Branchen-Barometer
Urlaub mit dem Reisemobil ist so beliebt wie nie: Steigende Zulassungen und wachsende Umsätze sorgen für positive Stimmung in der Branche. Die Reisemobilwelt in Zahlen und Fakten.
Von dem leicht angestaubten Image hat sich der Reisemobilurlaub längst befreit. Freizeitmobile sind mittlerweile richtig schicke und komforbable Reisevehikel. Und begehrter denn je. Entsprechend gut geht es der deutschen Caravaningbranche. Zu dieser Erkenntnis kommt man nicht nur, wenn man zu Jahresbeginn über die CMT in Stuttgart geht und in viele zufriedene Gesichter blickt. Auch die nackten Zahlen sprechen eine deutliche Sprache.
Die Zahl der Neuzulassungen schlägt alle Rekorde
Um 9,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Neuzulassungen der Freizeitfahrzeuge 2015. 28.348 Reisemobile und 18.795 Caravans wurden von Januar bis Dezember in Deutschland neu in den Verkehr gebracht. Das ist ein Plus von 9,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr und damit das beste Ergebnis seit über 20 Jahren. Alle vier Quartale schlossen 2015 mit Bestwerten ab. Sogar das Rekordergebnis von 2014 wurde noch einmal übertroffen. Gegenüber dem Krisenjahr 2009 bedeutet der neue Spitzenwert sogar ein Plus von über 60 Prozent.
Die steigenden Zulassungszahlen bringen naturgemäß auch steigenden Umsatz mit sich. So erzielte die deutsche Caravaningindustrie im Jahr 2015 einen Rekordumsatz von 7,57 Milliarden Euro und damit das beste Ergebnis in der Geschichte, zu dem auch das Geschäft mit Zubehör und Fahrzeugen aus zweiter Hand kräftig beitrug.
Rekordumsätze in der Caravaning-Branche
Der gewerbliche Handel mit gebrauchten Reisemobilen und Caravans erzielte einen Umsatz von 2,83 Milliarden Euro – ein Plus von 3,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Besitzumschreibungen von gebrauchten Freizeitfahrzeugen in Deutschland übertrafen bis Ende November 2015 mit 122.582 Einheiten das Ergebnis des Vorjahreszeitraums um 3,6 Prozent. Das geht aus den Statistiken des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) hervor, die jährlich vom DCHV (Deutscher Caravaning Handels-Verband) ausgewertet werden.
Eine positive Entwicklung betrifft auch die Produktionszahlen, die sich wieder auf dem Vorkrisenniveau von 2008 bewegen. Die deutschen Hersteller erhöhten nach Informationen des Caravaning Industrie Verbands Deutschland (CIVD) die Produktion im letzten Jahr auf 46.140 Fahrzeuge. Davon gingen insgesamt 19.671 Reisemobile in den Export. Besonders erfreulich: Das Ausland, vor allem der für die deutsche Industrie so wichtige französische Markt, zieht wieder an. Drittgrößtes Reisemobilland in Europa ist Großbritannien mit einer enormen Steigerung um 21,1 Prozent auf 10.577 Einheiten. Wegen steigender Umsätze und Neuzulassungen erwarten 95 Prozent der Hersteller weitere Zuwächse sowohl im Inlands- als auch im Auslandsgeschäft. Nur insgesamt fünf Prozent gehen von einem lediglich stabilen Geschäftsverlauf aus. Mit einer negativen Entwicklung rechnet kein Hersteller.
Krise gemeistert: Der Export läuft wieder an
Analog zur positiven Entwicklung der Auslandsmärkte hat sich das Exportniveau im vergangenen Jahr deutlich erhöht, und die positiven Erwartungen der befragten CIVD-Mitglieder an das Jahr 2016 haben sich im Vergleich zum letzten Jahr beinahe verdoppelt. 95 Prozent glauben an den Turnaround im Ausland, erwarten einen Nachfrageanstieg bei Reisemobilen in Europa. "Nach einem herausragenden 2015 sind die Erwartungen an das noch junge 2016 entsprechend optimistisch, und nahezu die gesamte deutsche Caravaningindustrie setzt auf ein Wachstum", gibt Hans-Karl Sternberg, Geschäftsführer des CIVD, zu Protokoll.
Von der wachsenden Zahl der Freizeitfahrzeuge profitiert auch der deutsche Campingtourismus, der mit voraussichtlich erstmals über 30 Millionen Übernachtungen auf deutschen Campingplätzen ebenfalls einen Rekord aufgestellt hat.
55 Prozent aller befragten Leser planen einen Reisemobil-Kauf
Für Industrie und Handel war 2015 also ein erfolgreiches Jahr, und die Aussichten für 2016 scheinen rosig zu sein. Schaut man sich die Ergebnisse der Leserwahlumfrage von promobil an, so kann man das nur bestätigen. Auf die Frage "Haben Sie vor, in den nächsten ein bis zwei Jahren ein Reisemobil zu kaufen?" antworteten 55 Prozent der Befragten mit "ja", sieben Prozent waren unentschieden und 38 Prozent antworteten mit "nein". Zum Vergleich: Im Vorjahr antworteten auf dieselbe Frage 52 Prozent mit "ja". Am beliebtesten sind bei den Teilnehmern übrigens die Teilintegrierten über 50.000 Euro sowie die Integrierten über 70.000 Euro, gefolgt von günstigeren Teilintegrierten bis 50.000 Euro. Gleichbleibend hoch ist das Interesse an Campingbussen mit Bad.
Die Frage, ob Neu- oder Gebrauchtfahrzeug, hält sich bei den Kaufwilligen in etwa die Waage: Während zwölf Prozent noch unentschieden sind, wollen sich 47 Prozent ein Neufahrzeug zulegen, 41 Prozent ziehen einen Gebrauchten vor. Splittet man die Kaufabsichten nach Basisfahrzeugen auf, lässt erwartungsgemäß der Fiat Ducato mit 55 Prozent die Konkurrenz weit hinter sich. Auf dem zweiten Platz folgt mit zehn Prozent der Mercedes Sprinter vor dem Iveco Daily mit sieben Prozent.
Kunden müssen mit langen Lieferzeiten rechnen
Der Boom in der Freizeitfahrzeugbranche hat aber auch seine Schattenseiten. So schön steigende Umsätze und Zulassungsrekorde für die Hersteller auch sein mögen, so unliebsam sind manche Konsequenzen daraus für den Endkunden. Bei manchen Hersteller. sind beispielsweise die Produktionen schon zu über 100 Prozent verkauft – lange Wartezeiten bei Neubestellungen sind die Folge. Die Auswirkungen der hohen Produktionsauslastung auf die Qualität muss man ebenfalls beobachten.
Stimmen aus der Reisemobil-Branche
promobil hat die Geschäftsführer dreier großer deutschen Reisemobil-Marken zum Boom und zur Entwicklung in Ihren Unternehmen befragt
- Bernd Wuschack, Carthago: "Das Jahr 2015 war für Carthago das erfolgreichste überhaupt. Für 2016 rechnen wir mit einem stabilen Markt. Durch entsprechende Neuvorstellungen und den Ausbau unserer Marke Malibu planen wir weiteres Wachstum in neuen Segmenten."
- Martin Brandt, Erwin Hymer Group: "2015 stand für die Erwin Hymer Group hauptsächlich das weitere Zusammenwachsen als Unternehmensgruppe im Vordergrund. Um vermehrt Brancheneinsteiger für unsere Urlaubsform zu begeistern, bauen wir das Vermietgeschäft aus."
- Wolfgang Speck, Knaus Tabbert: "2015 haben wir ein Wachstum von 300 auf 350 Millionen Euro Umsatz hingelegt. Auch für 2016 erwarten wir weiteres Wachstum in Richtung der 400-Millionen-Euro-Marke. Die Eröffnung unserer neuen Fabrik in Ungarn ist hierfür ein wichtiger Meilenstein."
"Die Chance beim Schopf packen"
Ein Kommentar von promobil-Redakteurin Anne Mandel
Es läuft rund in der Caravaningbranche, die Meldungen von Umsatz- und Zulassungsrekorden nehmen dieser Tage kein Ende. Was der Branche recht ist, sollte dem Kunden billig sein – oder nicht? Zugegeben: Von steigenden Umsätzen hat der Endverbraucher primär nichts. Wenn aber die Überschüsse zumindest teilweise in Qualitätssicherung und eine gute Betreuung auch nach dem Kauf investiert werden, gehen alle Beteiligten als Sieger vom Platz. Der aktuelle Boom kann dann der Grundstein für eine rosige Zukunft sein.