VW Passat 1.8 TSI im Test
VW Passat-Käufer tendieren zum Lademeister Variant. Aber bei der
neuen Generation verdient die Limousine erhöhte Aufmerksamkeit.
Denn die präsentiert sich bei entsprechender Konfiguration als
Phaeton light. Im Test der VW Passat mit dem 160 PS starken
Benzindirekteinspritzer.
Zugegeben, der Bürgermeister früherer Jahre ist der VW Passat nicht mehr. Denn die nunmehr siebte Generation eines Modells, das 1973 mit bescheidenen 55 PS startete, entflieht der Mittelklasse unaufhaltsam und strebt nach oben. Zielort: Luxury City.
Vollausstattung treibt Preis auf über 45.000 Euro
Dass Testwagen gern alle technischen Möglichkeiten aufzeigen, dafür liefert auch der VW Passat 1.8 TSI ein Beispiel. Highline-Ausstattung, die hochwertigste aller Optionen, zeichnet ihn ebenso aus wie die Fülle der Assistenzsysteme. Ob Müdigkeitswarner, City-Notbremsfunktion, automatische Distanzregelung oder Verkehrszeichen-Erkennung – der Test-Kandidat hat alles, was die Technik heute bietet.
Das resultiert in einem Endpreis, der den passataffinen Familienvater der mittleren Einkommensgruppe nachhaltig erschüttern dürfte: 45.533 Euro. Die Prozentzahl der Käufer, die im wirklichen Leben so viel Geld für einen VW Passat ausgeben, wird sich im niedrigen einstelligen Bereich bewegen. Denn die meisten, das zeigt der hohe VW Passat Variant-Anteil am Verkauf, denken nicht in Kategorien wie Luxus und Limousine.
Überzeugende Innenraumqualität
Erfreulicherweise bleibt der Eindruck, ein hochwertiges Produkt zu erwerben, auch dann erhalten, wenn man all die im VW Passat.Testwagen verbauten Optionen außer Acht lässt. Im Innenraum haben sich die Designer erkennbar Mühe gegeben, den VW Passat mit einem Schuss Phaeton zu verfeinern. Die Analoguhr im Armaturenbrett erinnert an das VW-Spitzenmodell, und auch die Qualität der verwendeten Materialien verrät, dass Oberklasse-Ambiente gewünscht war.
Als beispielhaft dafür darf das an den Kanten sorgfältig abgerundete Holzfurnier gelten, das die Brettchen des Vorgängers beinahe aussehen lässt, als habe sie ein Amateur mit der Laubsäge zurechtgeschnitten. Oder die mit einem zierlichen Chromrand versehenen Bedienungstasten. Die Funktion wird dadurch zwar nicht besser, aber es waren immer schon nette Details, mit denen sich die bessere Autogesellschaft von der mobilen Masse abhob. Wer sich im VW Passat umsieht, hat allen Grund, sich wohl zu fühlen.
Investition also an den richtigen Stellen - weit überzeugender, als wenn der VW Passat sich ein ganz neues Kleid zugelegt und dabei größer geworden wäre. Nichts von alledem, im Grund ist er ein guter alter Bekannter geblieben. Allerdings einer, der in puncto Umgangsformen viel dazugelernt hat. Nach dem Anlassen des Motors fällt auf, um wieviel besser die Schalldämmung im VW Passat geworden ist. Das Triebwerk hört man im Test nicht, sein Geräusch wird sogar vom dezenten Rauschen des Heizgebläses übertönt.
Vierzylinder mit ordentlichem Durchzug
Bei voller Beschleunigung dringt der typische Vierzylinder-Ton in den Innenraum, aber bei gleichmäßig schneller Fahrt auf der Autobahn tritt er wieder vollständig in den Hintergrund. Gute Vierzylinder, das zeigt dieser Motor, haben das Potenzial, künftig selbst in der Luxusklasse nicht als Fremdkörper empfunden zu werden.
160 PS aus 1,8 Liter Hubraum beweisen, dass nicht auf Höchstleistung gezüchtet wurde. 89 Pferdestärken pro Liter Hubraum bewegen sich für einen Turbomotor auf der konservativen Seite, was den Vorteil hat, dass die Maximalleistung bereits bei 4.500 Umdrehungen anfällt. Ein im Alltag noch wichtigeres Nebenprodukt stellt der Verlauf der Drehmomentkurve dar. Bereits bei 1.500/min erklimmt sie den Maximalwert von respektablen 250 Nm, um danach ein flaches Tableau zu bilden und erst ab der Nenndrehzahl wieder abzufallen.
Testverbrauch liegt bei neun Liter
Diese Daten verraten viel über den Charakter: Es wird ordentlicher Durchzug geliefert, das Ausnutzen des obersten Drehzahlbereichs lässt sich nur in Ausnahmefällen rechtfertigen. Kommt zum Motor im VW Passat das aufpreispflichtige Direktschaltgetriebe DSG hinzu, ergibt sich in Modus D automatisch eine entsprechend ökonomische Fahrweise. Sieben Liter sind möglich, als realistisch unter wechselnden Bedingungen dürfen die neun Liter gelten, die als Testverbrauch ermittelt wurden.
Wer es eilig hat auf der Autobahn und mit strengem rechtem Fuß das DSG dazu zwingt, häufig den sehr lang übersetzten siebten Gang zu verlassen, wird auf rund zwölf Liter kommen. Womit erneut der entscheidende Einfluss des Fahrers dokumentiert wird: Ein Zentimeter weniger am Gaspedal holt wieder Gang sieben, der Verbrauch sinkt, ohne dass die Durchschnittsgeschwindigkeit nennenswert leidet.
Passat setzt Mittelklasse-Maßstab
Die ausgezeichneten Reise-Eigenschaften unterstreicht das Fahrwerk mit automatischer Dämpferadaption (Aufpreis). Es bietet einen für dieses Segment erstklassigen Federungskomfort, der nur durch leichtes Rumpeln über gravierende Straßenbauer-Sünden getrübt wird. Dass sich der VW Passat im Test präzise lenkt, in Extremsituationen gut beherrschbar bleibt und über kräftig zupackende, fadingfreie Bremsen verfügt, darf man bei einem neuen Volkswagen als Selbstverständlichkeit voraussetzen.
Die zwangsläufige Folge sind fünf Sterne für den VW Passat. Hier wird in der Mittelklasse ein Maßstab gesetzt, an dem die Konkurrenz zu knabbern hat.