Alle Generationen BMW M5 E28, E34, E39, E60, F10
Als 1985 der M1-Reihensechser und der BMW 5er Hochzeit feierten, entstand mit dem M5 eine neue Fahrzeugklasse. Rückblick auf fünf Generationen Sportlimousine.
Der Frevel ist klassenlos, zieht sich durch alle Schichten. Vom Kampfsportler mit 1989er Kennzeichen und Migrationshintergrund über den Berufsschullehrer mit verstaubter Mao-Bibel auf dem Dachboden bis zum niederbayerischen Schäferhundzüchter – alle wollen sich im Glanze des BMW M5 sonnen.
Und entehren das Signet, indem sie es auf den Heckdeckel ihrer gepimpten 528i oder schonbezogener 525 tds pappen. Okay, das sind ja auch keine schlechten – aber wenn die Einzeldrosselklappen des BMW M5 schnalzen und sein Reihensechser mit einer Mischung aus Anmut und Zorn hochdreht, dann müssen sie einfach backstage. Sobald er die Bühne betritt, strahlen die Scheinwerfer nur für ihn. Dabei war er nie eine Rampensau, eher einer für Kenner, fast ein Stiller.
Dezent und potent – der erste BMW M5./strong>
Der erste BMW M5 kam 1985. Mitten in eine Zeit, in der Nena noch Achselhaar zeigte, während ein Musikerduo Charts und Diskotheken heimsuchte. Der eine mit Nora-Kettchen, der andere später mit einem Penisbruch bekanntgeworden. Gesungen hat jener, als ob ihn derselbe schon früher ereilt hätte. Schwamm drüber, widmen wir uns schöneren Dingen wie dem M5. Er führt die 1972 eingeführte Designlinie fort, verzichtet auf Karosserieschwellungen, verwöhnt Kunden dafür mit einem Motor, der es heute noch leicht hätte. Kein Wunder, stammt er doch aus dem Mittelmotor-Sportler M1, der im Nachhinein eher stilbildend als erfolgreich agierte.
Stilbildend: 3,5-Liter-Vierventiler
Natürlich profitiert das spontane Ansprechverhalten des Sechszylinders von der Abwesenheit restriktiver Normen und der untergeordneten Bedeutung des Verbrauchs in jenen Tagen. Aber wie der 3,5-Liter das macht – Respekt. Selbst aus heutiger Sicht, wo wir meinen, alles zu kennen bis zum 555-PS-SUV oder der 1.000-Newtonmeter-Limousine. Nur wenige Boliden von heute erreichen Stil und Charme des BMW M5.
Traummotor – 9 PS stärker als im M1
Die Ehe des um neun PS erstarkten M1-Motors mit dem M535i ist eine harmonische, die Silberhochzeit 2009 eine fröhliche. Vor allem wenn die Zeremonie sowohl auf der Nürburgring-Nordschleife als auch auf den sie umgebenden Landstraßen stattfindet. Diese sind zwar tempolimitiert, aber selbst in deren Grenzen reizvoll. Kurvig und verschlungen entführen sie den E28S über lange Geraden und durch enge Ortschaften.
So fährt der erste M5 heute
Der BMW M5 kam spät, kurz vor Ende der Bauzeit von 5er-Generation zwei, die ihrem Vorgänger E12 von 1972 noch verdammt ähnlich sah. Vor allem die hohe aufrechte Sitzposition und die großen Glasflächen schockieren den Neuling. Können sich Rowdies heute hinter festungsartigen A, B- und C-Säulen verstecken, nur mit dem Kopf über die hohe Brüstung spicken, so saßen sie damals quasi im Freien. Keine Chance für unbemerkte Schweinereien, stattdessen immer brav die Nachbarn grüßen und Dynamikwandlungen außerhalb der Ortschaften nachgeben.
Etwa in den Wechselkurven im Niemandsland. Dort zeigt der BMW M5 sein Bewegungstalent, ausgeprägte Handlichkeit und eine leichtgängige Lenkung animieren. Die deutliche Rollneigung der Karosserie und das überschaubare Gripniveau bremsen wieder. Eines wird schnell klar: Damals gab es noch einen Grenzbereich und keinen Grenzgrat so verlockend wie eine Gletscherspalte. Früh beginnt der M5 über alle Reifen zu rutschen, bei Gaspedaleinsatz schwenkt er zart das Heck raus. Beherrschen muss man die Nummer jedoch selbst, elektronische Helfer wie DSC und DTC waren in den Achtzigern noch so fern wie MP3 und Klingelton-Downloads. Wir wissen: Für ein Gespräch reicht das Wählscheibentelefon, Musik von Plattenspieler und Röhrenverstärker klingt nach wie vor ergreifender als solche vom Server. Ob wir mit dem M5 gleich die Rille treffen oder die Nadel erstmal springt, wird sich weisen.
ABS Serie, Klimaanlage optional
Es geht auf die Nordschleife, rein in die Hatzenbach-Bögen. Zeit zum Aufwärmen und für Gedanken an die Schmach, mobile Tradition in die Leitplanke zu schmeißen. Also erstmal die Antennen auf Empfang bringen. Antennen, die über Jahre von automobiler Hilfselektronik verstümmelt wurden. Zum Glück hat der BMW M5 wenigstens ABS, gibt sich ansonsten analog bis hin zum Fünfganggetriebe. Klimaanlage ist auch an Bord, kostete jedoch extra. Aufs Extra-Geschäft verstanden sich die Bayern schon immer. Die M-GmbH bot unter anderem eine Belederung an, die selbst den Kofferraum und das Handschuhfach nicht von straff gespannter Tierhaut verschonte. Unser Exemplar gibt sich vergleichsweise nüchtern, da stoffbezogen. Egal, Hauptsache aufrecht sitzen, toll rausgucken und aufrecht fahren.
Vor allem rund fahren, in den Wagen hineinhorchen, ihn verstehen. Menschen, die Vinyl-Platten schon wegen des Knisterns lieben, mögen auch den E28. Ebenso wie den Nachfolger E34, in den wir wechseln. Er markiert 1988 vor allem optisch eine Zäsur, ist so etwas wie ein BMW M5 2.0. Nein, nicht wegen des Hubraums, der vergrößerte sich durch etwas mehr Hub auf 3.535 cm3, woraus sich 315 PS sowie per geregeltem Katalysator gereinigte Abgase entwickelten. Gut drei Jahre später legt die M GmbH nach, bohrt bis an die Schmerzgrenze von 3,8 Liter auf.
3,8 Liter Hubraum und Nürburgring-Paket
Die verbleibende Stegbreite zwischen den Zylindern schrumpft auf 5,4 Millimeter, die Leistung steigt auf 340 PS, das Drehmoment auf 400 Newtonmeter. Auch ein Verdienst der ruhenden Zündanlage mit Einzelzündspulen und der Auspuffanlage mit Metall-Kats. Der Fahrer hatte die Wahl zwischen drei schaltbaren Dämpferkennlinien, die die automatische Regelung ergänzten. Zudem konnte man ein „ Nürburgring-Fahrwerkspaket“ wählen. Es enthielt einen stärkeren Stabi und 255/40-Reifen hinten sowie sportlichere Lenk- und Dämpferabstimmung.
In sechs Sekunden auf Tempo 100
Sport hin oder her, die zweite BMW M5-Generation bleibt dem Gentleman-Gedanken treu, fährt so und effizient, wie es ihre klaren Linien suggerieren, so spontan, wie es der Reihensechser verspricht. Inzwischen fühlt sich der Pilot deutlich besser integriert, ebenso wie die Fondpassagiere, die in Einzelsitzen logieren. Wenn der BMW M5 zum Festival von Längs- und Querbeschleunigung ansetzt, möchte ohnehin niemand ernsthaft auf dem mittleren Eselsplatz hocken. In rund sechs Sekunden stanzt der 1,7-Tonner auf Tempo 100, für den Tempoabbau sind am Schluss seiner Bauzeit Bremsen mit Verbundscheiben zuständig, die auch beim harten Einsatz rubbelfrei arbeiten. Standfestigkeit kann auf der Nordschleife nicht schaden. Dort, wo sich die 4,72 Meter lange Limousine mit sportivem Elan in die Fuchsröhre wirft, sämtliche Anstiege einzuebnen und in den teils hängenden Kurven so viel Grip wie möglich aufzubauen versucht.
Meist mit Erfolg, doch ein richtiger Tempo-Schlingel ist der BMW M5 nicht. Er beharrt auf gepflegter Rückmeldung, lässt seinen Fahrer nicht ins Tempo-Messer laufen. Zumal sich der über das etwas knochige Fünfganggetriebe ohnehin ständig mit dem willig drehenden Reihensechser auseinandersetzen muss. Auf die Hilfe einer ESP-Armada darf er ebenfalls nicht hoffen, die kam erst eine Generation später. Anfang der Neunziger gab es statt flackernder Kontrolllämpchen flackernde Augenlider, wenn die Straße auszugehen drohte. Bei unserem heutigen Nordschleifen-Trip ist alles gut gegangen, der Business-Express von einst darf sich knisternd im Fahrerlager erholen. Er hat sich das M-Signet verdient, die Wildkleber und Frevler sollen sich was schämen.
Die Preise für historische BMW M5.
BMW M5 E28 (1985-87): 66.000 / 29.000 Euro
BMW M5 E34 (1988-92): 27.000 / 8.600 Euro
BMW M5 E34 (1992-95): 34.000 / 8.100 Euro
(gepflegter / mäßiger Zustand, Quelle: Classic Analytics)
Die Historie des M5
1985: BMW M5 E28 erscheint mit dem 3,5-Liter-Vierventiler M88 /3, der mit leichten Änderungen aus dem BMW M1 übernommen wird. Die M GmbH baut den M5 bis 1987 in Handarbeit. Der Grundpreis: 81.000 Mark. Die Stückzahl: 2.145.
1988: Der BMW 5er E34 erscheint im Januar, zunächst mit den Sechszylindern M20 in 520i und 525i sowie dem M30 in 530i und 535i. Im August folgt der M5 mit dem S38 und 315 PS.
1992: Der Reihensechszylinder wird auf 3,8 Liter aufgebohrt und leistet nun 340 PS. Zum ersten Mal gibt es den M5 auch als Touring.
1994: Modellpflege mit 6-Gang-Getriebe, größerer Bremse, 18-Zoll-Parallelspeichen-Räder, elektronisch geregletem Fahrwerk und breiterer Niere.
1995: Die Produktion des E34 M5 endet nach 8.079 Limousinen mit 3,5-Liter-Motor, 3.019 Limousinen mit 3,8-Liter und 891 Touring.
1998: Mit dem E39S erscheint der dritte M5. Er hat einen Fünfliter-V8, der 400 PS und 500 Nm über ein Sechsgang-Schaltgetriebe an die Hinterachse schickt. Die besteht aus Aluminium. Die Fertigung bei der M GmbH ist Geschichte, der M5 entsteht mit den anderen E39 am Band (20.482 Stück).
2005: Der BMW M5 E60/E61 ist ein Hightech-Gerät mit mit Hochdrehzahl-V10, sequenziellem Getriebe und einstellbaren Kennlinien. Ein Knopfdruck steigert zum Beispiel die Leistung von 400 auf 507 PS. BMW baut 19.523 E60-M5 (Limousinen) und 1.025 M5 Touring (E 61).
2011: Der BMW M5 F10 hat Premiere auf der IAA. Es ist das erste Straßenauto der M GmbH mit Turbomotor. Der Biturbo-V8 leistet 560 PS und 680 Nm.
2017: Der M5 F30 ist der erste mit Allradantrieb.