Was es mit dem TikTok-Trend "Deconsumption" auf sich hat

Von "Treat yourself" zu "You don't need this": In den sozialen Medien formiert sich eine neue Bewegung gegen den endlosen Konsumrausch. Ihr Name: Deconsumption. Statt sich mit den neuesten Hauls zu brüsten, zeigen Creatorinnen und Creators jetzt, worauf sie bewusst verzichten. Und warum das ziemlich befreiend ist.
Weniger kaufen ist das neue Flexen
Einst war der Haul das Aushängeschild eines erfolgreichen Shoppingtrips: In liebevoll kuratierten Videos präsentierten Influencerinnen und Influencer ihre Ausbeute - mal Fast Fashion, mal Luxusprodukte, oft irgendwo dazwischen. Es ging um Trends, Must-haves und darum, dabei zu sein.
Doch die Stimmung kippt. Zwischen Klimakrise, Inflation und Müdigkeit am Konsumkarussell wird nun das Gegenteil gefeiert: der Anti-Haul. Statt: "Schaut, was ich mir alles gekauft habe" heißt es jetzt: "Schaut, worauf ich verzichte - und warum das gut ist."
Was ist Deconsumption?
Deconsumption, also etwa Ent-Konsumierung, ist der bewusste Verzicht auf Dinge, die man nicht wirklich braucht - nicht aus Zwang, sondern aus Einsicht. Kurz: Konsumverzicht. Dabei geht es aber nicht um Askese oder Minimalismus im dogmatischen Sinn, sondern vielmehr darum, sich von ständigen Kaufanreizen zu lösen. Nicht kaufen, weil man es nicht braucht. Oder weil man es schon hat. Oder weil das neue Serum den Selbstwert auch nicht rettet.
Die sozialen Medien sind seit einiger Zeit voll von Anti-Hauls: Videos, in denen nicht gezeigt wird, was gekauft wurde, sondern ganz explizit, was nicht. Und vor allem, welchen Trend-Käufen man nicht verfallen ist. "Ich habe 14 Duftkerzen, nutze aber nur zwei" oder "Dieses Make-up-Produkt? Nur Marketing." Andere zeigen ihre abgenutzten Turnschuhe oder die spärlichen Inhalte ihrer Kosmetiktasche.
Und offenbar kommt das gut an: Auf TikTok verzeichnen Videos mit den Hashtags #deinfluencing", #antihaul oder #deconsumption mehr als 65 Millionen Views. Und auch auf YouTube machen zahlreiche Videos mit Titeln wie "Trendige TikTok- und Instagram-Produkte, die du definitiv nicht brauchst" die Runde.
Warum kommt der Trend gerade jetzt?
Die Deconsumption-Welle kommt nicht aus dem Nichts. Die Pandemie, weltweite Krisen, Kriege, die Klimakatastrophe und gleichzeitige Dauerwerbebeschallung auf Social Media haben bei vielen Spuren hinterlassen.
Die schiere Masse an Werbevideos, Rabattcodes und "unbezahlter Werbung" hat viele Userinnen und User müde gemacht. Wenn jedes Produkt als "life-changing" beworben wird, verliert der Begriff seinen Wert. Anti-Hauls wirken da wie eine wohltuende Pause vom Dauerverkaufsmodus.
Dazu kommen steigende Preise, unsichere Jobs, kaputte Rentenversprechen. Was früher "Retail Therapy" war, fühlt sich heute nach Fehlinvestition an. Besonders die Jüngeren - oft als konsumfreudig abgestempelt - denken um. Sparen ist das neue Statussymbol. Der größte Flex? Nichts kaufen.