Elektromobilität: Deutsche Fahrer sind noch skeptisch

Das Elektroauto ist bei den deutschen Automobilherstellern ein großes Thema. In den Köpfen der Autofahrer ist es allerdings bislang noch nicht angekommen.
Die Spannung in der Münchner BWM-Zentrale ist nicht in Volt messbar. Die BMW-i-Fraktion der Entwickler und Marketing-Mitarbeiter kämpft intern immer noch um Anerkennung und tut alles, um Problemzonen der Elektrifizierung auf dem Markt und im Hause zu bagatellisieren. Die internen i-Kritiker zweifeln an einem kurzfristigen Erfolg der spannungsgeladenen Tochter-Marken.
Um Schwierigkeiten mit Elektroautos geht es auch in diesem "Switch Reloaded"-Clip auf MyVideo
Die Argumente reichen vom Markt, der noch nicht reif für das elektrische Fahren sei, bis zur fehlenden Infrastruktur an Ladestationen. Alles richtig, aber die gesetzlichen Vorgaben aus Brüssel erzwingen einen hohen Anteil an extrem CO2-armen Fahrzeugen. Um den vorgegebenen Flottendurchschnitt eines Herstellers ab 2020 auf 95 g/km zu drücken reicht es nicht, sparsamere Diesel und Benziner zu entwickeln. "Wir werden sehr viele Elektrofahrzeuge brauchen, um den Grenzwert ab 2020 zu schaffen", stellt BMW-Chef Norbert Reithofer nüchtern fest.
Die mathematische Logik, den Durchschnittsverbrauch einer Flotte auf das gesetzliche Höchstmaß zu senken, birgt in ihrer Dramatik noch viele Überraschungen. Jedenfalls, solange die Autohersteller auch große und leistungsstarke Fahrzeuge im Modellprogramm haben. Und die sind nach wie vor überall auf der Welt heiß begehrt. Um den Flotten-Grenzwert zu erreichen, müssen am Ende des Tages mehr Elektrofahrzeuge auf der Straße rollen als konventionell angetriebene. Ein Gedanke, an den man sich erst gewöhnen muss.
Dass die deutschen Hersteller daran scheitern könnten, ist nicht zu erwarten. Mittlerweile bieten alle Firmen zahlreiche Modelle als reine Elektrofahrzeuge oder als Plug-in-Hybride an, die angemessen weit rein elektrisch fahren können (zwischen 30 und 50 Kilometer), bevor sich der Verbrennungsmotor dazu schaltet. Wer nur kurze Strecken fährt, kann ganz auf das Tanken verzichten, so lange er eine Steckdose zum Laden der Batterien zur Verfügung hat. Und reine Elektrofahrzeuge wie der e-up von VW oder der Electric Drive aus der B-Klasse von Mercedes bieten Reichweiten, die für den Alltag reichen: bis zu 200 Kilometer, die aber je nach Fahrweise und Witterung schrumpfen können.
"Warum ein Auto, das weniger für mehr Geld bietet?"
Die Herausforderungen auf dem Weg zum elektrischen Fahren sind also noch riesengroß. "Wir werden das autopilotierte Fahren wahrscheinlich schneller im Markt durchsetzen können als einen großen Marktanteil an Elektrofahrzeugen", gibt sich ein Experte bei Audi skeptisch. "Dabei müssen alle wissen, dass ein solcher Technologie-Wechsel lange dauert." Das Problem ist vor allem: Die Technik ist da, aber die Kunden-Skepsis ist noch zu groß. Und billig ist ein E-Auto auch nicht. "Warum soll ich mir ein Auto kaufen, das weniger für mehr Geld bietet?", fragt ein Autofahrer in einem Leserbrief. Das ist die Krux: Das Umdenken muss vom Markt her kommen. Erst dann wird der Anteil an Stromern signifikant steigen.
In Ländern wie Norwegen, wo das Elektromobil bereits boomt, ist es nicht das Umweltbewusstsein, das den Markt schafft, sondern staatliche Förderung. Da wird die Mehrwertsteuer (25 Prozent) beim Autokauf erlassen, Strom darf kostenlos gezapft und auf der Busspur gefahren werden. Auch die Citymaut in Oslo entfällt. Bei einer Gesamtbevölkerung von rund fünf Millionen sind immerhin schon fast 40.000 Elektrofahrzeuge zugelassen. In Deutschland gerade mal 13.000. Einerseits will die Politik hierzulande in fünf Jahren eine Million E-Fahrzeuge zugelassen wissen, andererseits hält sie nichts von staatlicher Förderung. Mittlerweile ist klar, dass die Hoffnungen der Kanzlerin sicher nicht erfüllt werden. Dass den Kommunen in Deutschland nächstes Jahr freigestellt werden soll, die Busspuren für Elektrofahrzeuge zuzulassen, "ist kein Anreiz, der Wirkung zeigen wird", sagt ein Audi-Manager.