VW-Dieselskandal-Autos in USA mega begehrt

Modifiziert und mit einer Garantie versehen, gehen Dieselskandal-Autos in den USA weg wie geschnitten Brot. Während sich die Konkurrenz zurückzieht, steigen die Verkäufe bei VW.
In den USA mussten VW und Audi nach dem Dieselskandal die betroffenen Autos zurückkaufen und so modifizieren, dass die Abgasreinigungsvorrichtungen auch während der Fahrt korrekt funktionieren. Die umgerüsteten Fahrzeuge bekamen nach einer Vorgabe der US-Regierung zudem eine erweiterte Garantie. Nun sind die Autos wieder auf dem Markt – und finden reißenden Absatz.
Laut der New York Times sind die Händler von der Nachfrage nach umgerüsteten Dieselautos vollkommen überrannt – erste Sorgen machen sich breit, dass die Vorräte bald erschöpft sein könnten. Ein Händler äußert gegenüber der New York Times, dass er bereits mehr umgerüstete TDIs verkauft habe, als er während des Skandals zurückkaufen musste. Chad Probst, Chef von Vorderman Volkswagen im US-Bundesstaat Indiana, freut sich, dass Kunden sogar extra aus anderen Bundesstaaten einfliegen, um sich bei ihm mit VW-Dieselmodellen aus der Abgasskandalzeit einzudecken. Er frohlockt, dass er keinerlei Werbung machen müsse – die Kunden kämen ganz von allein. 50 bis 60 Diesel-VW gingen pro Monat an die Kunden.
Klassische Dieseltugenden und günstiger Preis
Die Autos sind in großen Gruppen von teilweise 23.000 Exemplaren auf über einem Dutzend über die gesamten USA verstreuten Abstellflächen geparkt. Händler ersteigern diese Fahrzeuge auf Auktionen und müssen nicht nur die Abgasnachbehandlung updaten, sondern nach meistens zwei Jahren Stillstand auch alle Flüssigkeiten tauschen sowie Reifen und Bremsen erneuern – trotzdem lohnt sich das Geschäft. Im Juni 2019 fragten 15 Prozent der VW-Kunden ihre Händler nach einem Diesel-Pkw.
Als Kaufgründe geben die Kunden zum einen die niedrigen Verbrauchswerte und zum anderen die erweiterte vierjährige Garantie an. Viele lockt auch der Preis: Kostete 2014 ein Jetta-Benziner in den USA ab 16.720 Dollar (aktuell umgerechnet zirka 15.082 Euro), waren für das Einstiegs-Dieselmodell 23.195 Dollar (20.922 Euro) fällig. Die gebrauchten Diesel haben jetzt ungefähr das Preisniveau der neuen Benziner erreicht. „Ich mochte die VW-Diesel-Pkw, als sie auf den Markt kamen, konnte mir damals aber keinen leisten.“ freut sich beispielsweise Techniker Alex Cieslak, der sich gerade einen umgerüsteten Diesel-Golf mit 14.500 Meilen auf der Uhr (23.335 Kilometer) für 14.500 Dollar (13.073 Euro) gekauft hat. Der Neupreis soll zirka 29.000 Dollar (26.146 Euro) betragen haben. Cieslak geht davon aus, dass der Motor eine Laufleistung von bis zu 400.000 Meilen (643.738 Kilometer) schafft.
Konkurrenz gibt freiwillig auf
Dieselautos haben in den USA nach wie vor einen guten Ruf – sie gelten als sparsam, langlebig und sogar ein bisschen sportlich. Zudem profitieren VW und Audi davon, dass die Konkurrenz schmilzt: Seit dem Dieselskandal ziehen sich immer mehr Hersteller aus dem Segment der Diesel-Pkw zurück. In den USA ist der Diesel nach wie vor eher als Motor für Trucks, Pickups und Geländefahrzeuge bekannt.
Knappheit ab Januar 2020
In den USA mussten Volkswagen und Audi fast 380.000 Skandalautos zurückkaufen – 100.000 sollen noch verfügbar sein. Mehr als die Hälfte davon sind Passats. Wegen der hohen Nachfrage steigen die Einkaufspreise. Aber die Gewinnspanne scheint hoch genug: Noch geben die US-Händler die erhöhten Einkaufskosten nicht an die Kunden weiter. Im Januar 2020 dürfte ersten Prognosen zufolge dann eine Verknappung des Angebots an Skandalautos eintreten, was Preisanstiege und damit wiederum ein Sinken der Nachfrage zufolge haben könnte.
Die Image-Delle, die VW wegen des Dieselskandals in den USA verkraften musste, haben die US-Kunden inzwischen längst vergessen. Die VW-Absätze steigen kontinuierlich und Alex Cieslak muss nach eigenen Angaben wegen seines Dieselskandal-Golfs keinerlei Häme seiner Freunde und Bekannten einstecken – nur über die Tatsache, dass er seit fünf Jahren vegan lebt, machen seine Kumpels ab und zu Witze.