Kia Niro PHEV Facelift im Fahrbericht
Für die beiden Hybrid-Versionen des Kia Niro gibt es eine Modellpflege, die mit einigen Verbesserungen aufwartet. Wir waren mit dem Kia Niro Plugin-Hybrid auf Testfahrt.
Mit dem Niro ist Kia allein auf weiter Flur. Kein anderer Hersteller hat in einem SUV-Modell gleich drei alternative Antriebe zu bieten. Im Falle des Niro sind das der Standard-Hybrid, der Plu-in-Hybrid und der rein elektrisch angetriebene Kia E-Niro. Die beiden Hybrid-Versionen erhielten im Gegensatz zum Elektro-Niro zum neuen Modelljahrgang ein Facelift, das auch aus technischer Sicht einige Fortschritte bringt.
Die optischen Änderungen finden sich in der neuen Frontschürze mit geändertem Design für die LED-Tagfahrlichter, einer modifizierten Heckschürze sowie geänderter Rückleuchtengrafik. Umfangreicher fällt jedoch die Anpassung der „inneren Werte” aus. Nicht nur bei der Gestaltung des neu designten Armaturenbereichs samt volldigitalen Instrumenten (gegen Aufpreis), sondern vor allem beim neuen Infotainment-System mit bis zu 10,25 Zoll breitem Touchscreen, das neben einer besseren Bedienbarkeit noch weitere Vorteile mit sich bringt.
Neue Smartphone-App zur Fernsteuerung
Der wichtigste dabei ist die nun serienmäßige Einbindung des Niro in das LTE-Netz, die Vor-Facelift-Versionen waren hier noch auf das Smartphone des Besitzers angewiesen. Damit einher geht auch eine neue Smartphone-App (UVO Connect), die den Niro PHEV in Sachen “Fernbedienung„ nun zumindest teilweise auf den aktuellen Stand des Wettbewerbs bringt. Wichtig ist das beispielsweise, um das Auto in einer fremden Stadt per App zu orten oder vor Fahrtbeginn ein Routenziel ins Navigationssystem zu übertragen. Die speziell für einen Plugin-Hybrid sinnvolle Stand-Klimatisierung lässt sich im Gegensatz zu PHEV anderer Marken leider auch weiterhin nicht aktivieren. Damit könnte der Wagen, solange er noch am Ladekabel hängt, reichweitenneutral vorgewärmt oder -gekühlt werden.
Bei der Technik des Niro PHEV gibt sich Kia betont konservativ. Vom normalen Hybrid unterscheidet sich die Plugin-Variante nur durch die externe Auflademöglichkeit und die größere Traktionsbatterie. Die Antriebstechnik bleibt identisch: Der 1,6-Liter Direkteinspritzer-Saugbenziner mit 105 PS erhält Unterstützung durch einen 40 kW-Elektromotor, der zwischen Verbrenner und Getriebe montiert ist. Über eine Kupplung kann er vom Verbrenner getrennt werden, wodurch der Benzinmotor auch unabhängig vom Antrieb mitlaufen kann, um beispielsweise die Traktionsbatterie zu laden oder über einen Wärmetauscher die Heizung anzusteuern. Für die Schaltarbeit setzt Kia auf ein klassisches Doppelkupplungsgetriebe mit sechs Gängen.
Eher gemütlich als rasant
Der Benziner der Hybrid-Niros arbeitet nach dem Atkinson-Prinzip mit variabler Steuerung der Einlassventile. Hierdurch kann der Beginn des Verdichtungstaktes unterschiedlich gestaltet werden, was Vorteile bei den Emissionen und den Verbrauchswerten bringt. Die Nachteile des Atkinson-Verfahrens (schwaches Drehmoment, mäßige Drehfreude) werden vom E-Motor wieder ausgeglichen, weshalb dieses Motorenkonzept in erster Linie in Hybrid-Umgebungen eingesetzt wird.
Das Gesamtpaket aus E-Maschine und Verbrenner im PHEV-Niro bringt es auf eine Systemleistung von 141 PS, was angesichts des Leergewichts (bis zu 1.651 Kilo je nach Ausstattung) schon von vorne herein klar macht, dass hier keine Dynamik-Heldentaten zu erwarten sind. Weder bei der Beschleunigung (10,8 Sekunden auf Tempo 100) noch bei der Höchstgeschwindigkeit (172 km/h) lässt sich der Plugin-Niro als Vollstrecker verwenden. Auch die komfortbetonte Auslegung des Fahrwerks und die weitgehend gefühlfrei arbeitende Lenkung unterstreichen den Softie-Charakter des Teilzeit-Elektrikers.
Weil für viele Alltagsfahrten die versprochenen 58 Kilometer Reichweite von Steckdose zu Steckdose völlig ausreichen, gilt das besondere Interesse dem rein elektrischen Antrieb des E-Niro. Der lässt sich zwar per Schalterdruck priorisieren (außerdem lässt sich noch ein “Hybrid”- und ein „Automatik”-Modus aktivieren), doch das Ergebnis dieser Schalterwahl ist im Realbetrieb etwas undurchsichtig, weil nicht wirklich spürbar. Bei ausreichend Füllstand im Akku fährt der Niro PHEV in allen Modi bevorzugt elektrisch. Und umgekehrt springt der Benziner auch bei ausdrücklich gewähltem reinen Elektromodus mit an, wenn etwas mehr Leistung abgefordert wird – dieses Auswahl-Procedere hätte man sich dann auch sparen können. Rein elektrisch beschleunigt der Niro innerorts recht brauchbar, außerorts dann doch eher schütter, allerdings immerhin bis über 100 km/h. Ein für Pendler wichtiger Aspekt, weil der E-Antrieb damit auch für den Landstraßeneinsatz über mehrere Kilometer taugt.
Rekuperiert wird im Schiebebetrieb über die Elektromaschine im Getriebe, der Starter-Generator am Benzinmotor steuert Ladeleistung bei, sobald der Verbrenner läuft. Das funktioniert in der Praxis außerordentlich unauffällig und effektiv. Vom Hin und Her der Antriebsarten bekommt der Fahrer wenig mit, auch das Getriebe schaltet unauffällig und ohne merkliches Geruckel. Vor allem ist der Niro aber auch im gemischten Hybrid-Betrieb ohne ausreichend Akku-Reserven für rein elektrisches Fahren ein sehr sparsames Auto, das sich laut Verbrauchsrechner bei verhaltener Fahrweise im Schnitt mit rund vier Liter bewegen lässt. Rechnet man hierzu die je nach Fahrprofil auch in der Praxis möglichen rund 50 Kilometer rein elektrische Fahrstrecke, ist bei 100 Kilometern Mischbetrieb die Zwei vor dem Komma durchaus realistisch.
Was dem Kia Niro Plugin-Hybrid jedoch fehlt, ist eine Funktion zum “Strom ansparen”. Die Traktionsbatterie wird stets komplett entleert und dann wie bei einem normalen Hybrid während der Fahrt schlückchenweise nachgefüllt. Um sich bei einer längeren Überlandfahrt für den am Fahrtende bevorstehenden Innenstadtstau etwas Akku-Kapazität „beiseite zu legen”, hält der Niro keine Möglichkeit bereit. Kia begründet das mit dem Komfortbedürfnis der Kunden, die keine große Auswählerei schätzen würden. Wir meinen: Ein zusätzlicher Unterpunkt im Fahrmodus-Menü würde das Ganze sicher nicht über Gebühr verkomplizieren. Allerdings, so ein Kia-Ingenieur, sei bereits eine entsprechende Funktion nach dem “ Geofencing”-Prinzip für das Navigationssystem in Entwicklung, die bei Bedarf schnell integriert werden könne. So könnte der Niro dann anhand der vorausberechneten Strecke erkennen, wenn eine Verbrenner-Verbotszone auf dem Weg liegt und die hierfür benötigte Antriebsenergie im Akku belassen.
Kia Niro Plugin-Hybrid: Der Preis
Bliebe noch der Blick auf das Kostenkapitel, das auf den ersten Blick nicht ausgesprochen gut für den PHEV-Niro ausfällt. Denn während der Standard-Hybrid als Edition 7 mit 26.990 Euro Startpreis antritt, ist der PHEV, ebenfalls als Edition 7, erst ab 33.990 Euro zu haben. Zwar lassen sich die gleichnamigen Ausstattungsvarianten von Standard- und Plugin-Hybrid nicht 1:1 vergleichen, der PHEV hat einige zusätzliche Goodies an Bord, doch der Aufpreis von 7.000 Euro letztlich nur für die zusätzlichen 7,3 kWh Speicherkapazität plus Ladetechnik (HEV 1,56 kWh, PHEV 8,9 kWh, Rest der Technik identisch) fällt doch recht hoch aus. Andererseits gibt es jedoch für Neuwagenkäufer den PHEV-Umweltbonus von 3.000 Euro (plus Steuer), der Hybrid-Kunden verwehrt bleibt. Zusätzlich sparen PHEV-Besitzer bei der Kfz-Steuer und profitieren, sofern dies im persönlichen Einsatz von Belang ist, seit neuem von der auf 0,5 Prozent reduzierten „Dienstwagensteuer”. Da haben Interessenten also einiges zu rechnen. Zumal der e-Niro, allerdings noch in der Vor-Facelift-Version, ja auch schon bei 35.290 Euro startet.