Dünne Luft und dicke Steine

Die Rallye-WM erklärt den Winter für beendet und zieht von
Schnee und Eis auf den gewohnten Schotter um. Doch der dritte
WM-Lauf in Mexiko ist keiner wie alle anderen. Die Vorschau.
Warmes Wetter, warmherziger Empfang, feurige Latinas und eine heiße Rallye-Party zum Abschluss sind gute Gründe, warum der WM-Tross trotz der großen Entfernung gern die Reise ins 9.500 Kilometer entfernte León umzieht. Gerade die Begeisterung der Einheimischen, die zum zeremoniellen Start am Donnerstagabend (6.3.2014) zur Prime Time zu zigtausenden die Altstadt von Guanajuato bevölkern steckt auch die Aktiven an. Ein besonderes Highlight ist die "Monster Street Stage", die auf den unterirdischen Sträßchen der ehemals spanischen Minen-Stadt gefahren wird.
Dünne Luft sorgt für Atemnot bei den Motoren
Die viertägige Rallye mit ihren 21 Prüfungen gehört mit 402 Kilometern zu den längeren WM-Läufen und zur Erbauung der Piloten zu den schnelleren. Zu den Eigenheiten der Rallye gehört der deutlich geringere Luftwiderstand, doch genau der bremst den Fahrspaß. Die Rallyestrecken liegen in den Höhenlagen der Sierra de Lobos und der Sierra de Guanajuato zwischen 1.800 und 2.700 Metern. Auf dem Dach der Rallye-Welt verlieren die 1,6-Liter-Turbomotoren zwischen 15 und 30 Prozent Leistung, werden aber gerade durch die hohen Temperaturen und die erhöhte Drehzahl stark belastet.
Mancher Hersteller wie Ford versuchte in anderthalb Jahrzehnten vergeblich, den Motor auf die Höhenlagen abzustimmen, dagegen kamen die Citroën-Ingenieure mit der Anpassung des Motors prima zurecht. Die Hoffnung, WM-Neuling VW bei deren Höhen-Debüt abzuduschen, ging jedoch 2013 nicht auf. Motorenchef Donatus Wichelhaus stellte dem späteren Weltmeister Sébastien Ogier ein bestens eingestelltes Aggregat zur Verfügung, mit dem Ogier prompt gewann.
Der Franzose gilt trotz seines Konzentrationsfehlers in Schweden (oder gerade deswegen) zu den großen Favoriten. Als WM-Zweiter muss er nicht ganz vorn die Straße kehren, das erledigt sein Teamkollege Jari-Matti Latvala. Der Finne hat das Pech, dass die erst 2012 eingeführte Qualifikation zum Ausfahren der besten Startpositionen in diesem Jahr wieder abgeschafft wurde.
Latvala als WM-Führender bei der Rallye Mexiko./strong>
Latvala ist sich des Nachteils am ersten Tag der Rallye bewusst, hofft aber auf zusätzlichen mentalen Boost, denn er reist erstmals als Tabellenführer in die neue Welt: "Die Regeln sind, wie sie sind. Die Freude, als WM-Führender nach Mexiko zu reisen, überwiegt auf jeden Fall", sagt der Finne, der mit einem Podiums-Rang seine Titelchancen manifestieren will, und im günstigsten Fall trotz der ungünstigen Voraussetzung einen Sieg für möglich hält.
Davon ist bei der Konkurrenz kaum die Rede. Citroën-Speerspitze Mads Östberg muss sich erst einmal im Wettbewerb auf Schotter auf den nicht einfach abzustimmenden DS3 einschießen. Kein Ford konnte in Mexiko in den letzten zehn Jahren gewinnen, von den Fahrern hat nur Mikko Hirvonen Erfahrung mit den Strecken in Mexiko. Der Finne startete so formschwach in die neue Saison, wie er die letzte beendete, gibt sich aber kämpferisch: "Für mich ist es hier immer gut gelaufen. Ich habe noch lange nicht aufgegeben."
Hyundai mit Mexiko.Premiere
Gerade erst angefangen hat die Rallye-Geschichte von Hyundai. Die Koreaner haben bisher keine Wettbewerbskilometer in großer Höhe sammeln können, waren aber 2013 immerhin zu einem ausgiebigen Test vor Ort. Thierry Neuville arbeitete im Vorfeld in Spanien an der Abstimmung des i20 WRC, der in León seine Schotterpremiere erlebt.
"Das Auto hat sich gut angefühlt, und wir haben viele Kilometer gesammelt", sagt der Belgier, der gute Erinnerungen an Mexiko hat, denn dort stand er erstmals auf dem Podium. Neuville warnt allerdings: "Vor allem muss man die Rallye durchfahren." Eine beliebte Methode, seine Chancen wegzuwerfen sind Reifenschäden oder Aufhängungsdefekte nach Steintreffern am Straßenrand.
Rallye Mexiko Neuland für Kubica
Abgesehen von der Hyundai-Mannschaft ist Mexiko auch Neuland für eine Reihe von Fahrern. Citroën-Mann Kris Meeke war ebenso noch nie in Lateinamerika am Start wie VW-Junior Andreas Mikkelsen, und die Ford-Männer Elfyn Evans und Robert Kubica. Der Pole hat trotz seiner vier Ausritte bei den ersten zwei WM-Läufen keine Bedenken. "Einige Streckenabschnitte scheinen den Prüfungen in Griechenland sehr zu ähneln", sagt der Pole, der im Vorjahr am Peloponnes die WRC2-Kategorie gewann. Kubica gibt sich selbst die gleiche Parole aus wie in seiner WM-Debüt-Saison 2013: "Ich will möglichst viel lernen und Erfahrungen sammeln."
Kris Meeke sieht sich trotz der fehlenden Streckenkenntnis auch das Gute. Ausgerechnet die dünne Luft und der Leistungsverlust sollen ihm helfen: "Ich habe viel Erfahrung mit schwächeren Saugmotorautos, die einen anderen Fahrstil brauchen." Das allerdings gilt auch für Weltmeister Sébastien Ogier, der vor dem Debüt des VW Polo WRC 2012 ein ganzes Jahr im Saugmotor-Skoda übte.
In unserer Bildergalerie zeigen wir Ihnen noch einmal die Highlights der Rallye Mexiko 2013.