Exa CFD-Software für die Formel 1

Der Windkanal ist ein aussterbendes Werkzeug. Die Teams schwenken immer mehr auf CFD-Simulation um. Auch in der Formel 1. Die US-Firma Exa bietet eine Software an, die ein digitaler Windkanal ist. Mit ihr soll das Überholproblem gelöst werden.
Windkanäle sind teuer. Schon seit Jahren werden keine neuen mehr gebaut. Höchstens alte modernisiert. Teams wie McLaren oder Force India weichen in bestehende Anlagen wie die von Toyota aus, weil es sich nicht mehr lohnt, ihre eigenen zu renovieren. Der Punkt ist absehbar, an dem man den Windkanal nicht mehr braucht. In vielen Technikbüros hat die CFD-Simulation bereits den Windkanal überholt. CFD (Computational fluid dynamics) ist die digitale Darstellung von Strömungsverhältnissen.
Force India-Technikchef Andy Green gibt zu: „Mit CFD bekommen wir im Vergleich zum Windkanalmodell eine bessere Vorstellung davon, was wirklich am Auto passiert. Früher war das Verhältnis 60:40 zugunsten des Windkanals, jetzt ist es umgekehrt bei ungefähr 70:30 für CFD. Wir sind mittlerweile extrem auf CFD angewiesen, weil man am Computer Dinge erkennt, die man im Windkanal unmöglich sehen kann.“ Hinzu kommt: Windkanalversuche gehen ins Geld, kosten Zeit und binden viel Personal. Es muss für jede Modifikation eine Änderung am Modell erstellt werden.
Von der Serienentwicklung zum Motorsport
Viele Teams haben selbst CFD-Software entwickelt und auf ihre Bedürfnisse angepasst. Es gibt inzwischen aber auch externe Anbieter. Einer der größten ist das US-Unternehmen Exa aus Burlington. Ursprünglich entwickelte Exa für Automobilkonzerne eine Simulationssoftware im Pkw-Bereich. Kunden sind unter anderem BMW, Fiat, Chrysler, Ford und Honda. Doch Schritt für Schritt wurde auch der Motorsport für Exa interessant. Dort ist die Entwicklungsgeschwindigkeit höher und damit auch der Bedarf an Software.
Exa liefert für Rennteams in der Formel 1, WEC, der DTM, der US-Rennszene und der Formel E die Basis-Software mit dem Namen Powerflow, die individuell aufgerüstet werden kann. Dazu stellt der Software-Anbieter auch Kundenbetreuer. Der erste Kontakt zum Motorsport kam über BMW. Ein Formel-1-Rennstall hat mit Hilfe des digitalen Windkanals gerade in diesem Jahr erhebliche Fortschritte auf den Gebiet der Aerodynamik gemacht. Für weniger Geld als zuvor.
Es geht im Motorsport aber nicht nur darum, das letzte Zehntel an Rundenzeit zu finden. In fast allen Rennserien zerbricht man sich den Kopf darüber, wie man die Show verbessern kann. Überholen ist wegen der immer ausgefeilteren Aerodynamik zum Problem geworden. Es werden Wege gesucht, wie man die Aerodynamik so weit herunterfahren kann, dass einerseits nicht die Individualität der Autos verloren geht, andererseits zwei Autos dicht hintereinander herfahren können.
In Bits und Bytes geht es schneller
In der DTM hat man bereits erfolgreich den Anfang gemacht. Viele der kleinen Aero-Hilfen, die die Luft für das hinterherfahrende Auto verschlechtern, wurden abgeschafft. BMW gab bei Exa in Auftrag herauszufinden, wie der M4 mit 30 Prozent weniger Abtrieb immer noch fahrbar und konkurrenzfähig ist. Die US-Firma hatte eine digitale Plattform entwickelt, auf der man die Strömungsverhältnisse von zwei Autos hintereinander darstellen kann. So lassen sich Lösungen entwickeln, dem nachfolgenden Auto saubere Luft zu bieten.
Exa ist mittlerweile auch mit den neuen Formel-1-Besitzern im Geschäft. Hier sollen in zwei Schritten Autos entstehen, mit denen wieder Rad-and-Radkämpfe möglich sind. Der Abtriebsverlust für das folgende Auto soll minimiert werden. Den ersten Schritt dorthin wird man bereits in der Saison 2019 sehen. Frontflügel und Bremsbelüftungen werden vereinfacht, der Luftstrom nicht mehr außen am Auto vorbeigeleitet, sondern innen.
CFD-Simulationen haben ergeben, dass bei den aktuellen Autos alle schädlichen Turbulenzen hinter dem Auto just dort wieder zusammentreffen, wo sich der Frontflügel des nachfolgenden Autos befindet. Das bedeutet für den Verfolger Abtriebsverlust und in der Folge auch weniger Grip von den Reifen. Im Jahr 2021 soll dieser Prozess abgeschlossen sein. Dann wird die Formel 1 ein komplett neues Gesicht bekommen.
Die digitale Darstellung von „dirty air“ hat bei dieser Arbeit geholfen, weil so zum ersten Mal sichtbar wurde, was hinter einem Rennauto passiert, sowohl auf der Gerade, als auch bei Kurvenfahrt. Und welchen Einfluss das auf die Aerodynamik des Verfolgers hat. Während man im Windkanal zwei Autos hintereinander stellen und in vielen Testreihen mühsam herausfinden müsste, unter welchen Bedingungen das nachfolgende Auto schlechte Luft abbekommt, lassen sich am Computer Abstände und die Positionen der beiden Autos zueinander beliebig verschieben und die Folgen davon sichtbar machen. In Bits und Bytes geht es schneller und billiger.