Mercedes SL 500: Letzte Ausfahrt bis zum Frühjahr
Für wahre Cabrio-Freunde beginnt eine stille und traurige Zeit. Weil es oben ohne zu stürmisch und zu kalt wird, lassen sie ihren automobilen Stolz in der Garage überwintern.
Auch für die ganz hartgesottenen Motorrad-, Oldtimer- oder Cabrio-Fans ist Ende November die letzte Frist für ein Saisonkennzeichen. Alle Steuer- und Versicherungs-Sparfüchse motten ihr Gefährt für vier oder fünf Monate ein, bis die ersten wärmenden Sonnenstrahlen im April oder Mai das edle Blech wieder küssen.
Start zu einer allerletzten Ausfahrt in diesem Jahr in einem noblen Cabriolet, einem Mercedes SL 500 Roadster. Der knackige Zweitürer kostet laut der aktuellen Mercedes-Preisliste ab 120.011 Euro, mit der üppigen, 52-seitigen Preis- und Aufpreisliste lässt sich der 435 PS starke Achtzylinder aber locker auf über 140.000 Euro aufhübschen. Es gibt zur Zeit vier SL-Modelle. Basismodell der SL-Baureihe zum Preis von 97.282 Euro ist der SL 400 mit 333 PS, die in einem Dreiliter-V6-Motor produziert werden. Die beiden Spitzenmodelle kommen von Mercedes-AMG. Der SL 63 hat einen 5,5-Liter-V8-Biturbo mit 585 PS zum Preis ab 160.590 Euro. Ein Monster-V12-Triebwerk befeuert den SL 65 mit unglaublichen 630 PS. Saftig ist hier auch der Preis: ab 238.833 Euro.
Die goldene Mitte, der von uns getestete SL 500, ist ein herrlicher Spaßbringer und zugleich auch das Vernunftmodell dieser Oben-ohne-Klassiker. Bei traumhaft herbstlicher Sonne steigen wir auf die sehr bequemen Sport-Ledersitze des um 125 Kilogramm abgespeckten, aber noch immer 1785 Kilogramm schweren Cabriolets. Zum Motoranlassen gibt es einen Startknopf aus gebürstetem Aluminium, denn dank Keyless-Go (kostet 1.826,65 Euro Aufpreis) bleibt der Fahrzeugschlüssel in der Hosen- oder Jackentasche. Da die Sonne dazu verführt und die Außentemperatur im Cockpitinstrument immerhin mit 12,5 Grad Celsius angezeigt wird, heben wir den Hebel für den vollautomatischen und elektrohydraulischen Dachöffnungsmechanismus an. Es dauert keine 20 Sekunden und das Klappdach verschwindet surrend im Kofferraum. Drei Dachvarianten stehen zur Wahl: entweder in Wagenfarbe lackiert, mit normalem Glasdach oder als Panoramadach, dessen Transparenz sich wahlweise hell oder dunkel schalten lässt - auch auf Knopfdruck.
Elektronische Helfer für perfektes Fahrverhalten
Zunächst brabbelt der V8 im Leerlauf äußerst dezent, aber mit der Friedlichkeit hat es bei der Beschleunigung auf Tempo 100 in 4,6 Sekunden ein jähes Ende. Vorher werden aber noch einige Knöpfe gedrückt, wie "Sport" für einen zügigeren Gangwechsel und "ABC" zur Aktivierung des ABC-Fahrwerks - Active Body Control. Hier reagieren elektronische Helferlein in Millisekunden auf Seitenneigungen, Nickbewegungen und Fahrbahnunebenheiten, gleichen diese aus und verwöhnen so die anspruchsvolle SL-Kundschaft mit einer verblüffend ruckelfreien Fahrt. Aber nicht nur diese Beschleunigung, sondern auch das Kurvenverhalten ist nahe der Perfektion. Mercedes hat wieder einmal einen Cabrio-Traum geschaffen.
Zwei weitere Annehmlichkeiten gilt es besonders zu erwähnen: Zum einen der revolutionäre Scheibenwischer, der Magic Vision Control genannt wird und aus Dutzenden Löchern im Wischerblatt die Reinigungsflüssigkeit für ein optimales Ergebnis direkt auf die Scheibe tröpfelt. Und das zwar etwas respektlos aussehende, aber sehr sehr praktische Kicken unter den Heckstoßfänger, der so den Kofferraumdeckel nicht nur öffnet, sondern auch wieder verschließt. Ein wirklich komfortabler Cruiser, eigentlich viel zu schade für die Garage.
Technische Daten: Zweisitziger Roadster der Luxusklasse, Motor: V8-Benziner mit Doppelturbo, Hubraum: 4.663 ccm, Leistung: 435 PS, max Drehmoment: 700 Newtonmeter, 0-100 km/h: 4,6 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h (elektronisch abgeregelt), Verbrauch: 9,2 l Super/100 km, CO2: 214 g/km, Emissionsklasse: Euro 6, Kofferraum: 241-381 Liter, Preis: 120.011,50 Euro.