Daewoo Nubira, Fiat Marea Weekend, Peugeot 306, Toyota Corolla
Für reichlich 30.000 Mark stehen vier Kombis aus vier Ländern zur Auswahl. Wie schlagen sich Fiat Marea Weekend und Peugeot 306 Break gegen Toyota Corolla Combi aus Japan und Daewoo Nubira Wagon aus Korea?
Viele Autohersteller auf der ganzen Welt orientieren sich bei der Preiskalkulation ihrer Modelle offenkundig stark am Vorbild von VW. Schließlich passen die vier Testkandidaten aus vier, zum Teil fernen Ländern genau in den Preisrahmen eines VW Golf Variant mit 100 PS – sie liegen alle zwischen 30 000 und 35 000 Mark. Am knappsten wird in Korea kalkuliert, daran hat man sich seit einigen Jahren gewöhnt. Jüngstes Beispiel scharfer Zahlenakrobatik ist der Daewoo Nubira Wagon für 31 500 Mark: ein ausgewachsener Familienkombi mit großem Stauraum (bis zu 1448 Liter), ausladender Karosserie (Länge 4,47 Meter) und guter Ausstattung. Die Klimaanlage, für die bei allen Konkurrenten in diesem Vergleich mehr als 2000 Mark Aufpreis fällig ist, wird hier serienmäßig angeboten. Noch günstiger ist nominell der neue Toyota Corolla Combi, der ohne Klimaanlage für 30 140 Mark in der Preisliste steht. Seine Karosserie fällt nicht nur äußerlich um 15 Zentimeter kürzer aus als die des Daewoo, auch das Kofferraumvolumen (maximal 1218 Liter, 332 Liter weniger als beim Fiat) unterstreicht, daß der Toyota ein echter Kompaktkombi ist.
Fiat Marea Weekend mit eigenem Stil
Das Gepäckabteil hinter den Rücksitzen faßt bis zur Fensterkante gemessen gerade 308 Liter – Raumwunder sehen anders aus. Mit rundlicher Frontpartie und der Eigenheit seiner doppelten Heckklappe vermittelt der Fiat Marea Weekend stilistische Eigenständigkeit: Die hintere Stoßstange läßt sich hier zur Absenkung der Ladekante mit einem Handgriff komplett nach unten wegklappen. Der geräumige Kombi aus Italien, mit seiner 4,49 Meter langen Karosserie noch einmal zwei Zentimeter länger als der Daewoo, ist mit einem Kaufpreis von 34 380 Mark für die ELX-Version allerdings der teuerste Kandidat im Vergleich. Kürzer (4,34 Meter) und etwas billiger ist der Peugeot 306, der in XS-Ausstattung für 32 490 Mark in der Preisliste steht. Seit Januar ist der 306 Kombi zu diesem Preis mit einer erweiterten Ausstattung lieferbar, die wenig Wünsche offen läßt.
Peugeot 306 Break mit vielen Extras, aber schwacher Qualität
Nicht nur die Seitenairbags sind jetzt serienmäßig enthalten, sondern auch das Radio mit seiner praktischen Fernbedienung vom Lenkrad aus sowie die elektrisch verstellbaren und beheizbaren Außenspiegel. Kann der Peugeot 306 Break mit dieser Ausstattung noch Punkte gutmachen, so verliert er einen Teil davon wieder beim Qualitätseindruck: Am Testwagen knarrte nicht nur die Heckklappe. Störende Geräusche kamen auch aus dem Bereich des Dachhimmels und der vorderen Sitze – ein Lärm, der lediglich vom Daewoo mit seinen lauten Fahrwerksgeräuschen noch überboten wurde. Ohnehin sind beide Kandidaten gleichermaßen mit einer störend lauten Geräuschkulisse gesegnet, wenn bei hohem Tempo zum sowieso lästigen Motorgeräusch noch das laute Windpfeifen kommt. Bei keinem der vier Konkurrenten können die Bremsen überzeugen. Alle erweisen sich unter hoher Belastung als fading-empfindlich und kommen nur noch auf unterdurchschnittliche Verzögerungswerte. Das Motorenspektrum reicht vom 1,6 Liter-Vierzylinder mit 106 PS (Daewoo) bis zum 113 PS starken 1,8-Liter (Fiat). Obwohl die Leistungsunterschiede auf dem Papier gering erscheinen, legen alle vier Triebwerke im Fahrbetrieb beträchtliche Differenzen an den Tag. Nur der Peugeot kann aus seinem hubraumstärkeren Motor deutliche Vorteile ziehen: Seine Fahrleistungen liegen auf GTI-Niveau (0–100 km/h in 10,2 Sekunden).
Peugeot 306 Break fährt den anderen davon
Die Höchstgeschwindigkeit von 192 km/h ist beachtlich, spielt jedoch im Alltagsbetrieb gegenüber der souveränen Elastizität eine untergeordnete Rolle: Während der Peugeot in nur 9,9 Sekunden im vierten Gang von 60 auf 100 km/h beschleunigt, ist man speziell im behäbig wirkenden Fiat versucht, um zwei Gänge herunterzuschalten, um dem flinken Peugeot folgen zu können. Der kompakte Toyota hält hier noch am besten mit, wozu natürlich auch das vergleichsweise geringe Leergewicht (Toyota 1143 Kilogramm, Peugeot 1187 Kilogramm) beiträgt. Der Fiat wirkt nicht nur von den Fahrleistungen her behäbiger, er ist mit über 1300 Kilogramm Leergewicht auch am schwersten.
Beim Daewoo addieren sich der durchzugsschwache 1,6 Liter- Motor, das deutlich zu lang übersetzte Getriebe und das hohe Leergewicht von 1294 Kilogramm zu einem Bündel von Nachteilen, durch das der große Kombi aus Korea das Schlußlicht in diesem Vergleich wird: Bei den Fahrleistungen ist er sogar mit Abstand der letzte. Allerdings fordert er für den hohen Anstrengungsgrad, mit dem er ständig bewegt werden muß, keinen übermässigen Verbrauch. Bei keinem der vier Kandidaten liegt der Testverbrauch deutlich unter zehn Liter/100 Kilometer – für sich genommen stolze Werte bei Autos der 110 PS-Klasse. Immerhin ist es bei umsichtiger Fahrweise möglich, mit weniger als acht Litern pro 100 Kilometer auszukommen – ein Wert, den moderne TDI-Diesel noch nicht einmal unter Vollast erreichen. Der Fiat Marea Weekend erreicht mit seiner schweren Karosserie auch den höchsten Verbrauch (10,9 Liter pro 100 Kilometer), zeigt aber durchaus auch innere Werte: Man fühlt sich in seiner geräumigen Karosserie mit der hohen, keilförmig ansteigenden Gürtellinie rein subjektiv am geborgensten, findet außerdem durchweg bequeme Sitze und ein Raumangebot, das sowohl auf den vorderen als auch auf den hinteren Sitzen selbst für großgewachsene Insassen ausreichend ist.
Wenig Platz im Toyota Corolla Combi
Wenn auch der Platz hinten im Daewoo Nubira noch etwas grosszügiger bemessen ist, so fehlt dem koreanischen Kombi doch der Schliff im Detail: Die Sitze lassen eine definierte Seitenführung weitgehend vermissen, die Materialien im Innenraum wirken billig – auch eine Folge der scharfen Kalkulation. Den Vogel aber schießt der kompakte Toyota Corolla Combi ab, bei dem nicht nur der Gepäckraum knapp bemessen ist: Hier wirken bereits die Vordersitze sehr zierlich. Auf den kurzen und tief angeordneten Rücksitzen kommt vollends der Verdacht auf, sie seien als Kindermöbel konstruiert worden.
Auf Konkurrenzniveau befindet sich der Corolla im Hinblick auf den Federungskomfort – zumindest in unbeladenem Zustand. Unter steigender Zuladung verliert er jedoch zunehmend die Contenance: Zu kurz sind die Federwege des kompakten Kombis, als daß sie wiederholtes hartes Durchschlagen der Federung auf unebener Strecke verhindern könnten. Dazu kommen Lastwechselreaktionen in schnellen Kurven, die sich mit der etwas zu gefühllosen Lenkung nur schwer beherrschen lassen. Der Peugeot dagegen hinterläßt leer wie vollbeladen einen ausgewogenen Eindruck. Das unterscheidet ihn vom Fiat, der speziell leer nach dem Motto „hart, aber herzlich“ federt, jedoch unter Last an Ausgewogenheit gewinnt.
Und beim Daewoo mit seiner steifen Grundfederung bleibt zumindest die Katastrophe aus, die man früher von so manch schlecht abgestimmtem koreanischem Fahrwerk gewöhnt war: Er beherrscht die Gangart mit und ohne Last gleichermaßen, ohne unangenehm aufzufallen.Es bleibt die Frage, wie langstreckentauglich ein Kombi sein muß, damit er die ganze Familie glücklich macht. Größtes Handikcap im Peugeot ist das Motorgeräusch, das bei steigender Last und Drehzahl in ein nervtötendes Brummen übergeht (Maximalwert: 80 Dezibel). Dagegen wirkt der Fiat Marea Weekend wie ein Vertreter der oberen Mittelklasse, so ruhig und angenehm gedämpft zieht er seine Bahn. Doch auch der Toyota macht auf der akustischen Seite keinen schlechten Eindruck und distanziert so den Daewoo Nubira, der im gesamten Drehzahlbereich stets sehr vernehmlich tönt und speziell unter hoher Last störend wirkt. Daneben fällt negativ auf, daß auch die Lüftung des Daewoo trotz serienmäßiger Klimaanlage nur schlecht funktioniert: Die Heizung liefert beim Kaltstart erst nach mehreren Minuten warme Luft.
Aber auch dann fällt es stets schwer, Frontscheibe und Seitenscheiben gleichzeitig beschlagfrei zu halten, weil der Heizluftverteilung die passende Klappenstellung schlicht fehlt. Gleichstand herrscht bei der Sicherheitsausstattung: ABS ist für alle vier Kandidaten Serie, und zwei Airbags sind heute überall selbstverständlich. Zusätzlicher Aufwand mit Sidebags und Gurtstraffern wird lediglich bei Peugeot und Toyota getrieben Wer einen Familienkombi der 30 000 Mark-Klasse rein nach der Preisliste einkauft, muß ein Bündel an Nachteilen in Kauf nehmen, weil der Günstigste auch hier nicht der Beste ist. Insgesamt bieten die beiden Kandidaten aus Europa mehr Ausgewogenheit als die Konkurrenz aus Japan und Korea. Der Peugeot besticht durch sein Fahrwerk, den kräftigen Antrieb und sein überragendes Handling, das er dem Fiat voraushat. Für den italienischen Kombi sprechen sein Raumangebot und die Verarbeitung – beides allerdings bei deftigem Mehrpreis.