BMW 340i vs. Jaguar XE S vs. Mercedes C 400 4Matic
Aufgeladene Sechszylinder-Triebwerke mit bis zu 340 PS stecken bei allen drei unter der Haube. Doch können der frisch renovierte BMW 3er und die noch junge Mercedes C-Klasse den Angriff des Jaguar XE abwehren?
Alles andere hätten die Fans wohl kaum verstanden. Das Modell eins nach dem rollenden Akustikgewitter namens F-Type durfte alles außer nuscheln. Also brüllt der Jaguar XE in seiner vorerst höchsten Ausbaustufe S auf dem Weg nach Hockenheim nicht nur den zurückhaltend fauchenden Mercedes C 400 4Matic, sondern auch den heiser knurrenden BMW 340i derart feldwebelig zusammen, als hätten sie ihre Stube nicht porentief gereinigt.
BMW 340i der leichteste im Trio
Klar, ein Unternehmen, das sich mit beeindruckendem Rückenwind in den weltweiten Zulassungsstatistiken nach oben pusten lässt, darf sich durchaus Selbstbewusstsein erlauben. Wer nun fürchtet, dass der Jaguar XE S seinen Passagieren ebenfalls den Marsch bläst, der wird angenehm enttäuscht.
Ins Interieur dringt zwar präsenter V6-Klang, doch die Frequenzen torpedieren nicht die Langstreckentauglichkeit der Limousine. Allerdings lässt das eher profane Röhren den anglophilen Kollegen Helmreich nicht sofort nach seinem Union-Jack-Shirt kramen. Hier fehlt dem Dreiliter-Triebwerk klanglich einfach das breite Kreuz, das er im F-Type zur Schau stellen darf. Was soll's, für die Wertung spielt das ja ohnehin keine Rolle.
Sehr wohl kommt es jedoch darauf an, was das Triebwerk mit dem Jaguar XE S so alles anstellt. Die Voraussetzungen scheinen gut, denn bei Jaguar klopfen sie sich gerne selbst dafür auf die Schulter, dass ihr Mittelklassemodell über den höchsten Alu-Anteil in seinem Segment verfüge. Twiggy auf vier Rädern also? Die Waage bringt Ernüchterung. Mit 1.705 Kilogramm wiegt der Jaguar zehn Kilogramm mehr als die C-Klasse mit Allradantrieb und sogar 73 Kilogramm mehr als der BMW 340i, bei dem sich die Münchner mit allem Möglichen wie Infotainment-Assistenzsystem-Trallala brüsten, aber nicht mit dem Gewicht.
Reihensechszylinder serviert V6-Triebwerke ab
Da am Ende jedoch die Ziffern auf dem Geschwindigkeitsmessgerät zählen und nicht die auf der Waage, geht's raus auf die Gerade. Mithilfe seiner im Sportmodus sehr fix schaltenden Achtstufenautomatik donnert der Jaguar XE S in 5,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h, bis 200 km/h vergehen insgesamt 19,5 Sekunden im Test.
Na? Wer kommt da mit? Ja nun, die beiden anderen, und zwar locker. Obwohl während der Schaltvorgänge der Siebengangautomatik beim Mercedes C 400 4Matic locker ein Genesis- oder Led-Zepplin-Prog-Rock-Zehnminüter abgespielt werden könnte, braucht er auf 100 km/h kein Zehntel länger. Sein wuchtiger Biturbomotor und der Allradantrieb mit starrer Kraftverteilung scheuchen die C-Klasse sogar in 19,2 Sekunden auf 200 km/h.
Und der BMW 340i im Test? 5,0 und 18,0 Sekunden. Punkt. Bereits bei dieser vergleichsweise profanen Messung deutet sich an, wie gut die Modellpflege dem 3er getan hat. Nein, damit ist nicht der ganze Optik-Klimbim gemeint, den ohnehin kaum jemand auf Anhieb entdeckt. Und, ganz ehrlich, das Interieur wirkt speziell im Vergleich zur Designer-Villa-ähnlichen C-Klasse noch immer wie eine alte Telefonzelle. Auch Jaguar gibt sich mehr Mühe bei der Einrichtung, zumindest auf den ersten Blick.
Der Antriebsstrang des BMW 340i allerdings lässt seine beiden Konkurrenten beinahe wie Pennäler dastehen, die unbedingt auf der angesagtesten Feier einer Studentenverbindung mitmischen wollen. Selbst beim Ansprechverhalten schafft es der neu konstruierte Reihensechszylinder aus dem großen Motorenbaukasten des Konzerns, die diesbezüglich gewiss nicht trantütigen V-Triebwerke der anderen abzuservieren – und da steht die große Drehzahlsause noch aus.
Eine kleine Drehzahlorgie mit dem BMW 340i
Ein Tapser Gas, zack, schon startet unter der Haube das ganzjährige Oktoberfest, obwohl sich BMW nicht dazu durchringen konnte, dem Top-Sechser wieder zwei Lader zu spendieren. Doch der eine bekommt offenbar die zu verdichtende Luft auf kürzesten Wegen serviert, baut schnell Druck auf. Kaum fliegt die Nadel des Drehzahlmessers im BMW 340i bei 1.400/min vorbei, hat er bereits alle 450 Newtonmeter beisammen. Dennoch fühlt sich das weniger nach der großen Aufladungs-Dampframme an als im Mercedes C 400 4Matic. Stattdessen nimmt der Schub gleichmäßig zu, während das Aggregat immer weiter dreht, über 6.000, ja sogar über 7.000/min hinaus. Wie der Jaguar XE S seine Leistung darreicht? Vergleich.weise undramatisch. Ungeachtet des Kompressors fehlt der Drehmomentzorn knapp oberhalb des Leerlaufs.
Der leicht langhubig ausgelegte Direkteinspritzer im Jaguar XE S verhält sich ähnlich saugmotorig wie der BMW, dreht jenseits von 6.000 Touren jedoch weniger besessen – eigentlich ist knapp über 6.500/min Schluss. Schwamm drüber, beim Slalom beispielsweise spielt der Antrieb eine untergeordnete Rolle, hier zählt das Fahrwerk mit Doppel-Querlenkerachse vorn und Aluminium-Integralachse hinten: Jaguar zeigt sich beim XE nicht knickerig.
Dazu trägt der Testwagen noch 19-Zoll-Räder mit 225er-Reifen vorn und 255ern hinten. Einzig die nötige Ruhe geht dem Jaguar XE S ab, damit sein Fahrer einen flüssigen Rhythmus erzielen kann, um in Bestzeit durch den 18-Meter-Slalom zu tanzen. Wie das? Da wäre zum einen die elektromechanische Lenkung, die aus der Mittellage heraus ein wenig gehetzt wirkt und überdies etwas sparsam mit Rückmeldung umgeht. Zum anderen zeigt das Heck des Jaguar XE S im Test eine etwas legere Einstellung zur Ideallinie – wie andere Modelle der Marke auch. Im Bemühen, nicht zu viel Unruhe aufkommen zu lassen, versickern wertvolle Zehntelsekunden im Asphalt: Mehr als 63,5 km/h sind mit dem Jaguar XE S nicht drin.
Ganz anders dagegen der Mercedes C 400 4 Matic: Er fährt derart entspannt um die Pylonen, als handelte es sich dabei bestenfalls um die schwäbische Kehrwoche. Seine Lenkung spricht im Vergleich zu der des Jaguar XE S geradezu verpennt an, und sein mit Luftfederung und adaptiven Dämpfern aufgerüstetes Fahrwerk lässt ein sicherheitsbewusstes, untersteuerndes Fahrverhalten durchschimmern. Als jedoch auf dem Display 10,11 Sekunden aufblinken (entspricht 64,1 km/h), schauen sich Fahrer und Beifahrer wissend an: Wieder eines dieser Mercedes-Modelle, die sich langsamer anfühlen, als sie tatsächlich sind.
BMW 3er fetzt um die Pylonen
Dem BMW 340i gelingt es sogar, die Zehn-Sekunden-Marke zu knacken. Mit 64,9 km/h fetzt er um die Pylonen, bleibt bei jedem schnellen Richtungswechsel neutral bis leicht übersteuernd. Zudem drückt der BMW 340i im Test mit seiner Lenkung dem Piloten verbindlich die Hand, auf geht's, pack ma's. Rückmeldung, Haltekräfte, Direktheit – die Mischung stimmt einfach.
Übrigens: Bei den Karosseriebewegungen schenken sich alle drei nichts im Test. Arbeiten die Dämpfer im jeweils straffsten Modus, herrscht diesbezüglich Ruhe. Der Federungskomfort gehört dann natürlich der Katz, selbst dem Mercedes C 400 4Matic kommt dann die Souveränität abhanden – und davon steckt reichlich in seiner Konstruktion. Ihr kann das heimische Straßennetz alles vor die Räder werfen, was es an Unebenheiten zu bieten hat, es wird einfach plattgebügelt. Selbst dann bleiben störende Vertikalbewegungen aus.
Beim Jaguar XE S sowieso, ebenso wie der BMW 340i neigt er zu gesunder Härte, manchmal auch zu ungesunder. Auf sehr mäßig ebenen Landstraßen beispielsweise kommen kurze Bodenwellen knallhart durch – und zwar auch über die Lenkung. Zusammen mit ihrem etwas spitzen Charakter führt das zu einer Nervosität, die den Fahrspaß ziemlich dämpfen kann. Dabei wäre Dämpfen doch eigentlich der Job des Fahrwerks, oder? Der BMW 3er leistet sich seit der Modellpflege wieder etwas mehr Härte als bislang, was sich vor allem beim Abrollen bemerkbar macht. Im Gegensatz zum Jaguar XE S verliert der BMW 340i jedoch nicht die Fassung, spricht selbst bei fiesen Unebenheiten zwar nicht sensibel, aber eben überhaupt an.
Vor allem aber bleibt die Lenkung frei von Einflüssen. Und beim Mercedes C 400 4Matic? Wie gesagt, Ruhe. Was das alles mit sport auto zu tun hat? Nichts. Zumindest nicht mit der Wertung. Doch da sport ja immer, auto aber meist nur abseits der Rennstrecke ist, darf der Hinweis auf diese Eigenschaften der Mittelklassehelden nicht fehlen.
Wer ist der beste auf der Rennstrecke?
Die Rennstrecke natürlich ebenso wenig, wir waren ja ohnehin schon auf dem Weg dahin, als der Jaguar XE S den Mercedes C 400 und den BMW 340i so einschüchternd anbrüllte, Sie erinnern sich. Voller Vorfreude grölt der Jaguar XE S nun aus der Boxengasse hinaus auf die Piste, bereit, seinem Erzfeind und Fernschachgegner BMW 340i zu zeigen, wo die Queen ihre Krone holt. Den Mercedes C 400 ignoriert er geradezu. Wie schon beim Klang, pflegt der Jaguar XE S ebenso beim Fahrverhalten die Familientradition.
Wie geprickelt stürzt er sich in enge Ecken wie die Ameisenkurve, aber auch in weitere Bögen wie die Sachskurve. Wer dort hineinbremst, merkt schnell, dass das Heck bereits jetzt mitmischen möchte. Ganz so wüst wie der XF R-S übersteuert der Jaguar XE S zwar nicht, doch hinten ist bei ihm gerne mal vorn, also Vorsicht. Das bedeutet: Tempo rausnehmen.
Jaguar XE mit viel Drehmoment und viel Gegenlenken
Dafür wieder früh ans Gas? Klappt auch nicht immer, denn über Drehmoment verfügt er ja reichlich, über Sperren dagegen weniger. Die Traktion an der Vorderachse scheint jener hinten also meist überlegen. Sicher, da mag sich der eine oder andere am Steuer vor Freude auf die Schenkel klopfen, wenn er nicht gerade mit Gegenlenken beschäftigt ist, nur eine Top-Rundenzeit bleibt der Jaguar XE S eben schuldig.
Womit wir wieder beim Hase-und-Igel-Rennen Jaguar gegen Mercedes wären: Die C-Klasse kann der Theatralik des Briten nichts entgegensetzen, schlurft untersteuernd über den Kleinen Kurs, will sich noch nicht einmal von wüstesten Provokationen zu einem Lastwechsel verleiten lassen. Sicher, ihr Fahrer sitzt genauso tief und wunderbar seitenhaltgestützt wie im Jaguar XE S, und dem mit 0,8 bar aufgeladenen V6 scheint die Kraft nie auszugehen, doch das dröge Fahrverhalten torpediert jegliche Lust auf eine weitere Runde.
Auch wenn sich auf dem Verwaltungsgebäude des Hockenheimrings der Stern dreht: Das ist nicht die Welt des Mercedes C 400 – und dennoch geht er mit der Rundenzeit des Jaguar XE S mit. Wie konnte das passieren? Achtung, fünf Euro ins Phrasenschwein: In der Ruhe liegt die Kraft. Und im serienmäßigen Allradantrieb die Traktion. Ungeachtet des ausgeprägten Hangs zum Untersteuern lässt sich bei entsprechend reduziertem Tempo eine schlüssige Linie finden, auf der die C-Klasse zudem ihren Traktionsvorteil ausspielen kann.
BMW macht Jag und Mercedes nass
Jetzt also der BMW 340i. Natürlich bleibt es nach dem Facelift bei der gewohnt tiefen Sitzposition in den gewohnt aufpreispflichtigen Sportsitzen (eine Frechheit, wirklich) und bei den wohl selbstverständlichsten Rundinstrumenten diesseits von Großmutters Wecker. Neu ist allerdings, dass nun in Kombination mit 18-Zoll-Rädern erstmals Reifen mit Notlaufeigenschaften ABgewählt werden können!
Dann ziehen die Bayern Michelin Pilot Super Sport auf – und davon macht der BMW 340i reichlich Gebrauch. Nahezu völlig neutral schießt er über den Kleinen Kurs, bei mutiger Leistungsabfrage gleitet er ins Übersteuern ab, wenngleich nur kurz.
Obwohl auch ihm eine Sperre fehlt, stimmt der mechanische Grip – der BMW 3er verfügt über die beste Gewichtsverteilung im Vergleich. Erneut beweist sich auch die Lenkung als Präzisionsinstrument, beantwortet Richtungsfragen, bevor sie überhaupt aufkommen. Das Getriebe teilt diesen Arbeitseifer, wechselt die acht Gänge schnell, reagiert zudem fix auf die Schaltbefehle per Paddel. Das Resultat: ganz klar die schnellste Rundenzeit. Dafür braucht's eben mehr als einen dramatischen Klang – was den Jaguar-Fans aber wohl ziemlich egal sein dürfte.