BMW 520i
BMW legt nach bei den Sechszylindern des neuen Fünfers. Der Zweiliter ist nun ebenso lieferbar wie der 2,5 Liter-Turbodiesel. Im Test der kleinste Reihensechser, mit 150 PS das Volumenmodell.
Der Kopf der technischen Entwicklung von BMW, Wolfgang Reitzle, sieht die Verbreitung des Sechszylinders in V-Form, oft erzwungen durch ein Frontantriebskonzept, mit lachenden Augen. So werde, folgert der talentierte Maschinenbauer, der Reihensechszylinder langsam, aber sicher zu einer Besonderheit im Motorenbau. Wenn die Sechszylinder gar so gut sind wie die der Bayerischen Motoren Werke, kann man getrost von einer besonderen Besonderheit sprechen. BMW ist, nicht zuletzt durch den beispiellosen Erfolg des alten Fünfers, zu einem Synonym für besonders hochwertige Sechszylinder geworden. Dass die Zylinder, wie schon beim ersten 2500 Jahrgang 1968, schön gestaffelt hintereinander stehen, macht die Sache prinzipiell gut. Dass die Produkte im Motorenbau im Laufe der Jahre immer besser wurden, liegt allerdings nicht am Prinzip, sondern am Know-how. Hier macht BMW so schnell keiner etwas vor. Die Wiege zu solcher Maschinen-Hegemonie markiert tatsächlich der vor annähernd drei Jahrzehnten debütierende BMW 2500, „ein Auto“, wie auto motor und sport einst formulierte, „ von dem man sprechen wird“. Man tat es, und man tut es, wie Figura zeigt, heute noch. Denn wie die Kennziffern ausweisen, genügen heute zwei Liter BMW-Volumen für jene 150 Pferdestärken, die den alten 2500 zu einem einsamen Wolf in der Upperclass machten. Interessant auch der Vergleich der Nenndrehzahlen. 6000 Touren brauchte die alte, mit zwei Registervergasern versorgte Maschine, 5900 benötigt der aktuelle, im Volumen um eine 500er BMW darunter liegende Sechszylinder. Dass er mit 1,5 Tonnen, trotz Leichtmetall-Fahrwerks, rund 150 Kilogramm über dem alten großen BMW liegt, darf als Zug der Zeit interpretiert werden. Alle wurden schwerer, nicht zuletzt wegen gestiegener Ansprüche an Komfort und Sicherheit. Anderthalb Tonnen also bringt der aktuelle 520i auf die Waage. Obwohl er nicht schwerer geriet als der Vorgänger, stellt sich erneut die Frage, wie sich die nur 1991 Kubikzentimeter Motorvolumen der stattlichen Umhüllung annehmen werden.
Psychologisch gesehen suggeriert, wie schon beim Vorgänger, die hohe Zylinderzahl einen ganz anderen, nämlich weit höheren Hubraum. Aber es bleib für den Einstieg so wenig – kaum mehr, als man auch in der Golf-Klasse für ganz normal hält. Wie üblich bei den BMW-Sechszylindern ist schon der Leerlauf ein Genuss. Ausgenommen von diesem Lob bleibt der Diesel, der dumpf brummelt. Der 520i summt; man ahnt nur, dass hier eine mit 66 Millimeter Hubultrakurzhubige Kolbenmaschine mit vier Ventilen pro Zylinder, Einzeleinspritzung, zylinderselektiver Klopfregelung, digitaler Motorsteuerung, einer Phasenverstellung auf der Einlassseite und dem hohen Verdichtungsverhältnis von elf zu eins Dienst tut. Wohlklang ist angesagt – bei 1000 Umdrehungen genauso wie bei jenen 6000, die der Zweiliter, der geringeren Massen wegen, noch spielerischer erreicht als seine größeren Brüder 523i und 528i. Die Leistungsentfaltung lässt natürlich den Bums des 2,8-Liters vermissen, ist aber gerade in Anbetracht des zierlichen Hubraum. aller Ehren wert. Eine gewisse Drehmomentschwäche besteht nur noch zwischen 1000 und 2000 Touren, darüber legt der Reihensechser kontinuierlich zu, um im Bereich zwischen 4000 und 5000 Umdrehungen eine Art Nachbrenner einzuschalten. Spätestens jetzt kommen auch die chronisch eiligen BMW-Fahrer auf ihre Kosten.
Der kleine Hubraum ist vergessen; was bleibt, ist der Eindruck wahrer 150 Pferdestärken, die diesen BMW in knapp unter zehn Sekunden auf 100 pusten. Damit zeigt sich der Zweiliter-Sechszylinder in der Retrospektive dem alten 2500 gewachsen. Auch er war nicht temperamentvoller, obwohl er über das bessere Leistungsgewicht verfügte. Volles Ausnutzen der Leistung ist jedoch nur die eine Seite des Vergnügens. Auf verkehrsarmer Autobahn führt dies ohne besondere Anstrengungen zu Geschwindigkeiten, die man in dieser Mühelosigkeit zunächst nicht für möglich hält. Hier wirkt sich die Verbesserung des cW-Wertes auf 0,27 beim 520i deutlich aus. Auch jenseits von 170 km/h legt der entfesselte Zweiliter spürbar zu. Das Drehzahlniveau ist allerdings hoch. 6000 Touren im fünften Gang erreicht man ohne großen Aufwand an Strecke, bei fallender Bahn zeigt der Drehzahlmesser gelegentlich ins Rote. Vom Laufgeräusch her deutet auch dann nichts auf besondere Anstrengungen hin. Der kleinste BMW-Sechszylinder schnurrt behaglich und dokumentiert damit, dass er zwar nicht der stärkste, wohl aber der kultivierteste ist. Die relativ kurze Gesamtübersetzung sorgt trotz des geringen Volumens und der hohen Zylinderzahl für befriedigende Elastizitätswerte. 16,4 Sekunden von 80 auf 120 km/h im fünften Gang reißen nicht vom Hocker, sind aber angemessen. Wie der Benzinverbrauch: 10,8 Liter genehmigte sich der 520i im Mittel. Auf der anderen Seite sollte man nicht übersehen, dass man mit ihm gegenüber den stärkeren Versionen 523i und 528i nicht viel oder gar nichts einspart. Rund 8,5 Liter verbrauchen alle drei im Drittelmix.
Was spart man dann mit dem 520i? Zunächst einmal, bei fast gleicher Ausstattung, gegenüber dem 523i genau 4000 Mark, gegenüber dem Drehmomentwunder 528i sogar rund 10 000 Mark. Das macht die Sache in Anbetracht der herausragenden Qualitäten des Einstiegs-Fünfers (BMW-Slogan: „Einstieg zum Aufstieg“) selbst auf der Motorseite interessant – wie schon beim Vorgänger, der im vergangenen Jahr auf dem deutschen Markt innerhalb der Fünfer-Palette einen Anteil von 36 Prozent erreichte. Großes Motorvergnügen also beim 520i, dazu jene sicheren Fahreigenschaften und der außergewöhnliche Federungskomfort, den auto motor und sport schon beim Test des 523i (22/95) lobte. Auch mit nur zwei Liter Hubraum ist der neue Fünfer also ein würdiger Vertreter der gehobenen Mittelklasse. Und wüßte man nichts von den stärkeren Varianten – man wär’s noch mehr zufrieden.