12 Klassiker mit Potenzial zur Wertsteigerung

Da es uns an mystischen Gaben und hellseherischen Fähigkeiten mangelt, verlassen wir uns auf Logik und Verstand – und die harten Signale der Marktpreise sowie Einschätzungen von Experten.
Audi 100 Coupé S
Audi ist zwar eine Marke mit großartiger Vergangenheit, doch massenkompatibel wird das historische Interesse erst mit dem Ur-Quattro. Erstaunlich ist daher die aktuelle Entwicklung des Audi 100 Coupé S, der sich als gelungener Wurf der zweiten Gründerzeit zu einem gesuchten Klassiker entwickelt. Just nach der Fusion mit NSU sorgte das an den Fiat Dino erinnernde Coupé auf der IAA 1969 für Aufsehen. Solch ein aufregendes Design hatte kaum jemand der Marke mit den vier Ringen zugetraut, die sich gerade erst vom Zweitaktmotor verabschiedet hatte. Basis des Coupés ist die Limousine, deren Radstand um 115 Millimeter gekürzt wurde.
Einem größeren Erfolg stand der hohe Preis entgegen: 14.400 Mark wurden aufgerufen – ein vergleichbarer Ford Capri kostete rund ein Drittel weniger. Von den 30.676 gebauten Exemplaren sollen noch weniger als 500 existieren. In den letzten fünf Jahren haben sich die Preise bereits verdoppelt.
Citroën 2CV4
Dass die Ente immer mehr Freunde findet, konnte schon in den letzten Jahren an den sich explosionsartig entwickelnden Preisen abgelesen werden. Neu ist allerdings, dass jetzt auch die schwächeren 2CV4 mit dem 435-Kubik-Motörchen gesuchter werden. „Der 2CV4 erlebt derzeit seinen zweiten Frühling“, kann Felix Käfer von „ Der Franzose“ bestätigen, „die Leute fahren nun auch gerne die langsameren Modelle, das ist gerade zur Mode geworden. Entschleunigung statt Leistung heißt die Devise.“
Der Citroën 2CV profitiert nicht zuletzt von seinem Sympathieträger-Image. Überall, wo er auftaucht, ist sofort das Eis gebrochen. Die Ente ist kein Statussymbol, sondern bildet mit Käfer und Mini ein klassenloses Trio – recht simple Autos, die sich früher jeder Student leisten konnte, zudem schrauberfreundlich und motorenseitig langlebig. Heute sprechen für den 2CV die sehr gute Ersatzteilversorgung und eine eingeschworene Szene.
VW Golf Country
Die Probleme der frühen Geburt spiegeln sich besonders anschaulich beim VW Golf Country wider: Als er 1990 auf den Markt kommt, weiß kaum jemand etwas mit ihm anzufangen. Ein gewöhnlicher Golf Syncro – der Golf II ist bereits seit sieben Jahren auf dem Markt, der Syncro seit 1986 – wird bei Steyr in Graz um 180 Millimeter hochgesetzt und mit dem 98-PS-Motor aus dem Cabrio verheiratet. Heraus kommt ein Auto mit zu hoch gezogenen Hosenbeinen, wenig Bodenfreiheit, dafür mit Bullenfängern in XXL-Optik und großem Faltdach. Wer will so was? Als sich nach 18 Monaten nur 7.735 Käufer auf diese Frage melden, wird die Produktion gestoppt. Heute sind Autos mit Geländekompetenz-Optik en vogue. Höchste Zeit, den Country als unglücklichen Trendsetter wiederzuentdecken. „Noch gibt es gute Golf Country unter 10.000 Euro, doch die Preise werden steigen“, prophezeit Timo Joost von Classic Trader.
Ferrari 250 GT Boano
Ein Ferrari steht bei Sammlern meist ganz weit oben auf der Wunschliste. Die Einstiegspreise liegen dabei auf höchstem, steigendem Niveau mit offenem Ausgang. Ferrari-Experte Mario Bernardi: „Auch für Insider ist es derzeit sehr schwierig, eine Voraussage zu treffen. Manche Händler folgen einer Arithmetik, nach der sich die Preisentwicklung der jüngeren Modelle der von klassischen Ferrari anpasst. Doch das hat am Markt nicht funktioniert.“ Bei solchen „Youngtimer-Ferrari“ dürfe man keine Nachhaltigkeit erwarten, manche Preise seien seit 2013 hochgejubelt worden – und in den letzten 18 Monaten stark gefallen.
„Wo die Musik immer noch spielt, das sind frühe Ferrari mit geringsten Stückzahlen, nachvollziehbarer Historie und guter Provenienz“, weiß Bernardi. Wie der 250 GT Boano, von dem er gleich drei der 67 gefertigten Coupés besitzt. 21 Boano tragen eine Alu-Karosserie und sind somit noch seltener als der ikonografische 250 GTO, der bei Auktionen schon mehr als 50 Millionen Dollar erzielt. „Im Vergleich dazu sind manche Ferrari der 50er-Jahre günstig – etwa die 156 von Vignale gebauten“, sagt Bernardi, der betont, dass das Geheimnis einer guten Anlage auch die Freude des Besitzens und Benutzens beinhalten darf – im Gegensatz zu einer reinen Finanzinvestition: „Wenn sich beide Ideen begegnen, bin ich mir sicher, dass die Freude am Ferrari auch langfristig eine gute Investition darstellt.“
Porsche G-Modell
Ein Porsche 911 der G-Serie – nicht überraschend, denken Sie? Sie haben recht damit, doch die Experten und Marktbeobachter sehen immer noch kein Ende der Fahnenstange. „Die schmalen G-Modelle der Baujahre 1973 bis 1977 sind mittlerweile sehr gesucht“, sagt Michael Knebel, der in den USA nach den verbliebenen Schätzen forscht.
Die G-Serie mit ihren charakteristischen Faltenbalg-Stoßstangen besitzt immer noch die Grundform des genialen Entwurfs von Ferdinand Alexander Porsche und stellt damit für viele Elfer-Fans die Keimzelle des deutschen Sportwagenbaus dar. In den letzten fünf Jahren stiegen die Preise für einen frühen Elfer der G-Serie von 39.000 auf 55.000 Euro. Schaut man sich die Klassiker-Messen an, ist kein Angebotsrückgang festzustellen. Im Gegenteil, Interessenten können aus einem großen Angebot ihr G-Modell sogar in der Wunschfarbe wählen.
Alpine A310 V6
Angesichts der zeitlos charismatischen Form des französischen Sportwagens mag es manchen überraschen: Alle Renault Alpine A310 können mittlerweile mit einem H-Kennzeichen geadelt werden. Immerhin geht die aggressive Linienführung auf einen fast 50 Jahre alten Entwurf zurück. Das Team um Alpine-Gründer Jean Rédélé hatte sich ab 1968 bei der Entwicklung ein klares Ziel gesetzt: Sie wollten eine echte Alternative zum Porsche 911 anbieten. Also weniger kompromisslos als die A110, mit mehr Platz im Innenraum und besserem Komfort, dazu langstrecken- und rundstreckentauglich.
Neben diesen Fixpunkten stand auch schon die Motorisierung fest: der Vierzylinder des Renault 16 TS mit 115 PS. Im A110 sorgte dieses Triebwerk zwar für etliche Erfolge, doch der schwerere A310 war untermotorisiert. Die Verkaufszahlen von 2.340 Exemplaren enttäuschten. 1976 war endlich der PRV-V6 serienreif und sorgte mit 150 PS für gute Fahrleistungen. Nachdem sich die Absatzzahlen mit dem V6 von 1975 auf 1977 vervierfachten, fielen die Vierzylinder aus dem Modellprogramm. Erst nach 14 Jahren Bauzeit verließ 1985 der letzte A310 die Produktionshallen in Dieppe. Mit 9.276 Exemplaren ist der A310 das erfolgreichste aller Alpine-Modelle. Die wenigen, die überlebt haben, bieten Fahrfreude auf Porsche-Niveau und sind dabei deutlich günstiger.
Lamborghini Diablo
Lamborghini-Fahrer benötigten schon immer neben einem gut gefüllten Bankkonto auch ein besonders ausgeprägtes Selbstbewusstsein – vor allem wenn sie ein Modell aus der Prä-Audi-Ära kauften. „Der Diablo ist der letzte ungehobelte Lamborghini vor der Übernahme durch Audi“, sagt Frank Wilke von Classic Analytics, „und nimmt als Bindeglied zwischen Countach und dem ersten unter Audi-Regie entstandenen Murciélago eine exponierte Stellung in der Lambo-Historie ein.“
1990 kam der 492 PS starke Diablo in die wenigen Showrooms und ließ somit diejenigen Kinder ihre Nasen platt drücken, die heute vielleicht nach einem besonderen Spielzeug suchen – und es auch bezahlen können. Ein gutes Exemplar notiert mit 155.000 Euro rund eine Viertelmillion unter dem Countach – und dabei kann der Diablo alles viel besser und schneller. Er rennt je nach Ausführung 325 bis 360 km/h (Countach: 290–335 km/h), sein 5,7-Liter-V12 reißt ihn in vier Sekunden auf Tempo 100 – eine Sekunde schneller als sein Vorgänger.
Für die ersten Exemplare mit Baujahr 1990 ist das H-Kennzeichen in Reichweite, schon in drei Jahren ist es so weit. Der Allradantrieb hielt bei Lamborghini übrigens nicht erst mit der Übernahme durch Audi Einzug, der geschlossene Diablo VT (Visco Traction) kam schon 1993, die Roadster-Version wurde 1995 vorgestellt. Für Sammler empfiehlt sich die nur 150-mal gebaute Sonderedition Diablo SE 30, die 1993 zum 30. Geburtstag der Marke aufgelegt wurde.
Giulietta Sprint Veloce
„Das Beste an der Giulietta Sprint Veloce ist, dass sie ungeheuren Spaß macht“, so bringt es Hartmut Stöppel auf den Punkt. Der Alfa-Experte erinnert an die Mille-Miglia-Fähigkeit des schönen Coupés, an den Doppelnocker-Vierzylinder – „den Alfa-Motor schlechthin“, an die Mille-Miglia-Meldemöglichkeit bei Modellen bis Baujahr 1957 – und an die überschaubare Stückzahl von nur 3.058 gefertigten Exemplaren.
„Bei der 750er-Baureihe ist in den letzten ein bis zwei Jahren einiges passiert – und ich kann mir kaum vorstellen, dass die Preise jetzt stagnieren“, schätzt Hartmut Stöppel die erste Serie der Giulietta Sprint Veloce ein. „Einiges“ bedeutet bei der Giulietta Sprint Veloce eine Verdopplung der Marktpreise von rund 75.000 Euro im Jahr 2014 auf aktuell 149.000 Euro. Stöppel formuliert es pragmatisch: „Gestiegene Nachfrage bei gleichzeitig knappem Angebot kann direkte Auswirkungen auf den Fahrzeugwert haben.“ Genau so ist es.
Riley 1 1/2
„Völlig unterbewertet“, nennt Timo Joost von Classic Trader den Vorkriegsbereich, „das sind Autos mit zum Teil extrem niedrigen Stückzahlen, die meist weit unter 100.000 Euro kosten.“ Doch die wenig alltagstauglichen Fahrzeuge sind ein spezielles Thema für Fortgeschrittene und verlangen nach Erfahrung. Als „superinteressant“ bezeichnet Joost sportliche Vorkriegsautos – egal ob original oder zeitgenössisch umgebaut, wie die Riley Special. Denn „die Berührungsängste werden immer weniger.“
Bei einer erklecklichen Zahl von Riley ersetzen schmale Roadster- die originalen Limousinen-Karosserien. Eingefleischte Originalitätsbefürworter bezeichnen das natürlich als No-Go. „Doch der Markt verlangt es, also werden noch mehr Specials gebaut“, pflichtet Frank Wilke von Classic Analytics Joost bei.
Die leichten sportlichen Zweisitzer strahlen ja auch eine gewisse Faszination aus. Bei einem Gewicht um 800 bis 1.000 Kilogramm sorgt schon ein 75 PS starker Langhuber mit 1,5 Litern Hubraum für viel Fahrspaß. Gerade bei Oldtimer-Rallyes lassen sich solche Nachbauten trefflich genießen: Dort stampfen sie problemlos die Serpentinen hinauf und absolvieren dank großer Bremsfläche und großer Schwungmasse auch eine schnelle Abfahrt problemlos. Dank ihres Freisitzes können die Passagiere die Landschaft und das Straßengeläuf bestens genießen. Der Einstieg in die Riley-Special-Welt gelingt ab rund 65.000 Euro für ein ordentlich aufgebautes Exemplar. In England gibt es noch Nachschub.
Lancia B24 Spider
Dem Österreicher Maximilian Edwin Hoffmann verdankt die Automobilgeschichte viel: unter anderem die Anregungen zum Porsche 356 Speedster, Mercedes 300 SL, BMW 507 – und zum Lancia Aurelia B24 Spider. Hoffmanns Aufstieg zu einem der größten Automobilhändler der USA verlief rasant – und nahm den Anfang nach der Flucht des Österreichers 1928 über Frankreich nach New York, von wo aus er europäische Luxusmarken importierte. Er verkürzte seinen Namen zu Max Hoffman und wurde für Hersteller wie Alfa Romeo, BMW, Jaguar, Mercedes, Rolls-Royce und andere schnell zur Eintrittskarte auf den größten Automobilmarkt. Schnell stieg er zu einem der größten Autohändler des Landes auf.
Ein Grund dafür war seine besondere Gabe: Er wusste, was sich seine Kunden wünschten – und trat bei den Herstellern hartnäckig auf, bis er bekam, was er und seine Kunden wollten. Von Lancia forderte er ein sportliches Cabriolet mit eleganter Linienführung. Die Lancia-Verantwortlichen engagierten daraufhin Pininfarina, der mit dem Aurelia B24 Spider eines seiner größten Meisterstücke ablieferte. Das Cabriolet mit knapp geschnittener Windschutzscheibe, die an die populären Riva-Boote erinnert, gilt als Stil-Ikone, die mit ihrer Linienführung das Sportwagendesign maßgeblich beeinflusste.
Allerdings blieb der große Erfolg aus, im ersten Jahr entstanden 240 Exemplare, 1956 folgten 150, bevor der Spider 1967 mit konventioneller Frontscheibe und anderen Änderungen als Serie-2-Convertible noch 371-mal gebaut wurde. Die erste Serie legte in den vergangenen Jahren explosionsartig zu.
Mercedes 250 CE
Die sachliche Form des Mercedes Strich-Acht findet 1969 seine Vollendung im Coupé, das zwei Jahre nach Marktstart der Limousine nachgeschoben wird, um neue Kundenkreise zu erschließen: diejenigen, die sich kein W 111 Coupé leisten können oder wollen, und jene, die bei Mercedes einen bezahlbaren Zweitürer mit Platz für vier vermisst haben. Die um 260 Millimeter verlängerten Türen, der Verzicht auf den B-Pfosten in Verbindung mit den voll versenkbaren Seitenscheiben bescheren neben einem eleganteren Erscheinungsbild auch für die Passagiere ein ganz neues Raumgefühl gegenüber dem innen um 115 Millimeter längeren Viertürer.
Das Fahrwerk mit moderner Schräglenkerachse entspricht dem der Limousine, als Motorisierungen kommen im Coupé allerdings nur Reihensechszylinder zum Einsatz. Topmodell ist ab 1972 der 185 PS starke 280 CE, der vom DOHC-M-110 mit Leichtmetall-Querstromzylinderkopf angetrieben wird. Von 1969 bis 1976 entstehen insgesamt 67.048 Coupés.
In den vergangenen fünf Jahren lässt sich beim Coupé eine kontinuierliche Preissteigerung registrieren. 2011 notierte ein gepflegter 250 CE noch bei 16.000 Euro, aktuell werden 20.000 Euro aufgerufen.
VW-Porsche 914/4
Wenn die Nachfrage nach einem Klassiker steigt und die Preise folgen, rücken oft auch die benachbarten Modelle ins Blickfeld. Dies ist auch beim Porsche 914/6 zu verfolgen. Im Vergleich zum beliebteren Elfer war die Preisgestaltung des lange unter dem Kenner-Radar laufenden Mittelmotorsportlers deutlich reeller. Nachdem die Sechszylinder-Modelle nun auch enorm teuer geworden sind, weitet sich der Fokus auf den VW-Porsche 914/4.
Porsche-Experte Michael Knebel ist in den letzten Monaten eine erhöhte Nachfrage aufgefallen: „Die Vierzylinder-914 haben in der letzten Zeit spürbar an Beliebtheit zugelegt und sind verglichen mit den 911-F-Modellen ja auch noch deutlich seltener.“
Die robuste Antriebstechnik aus dem VW 411 E mit 80 PS starkem 1,7-Liter-Einspritzmotor verlangt zudem nach weniger Wartungsaufwand als beim Porsche-Boxer und sorgt in dem 950 Kilogramm leichten Zweisitzer für respektable Fahrleistungen – der Unterschied zum 110 PS starken Sechszylinder-Boxermotor aus dem 911 T scheint nicht so eklatant, als rechtfertige er einen Preisunterschied von rund 50.000 Euro – erst recht nicht beim ab 1973 gebauten 914-2.0, der mit 100 Einspritzer-PS fast die Fahrleistungen des 35 Kilogramm schwereren und zehn PS stärkeren 914/6 mit Vergasermotor erreicht.
Beim Zweiliter sieht auch Timo Joost von Classic Trader noch Potenzial: „Neben den Transaxle-Modellen tut sich beim 914-2.0 derzeit am meisten.“ Während der VW-Porsche 914/6 bei rund 74.000 Euro liegt, kostet der 914-2.0 weniger als ein Drittel – eine schwer zu verargumentierende Differenz.