F1-Tagebuch GP Spanien 2018

In ihren Grand Prix-Tagebüchern liefern die auto motor und sport-Reporter persönliche Eindrücke vom Arbeitsalltag an einem Formel-1-Wochenende. In Folge 5 berichtet Tobias Grüner darüber, was hinter den Kulissen beim GP Spanien los war.
Nach den vier Übersee-Rennen zum Saisonstart landete der Formel-1-Zirkus zur fünften Station endlich in Europa. Der GP Spanien zählt für uns normalerweise zu den angenehmeren Wochenenden im Kalender. Es gibt günstige Direktflügel von Stuttgart nach Barcelona. Die Fahrt vom Hotel zur Rennstrecke dauert nur wenige Minuten. Und das spanische Essen ist bekanntlich alleine schon eine Reise wert.
Einzig das kostenpflichtige Internet an der Strecke trübt etwas die Stimmung. 15 Euro verlangen die Organisatoren pro Tag für die wackelige Leitung. Früher gehörten Gebühren für die Verbindung zum World Wide Web eher zur Regel als zur Ausnahme. Doch das hat sich mittlerweile geändert. Bis auf das arme Brasilien und eben Spanien bieten alle Strecken kostenlosen Internet-Zugang im Pressesaal an.
Falsche Favoriten-Prognose
Den Flieger nach Barcelona bestiegen wir im Mai bereits das dritte Mal in diesem Jahr, nachdem wir schon im Februar zwei Testwochen in Katalonien abgespult hatten. Ich erinnere mich noch gut, als wir in unserem Live-Ticker vor dem Saisonstart vermeldeten, dass Mercedes eine Sekunde schneller unterwegs sei als der Rest der F1-Welt. Als Vettel dann überraschend den Auftakt in Australien gewann, gab es von den Tifosi natürlich Häme für unsere Ferrari-feindliche Analyse.
Zwei Faktoren sorgten dafür, dass unsere Melbourne-Prognose nicht eintraf: Erstens kam Ferrari mit deutlich verbesserter Fahrzeugbalance zum ersten Rennen. Und zweitens war dem Silberpfeil die Strecke in Barcelona vom Layout wie auf den Leib geschneidert. Wie gut es passte, zeigte sich beim Rennen am Sonntag. Nach dem etwas glücklich eingefahrenen Baku-Erfolg stand Lewis Hamilton am Ende zum zweiten Mal in Folge ganz oben auf dem Treppchen. Und dieses Mal völlig verdient.
Valtteri Bottas machte auf Rang 2 den ersten Mercedes-Doppelsieg des Jahres perfekt. Das Imperium hatte damit nach dem starken Ferrari-Saisonstart zurückgeschlagen. Vettel blieb auf Rang 4 noch hinter Max Verstappens völlig chancenlos. Im Lager der Roten rätselte man anschließend, ob der Grund für die Formschwäche nur in der Strecke oder auch in den Pirelli-Spezialreifen mit dünnerer Lauffläche zu suchen war.
Ferrari-Spiegel beschäftigen die FIA
Nicht nur die Reifen bestimmten am Spanien-Rennwochenende die Schlagzeilen, sondern auch die Rückspiegel. Ferrari hatte sich für die Montage seiner Spiegel am Halo-Bügel eine besondere Konstruktion ausgedacht. Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich am Donnerstag alle fünf Minuten zur FIA-Garage gerannt bin, um die technische Abnahme des Vettel-Autos nicht zu verpassen und einen genauen Blick auf das kleine Aero-Kunstwerk zu werfen.
Die Ingenieure hatten die Befestigung mit einer kleinen zusätzlichen Finne versehen, die auf die Stabilität des Spiegels aber keinen Einfluss hatte und nur der Aerodynamik diente. Trotzdem hatte die FIA bei der ersten Untersuchung keine Einwände gegen die Lösung. Erst als sich die Konkurrenz beklagte, warf Rennleiter Charlie Whiting noch einmal einen genaueren Blick auf das Bauteil. Der Kompromiss sah schließlich so aus, dass Ferrari den Spiegel fahren durfte, aber für das nächste Rennen in Monaco umbauen musste.
Es gab in Barcelona auf und neben der Strecke jede Menge interessante Themen. Gut in Erinnerung ist mir auch noch der Auftritt von Hockenheim-Geschäftsführer Georg Seiler. Er machte beim Europa.Auftakt schon einmal Werbung für unser Heimrennen im Juli und hatte gute Nachrichten im Gepäck. Der Ticket-Verkauf laufe besser als erwartet. Doch die Aussichten für die Zukunft seien wenig optimistisch. Man wolle keinerlei finanzielles Risiko bei künftigen Verträgen mehr eingehen, diktierte uns der Hockenheim-Boss in die Blöcke.
Bei der großen Konkurrenz an Rennstrecken war zu befürchten, dass 2017 auf lange Zeit das letzte F1-Rennen im Motodrom ausgetragen wird. Doch dann musste Miami wegen fehlender Genehmigungen absagen. Und auch die anderen neuen Kandidaten wie zum Beispiel Hanoi oder Kyalami konnten nicht schnell genug einspringen. So befand sich Seiler unverhofft in einer sehr guten Verhandlungsposition, was dazu führte, dass der Grand-Prix-Zirkus 2018 zum Schnäppchenpreis nach Baden reist.
Einbruchsserie trotz Ordnern
Die letzte Geschichte, die mir vom Spanien-Rennen in Erinnerung bleibt, hatte leider kein Happy End. Nach dem Freitagstraining erlebten wir und viele andere Journalisten eine unschöne Überraschung auf dem Presseparkplatz hinter der Haupttribüne. Kriminelle hatten alle Autos aufgebrochen, die nach Mietwagen aussahen. Überall waren die Scheiben eingeschlagen, überall lagen Glassplitter herum.
Zum Glück hatten wir aus schlechter Erfahrung keine Wertgegenstände im Fahrzeug. Einem unserer Fotografen war bereits bei den Wintertests die komplette Ausrüstung entwendet worden. Der Schaden belief sich auf mehr als 20.000 Euro. Obwohl wir glimpflich davon kamen, mussten wir den Einbruch in einem speziell eingerichteten Polizei-Container an der Strecke melden. Den langwierigen Prozess hätten wir uns an einem stressigen Rennwochenende gerne erspart.
Dazu kam, dass unsere Mietwagen-Firma Herz den Schaden wegen einer fehlenden Vollkasko-Versicherung nicht übernehmen wollte. Wir hatten den Polizei-Report bei der Abgabe des Autos am Flughafen (früh morgens vor Öffnung des Herz-Büros) auf den Fahrersitz gelegt, trotzdem wurde die Zahlung für die gebrochene Seitenscheibe verweigert. Für das kommende Jahr haben die Veranstalter angekündigt, die Sicherheitsmaßnahmen zu verbessern. Doch unser Vertrauen in die spanischen Security-Dienste hält sich ehrlich gesagt in Grenzen.
In der Galerie haben wir einige Bilder vom Geschehen hinter den Kulissen des GP Spaniens für Sie zusammengestellt.