Wozu neue F1-Autos 2017?

Die Fahrer wünschen sich schnellere Autos für 2017. Dabei sind die aktuellen Autos eigentlich schnell genug, wie sich beim Saisonauftakt in Melbourne gezeigt hat.
Bernie Ecclestone will Autos, die aggressiv aussehen. Die Fahrer wünschen sich Autos, die 4 bis 5 Sekunden schneller sind. Schneller als was? Als die Autos von 2014, dem ersten Jahr der Hybrid-Ära? Dafür brauchen wir nicht 2 Meter breite Autos mit 160 Zentimeter Karosseriebreite und fetten Schlappen. Das haben wir bereits jetzt.
Die Pole Position von Lewis Hamilton mit 1.23,837 Minuten war die zweitschnellste Runde, die jemals in Melbourne gefahren wurde. Nur Sebastian Vettel eilte 2011 mit 1.23,529 Minuten noch flotter um den Kurs. Nicht einmal Michael Schumacher in der goldenen V10-Ära kam an diesen Wert heran. Der siebenfache Weltmeister stand 2004 mit 1.24,408 Minuten auf der Pole Position.
Mit normalen Reifen.rücken noch schneller
Da spielt es auch keine Rolle, dass Pirelli dieses Jahr Supersoft-Reifen im Angebot hatte. Es liegt nicht an den Autos und den Motoren, dass die alten Rekorde nicht purzeln, sondern an den Reifen.
Lewis Hamilton hätte den Vettel-Rekord vermutlich geschlagen, hätte Pirelli nicht Reifen.rücke von 21,5 PSI vorne und 18,5 PSI hinten vorgeschrieben. Da beginnt man sich zu fragen, warum die Formel 1 für 2017 breitere und schnellere Autos einführen will. Für horrende Kosten, die den kleinen Teams wieder das Wasser bis an den Hals treiben.
Die Entwicklung senkt die Rundenzeiten ganz automatisch. In diesem Jahr haben die Autos knapp 10 Prozent mehr Abtrieb und 40 PS mehr Leistung. Die seitliche Last auf die Reifen kletterte laut Pirelli um 100 Kilogramm. Auch die Top-Speeds sind wieder gestiegen. Wenn die Formel 1 am 30. April das McLaren-Konzept mit 160 Zentimeter Karosseriebreite absegnet, dann steigen die Lasten auf die Reifen noch einmal um 18 Prozent.
Schnellere Autos, langweilige Rennen
Abgesehen davon, dass es für Pirelli immer schwieriger wird, Reifen zu bauen, die diesen Kräften ohne massiven Gripabbau und Verschleiß standhalten, kommen immer mehr Zweifel auf, ob die Formel 1 den richtigen Weg geht. Die Experten sind sich einig, dass schnellere Autos langweiligere Rennen provozieren. Weil das Überholen schwieriger wird. Und weil die Fahrer dann wieder wie auf Schienen durch die Kurven rollen. Was vielleicht schnell ist, aber nicht schnell aussieht.
Mercedes-Technikchef Paddy Lowe, sein Kollege Pat Symonds von Williams und Force India-Technikdirektor Andy Green zählen zu den Ingenieuren, die davor warnen, diesen Schritt zu tun. "Wenn wir uns auf breitere Autos einmal festlegen, gibt es kein Zurück mehr wie beim Qualifikationsformat. Dann hat jeder zweistellige Millionensummen in Autos investiert, die sich vielleicht als ein Schuss nach hinten herausstellen."
Hamilton hat Alternativ-Vorschlag
Es gäbe eine einfache und billige Lösung, um das zu erreichen, was sich Bernie Ecclestone wünscht. Lewis Hamilton hat den Vorschlag: "Erhöht den mechanischen Grip, reduziert die Aerodynamik, nehmt Gewicht raus. Dann wären die Autos wieder schwierig zu fahren."
Das hieße: Lasst die Aerodynamik wie sie ist, macht die Reifen breiter, senkt das Mindestgewicht um 50 Kilogramm, kürzt den Radstand von derzeit rund 3,50 auf 3,10 Meter. Das wären allein 20 Kilogramm.
Die Autos wären giftiger in ihren Reaktionen und schwieriger zu fahren. FIA-Rennleiter Charlie Whiting verrät: "Wir haben versucht, die Teams von kürzeren Autos zu überzeugen. Sie lehnen es ab, mit dem Argument, dass es dann schwieriger wird, Motor, Getriebe, Kühler und Hinterachse zu verstauen. Dabei würden alle Autos nur etwas breiter im Heck werden."
Der Abtriebsverlust wäre für alle gleich. Ein solcher Eingriff hätte noch einen Vorteil. Pirelli könnte die breiteren Reifen mit den aktuellen Autos testen. Sie bräuchten kein extra Testauto, das keiner bauen will.