfallen sollte, ist ein Faktor, der für Vettel spricht. Die große Unbekannte ist nach wie vor Red Bull. Der RB13 wurde in den letzten Rennen immer schneller. In Malaysia lagen Verstappen und Ricciardo in Sachen Pace fast auf dem Niveau von Ferrari. Gegen Red Bull spricht nur der Power-Nachteil im Qualifying. In Suzuka kann man im Rennen niciht so gut überholen wie noch in Sepang.
Im Mittelfeld will vor allem McLaren beim Honda-Heimspiel glänzen. Das sollte auf der kurvigen Strecke trotz PS-Defizit auch einigermaßen gelingen. Hauptkonkurrenten um Punkte sind wieder einmal Force India und Renault. Wir erwarten, dass es wieder ganz eng wird. Hier dürfen sich die Teams beim Setup keine Fehler erlauben, was durch den erwarteten Regen am Freitag zu einer kniffligen Angelegenheit wird.
So lief das Rennen im Vorjahr – GP Japan 2016
Nico Rosberg legte den Grundstein zum ersten WM-Titel mit dem Sieg in Suzuka. Von der Pole Position aus ließ der spätere Champion nichts anbrennen und fuhr souverän zum neunten Saisonsieg. Lewis Hamilton rutschte dagegen am Start bis auf Rang 8 zurück und konnte seinen Rivalen nicht mehr gefährden. Er musste mit Rang 3 zufrieden sein, wodurch sein Rückstand in der WM-Wertung vier Rennen vor Schluss auf 33 Punkte anwuchs.
Mitten ins Sandwich der beiden Silberpfeile schob sich noch Max Versappen, der mit 4,7 Sekunden Rückstand auf Rang 2 über die Linie rollte. In den Schlussrunden musste sich der Youngster gegen den heranstürmenden Hamilton wehren, hielt sich aber mit allen Mitteln vor dem Mercedes. Sebastian Vettel kam auf Rang 4 ins Ziel. Ein schlechtes Timing beim Boxenstopp und Zeitverlust beim Überrunden führte dazu, dass er hinter Hamilton landete.
In unserer Galerie zeigen wir Ihnen noch einmal die entscheidenden Szenen vom GP Japan 2016.