Mercedes E 55 AMG Fahrbericht

Die Daten sprechen für sich: Mit 700 Nm Drehmoment und eine Leistung von 350 kW (476 PS) stellt Mercedes mit dem E 55 AMG die stärkste Limousine in der Oberen Mittelklasse.
Um die Konkurrenten BMW M5 und Audi RS6 in die Schranken zu weisen, implantierten die AMG-Techniker den gleichen Kompressor-V8 in die biedere E-Klasse, der bereits in den AMG-Versionen der S-Klasse, des SL und des CL Coupés beeindruckt. Allerdings muss der E 55 AMG mit einem anderen Ansaugtrakt und einer geänderten Auspuffanlage auskommen. Das verhindert, dass der Motor – wie in bei der Verwandtschaft – 24 PS mehr ausspuckt. Um es gleich zu sagen: In der Praxis sind die vermeintlich fehlenden Pferdestärken durchaus entbehrlich.
Die Reifen sind das Limit
Der E 55-Fahrer schöpft Kraft stets aus dem Vollen. In 4,7 Sekunden katapultiert der Motor Mensch und die mindestens 1.835 Kilogramm wiegende Maschine auf Tempo 100. Nach 16,1 Sekunden wird die 200 km/h-Marke durcheilt und kaum später setzt die Elektronik bei 250 km/h dem Vorwärtsdrang ein Ende. Ohne diese Bevormundung würde diese E-Klasse über 320 km/h schnell sein. Eilige Naturen können bei AMG – „auf ganz besonderen Wunsch“, wie AMG-Geschäftsführer Ulrich Bruhnke betont – eine Anhebung der Höchstgeschwindigkeit erhalten. Dann geht es bis Tempo 300 weiter. Mehr Speed will AMG mit Blick auf die Reifen dann doch nicht gestatten. Klar, dass die Kraftmaschine für diese Fahrleistungen auch gefüttert werden will: Der Hersteller gibt einen Durchschnittsverbrauch von 12,9 Litern Superbenzin an. Wer sich häufig an der Kompressor-Kraft ergötzt und dem Beschleunigungswummern aus dem Auspuff lauscht, muss auch mit 18 Litern pro 100 Kilometer rechnen.
Automatik mit drei Programmen
Den Sturm, den der E 55 entwickelt, unterstützt die von AMG neu abgestimmte Fünfgangautomatik mit drei Fahrprogrammen: Sport, Komfort und manuell. Letzteres erlaubt es, die Gänge über Tasten auf der Rückseite des Sportlenkrades per Hand zu wählen. Das Besondere: Auf Verlangen schaltet der Automat bei hohen Drehzahl-Sprüngen selbst zurück und ermöglicht dem sportlichen Fahrer so den Einsatz des Getriebes zur Verzögerung. Die liegt ohnehin auf hohem Niveau, trägt der E 55 doch die SBC-Bremsanlage des SL 55 hinter den 18 Zoll-Rädern.
Viel Feinarbeit – viel Geld
Dem sportlichen Gusto passten die AMG-Techniker auch die Luftfederung an. Sie reduzierten das Luftvolumen, änderten die Dämpferkennung und verbauten stärkere Stabilisatoren. Außerdem wurde ESP für den Sportfahrer angepasst: Das System regelt nun deutlich später und lässt größere Schräglauf-Winkel zu. Dennoch: Wer dem E 55 auf winkligen Sträßchen die Sporen gibt, dem leuchtet die ESP-Anzeige fast permanent.
Bleibt die leidige Frage nach den Kosten: Für 87.580 Euro bekommt der Käufer eine sportliche Reiselimousine, die fast alles serienmäßig bietet, was das Autofahren bequem und schön macht. Aber AMG wäre keine Mercedes-Tochter, wenn die Preisliste nicht noch ettliche Sonderausstattungen bereit hielte.