Fiat Panda, Daihatsu Cuore und Opel Agila
Die drei Kleinwagen locken mit einem voluminösen und variablen Platzangebot. Alle drei gibt es schon für verhältnismäßig wenig Geld. Aber damit erschöpfen sich schon die Gemeinsamkeiten.
Ob Herzchen oder Bärchen – kaum eine andere Fahrzeugkategorie verleitet so zum Selbertaufen wie die Kleinwagen. Dabei hätte etwa der Panda einen Kosenamen gar nicht nötig, er bringt seinen eigenen gleich mit. Einschließlich Historie und Histörchen. Anlässlich der Präsentation des Ur-Panda anno 1980 postulierte der damalige Fiat-Pressechef Luca di Montezemolo, man habe französisches Gedankengut für die achtziger Jahre überdacht. Heraus kam ein sachlich-kastenförmiges Auto mit Heckklappe und variabler Rückbank.
Sie konnte verschoben, zusammengefaltet, ganz ausgebaut oder zur Liege umfunktioniert werden. Klar, dass sich seither so manche Legende um wilde Trips und romantischrotweingeschwängerte Nächte in der tollen Kiste rankte. Und gut, dass die Sitzbezüge des gartenstuhlähnlichen Mobiliars abnehm- und waschbar waren. Und heute? Der Panda ist erwachsen geworden, hat sich vom kargen Zweitürer zu einem komplett ausgestatteten Viertürer entwickelt. In der Topversion Emotion für 11 450 Euro stecken serienmäßig vier Airbags, elektrische Fensterheber und Außenspiegel, Klimaautomatik sowie Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung. Die verschiebbare Rückbank kostet 250, ESP 500, Kopfairbags vorn und hinten 200 Euro – drei Features, die für den Opel Agila allesamt nicht lieferbar sind. Dafür enthält die Njoy-Variante für 12 095 Euro vier Airbags, ABS, elektrische Fensterheber sowie Zentralverriegelung. Klima kostet extra.
Ebenso wie beim Daihatsu Cuore 1.0 Top für 9725 Euro, der grundsätzlich auf ESP verzichten muss. ABS, elektrische Fensterheber und Zentralverriegelung sind an Bord, für Seitenairbags sind 300 Euro fällig. Im Preis inbegriffen ist allerdings auch die billige Materialanmutung, ein wie mit der Laubsäge gearbeiteter Kofferraumboden sowie scheppernde Türen. Das können die anderen besser: Zwar knistert der Panda hin und wieder aus den Winkeln seiner Karosserie, und die Kunststoffteile zeigen stellenweise auseinanderdriftende Spaltmaße, insgesamt aber kann sich die Verarbeitungsqualität sehen lassen. Ebenso wie beim Agila, dessen pragmatisches Innenraum-Styling den Charme der ausgehenden achtziger Jahre verströmt. Seine Verarbeitung ist selbst an versteckten Stellen ordentlich – bis auf die klapprigen Türen. Vergeben und vergessen – angesichts des Überraschungseffekts nach dem Einsteigen: 1,70 Meter Außenhöhe plus eine Raumausnutzung der Marke Schuhkarton schaffen ein voluminöses Raumgefühl mit Kleintransporter-Appeal. Bis auf die eingeschränkte Fußfreiheit hinten ist der Agila ein Raumwunder im Wortsinn. Im Panda geht es ebenfalls freizügig-unbeengt zu. Er macht bei Fondpassagieren mit der verschiebbaren Bank Punkte – auf Kosten des dann knappen Kofferraumvolumens. Vorn stoßen Langbeinige mit dem Knie gegen die Mittelkonsole, die den Schaltjoystick enthält.
Der Cuore überrascht vor allem mit viel Platz im Fond, zumal der Einstieg durch die weit aufschwingenden Türen leicht fällt. Problemloses Einsteigen vorn ist hingegen die Spezialdisziplin von Panda und Agila. Wegen ihrer aufrechten Sitzposition und der guten Übersichtlichkeit stehen sie deshalb zu Recht auf der Einkaufsliste der Kukident-Generation. Zumal die Bedienung bei keinem der drei Rätsel aufgibt: Alles was da ist, lässt sich ohne mehrsemestriges Handbuchstudium bedienen. Okay, der Fiat- Bordcomputer bedarf kurzer Einarbeitung, dafür kassieren die großen Bedientasten im Mittelbau schon wegen ihres gelungenen Nachtdesigns ein Extralob. Beim Cuore missfallen die unpraktisch angeordneten Fensterheber-Schalter. Was, es lacht jemand über Ihr Japan-Herzchen? Raunen Sie ihm einfach etwas vom rauchig klingenden Vierventil- Dreizylinder, zwei obenliegenden Nockenwellen und variabler Ventilsteuerung zu.
Bevor er reagieren kann, schicken Sie „4,8 Liter/100 km auf der auto motor und sport-Normrunde“ hinterher. Bumm, das sitzt. Tatsächlich, der 989-cm3-Triple kann was: reagiert spontan aufs Gas, dreht eigenwillig grummelnd und trompetend hoch, strandet erst bei 6500/min. Und wenn sich gesunde 58 PS mit läppischen 809 Kilogramm beschäftigen, springt überdies noch eine Beschleunigung von 13,3 Sekunden auf 100 heraus. Etwas schneller ginge es allerdings, wenn statt eines Fünfgang-Teigrührers ein präzise rastendes Getriebe montiert würde. Wie das geht, zeigt der Panda: Sein joystickartiger Schalthebel in der Mittelkonsole verführt aufgrund seiner Lage und der kurzen, sauber definierten Wege zu Extra-Gangwechseln. Sie schaden nicht, denn der 60 PS starke 1,2-Liter-Zweiventiler gibt trotz der vergleichsweise besten Drehmoment- und Durchzugswerte weder den zähen Durchzieher noch agilen Anreißer, sondern spielt den unauffälligen Antrieb. Inklusive einer – vergleichsweise – geradezu paradiesischen LaufkulturundgepflegtenAkustik. Vor allem wenn man aus dem Dreizylinder-Agila umsteigt. Er verleitet nach wenigen Metern zum Öffnen der Haube – um nach dem verloren gegangenen Zylinder zu fahnden. Der Einliter-Vierventiler ohne Ausgleichswelle wirft mit freien Massenmomenten um sich wie eine ausgenudelte Waschmaschine, dreht zäh hoch und nervt bei höheren Geschwindigkeiten mit brüllender Geräuschkulisse. Höhere Geschwindigkeit bedeutet übrigens Spitze 145.
Nein, dieser strampelnde Dreier leistet keine Überzeugungsarbeit für ungerade Zylinderzahlen. Zumal er trotz Twinport- System, einer speziellen Klappe im Ansaugtrakt, die für effektive Verwirbelung sorgen soll, stets etwas mehr Kraftstoff verbraucht als die Kontrahenten. Dafür hat der Opel ihnen die im Vergleich erwachsenste Lenkung voraus. Sie kombiniert einparktaugliche Leichtgängigkeit mit angemessener Rückmeldung. Mit der Cuore-Lenkung erkurbelt man zwar den kleinsten Wendekreis, muss jedoch ohne definierte Mittellage auskommen, während die Fiat- Lenkung fast zu leicht arbeitet, auf Kosten eindeutiger Rückmeldung. Wer darauf verzichten kann, dürfte dennoch glücklich werden, zumal der zuschaltbare City-Modus den Kraftaufwand nochmals verringert. Außerdem ist der Fiat Primus in Sachen Fahrdynamik. Unkritisch bewältigt er sämtliche Aufgaben im Parcour und auf der Straße, zumal unter dem Schutz des elektronischen Stabilitätsprogramms. Auf das müssen Cuore-Treiber verzichten, sich stattdessen mit Lastwechselreaktionen und ausgeprägtem Eigenlenkverhalten auseinandersetzen.
Wenig Hilfestellung leisten dabei die eingeschränkten Fahrwerksreserven. Der Cuore rollt zwar komfortabel ab, gerät unter Belastung aber kräftig ins Wanken, versetzt sogar auf Bodenwellen in Kurven. Dazu bedarf es beim Agila schon einer betont unbarmherzigen Fahrweise, im Normalfall bleibt er ein treuer Untersteuerer – gutmütig und beherrschbar, selbst wenn die Karosserie sich in Kurven deutlich neigt. Überdies eliminiert seine komfortable Abstimmung kurze Unebenheiten effektiv. So kann der Opel den preisgünstigen Cuore gerade noch auf Distanz halten, während der moderne Panda dank seiner pfiffigen Ausgewogenheit einen klaren Sieg einfährt.