Hat Hockenheim eine Chance?
Formel-1-Boss Chase Carey hofft, in diesem Jahr trotz Corona noch 15 bis 18 Rennen im Kalender unterzubringen. Es werden alle Optionen abgeklopft. Plötzlich ist auch der Hockenheimring im Spiel. Zwischen den Parteien gab es bereits ein kurzes, unverbindliches Gespräch.
Welches Rennen würde Sebastian Vettel am meisten vermissen, sollte es der Corona-Krise zum Opfer fallen? Der erste Grand Prix, der dem Heppenheimer in den Sinn kommt, ist Hockenheim. Das Heimrennen, das Vettel nie gewinnen konnte. Es hängt ihm trotzdem besonders am Herzen. "Hockenheim war ja aber leider ohnehin nicht vorgesehen für den Rennkalender." Also wählt Vettel Suzuka.
So abwegig es klingt: Doch die Corona-Krise könnte Hockenheim einen kleinen Spalt öffnen, um 2020 doch ein Formel-1-Rennen auszutragen. Das Formel-1-Management hat mit den Betreibern der badischen Rennstrecke deshalb bereits telefoniert. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) hatte zuerst davon berichtet.
Formel 1 geht es um Quantität./strong>
Der ursprüngliche Rennkalender sah 22 Grands Prix vor. So viele wie noch nie in einem Jahr. Doch statt Rekordkalender gibt es Corona. Wegen der grassierenden Pandemie musste die Formel 1 alle Pläne verwerfen. Die ersten zehn Grands Prix des Jahres sind entweder gestrichen (Melbourne, Monte Carlo, Paul Ricard) oder auf unbestimmte Zeit verschoben. Verschiedene Optionen liegen auf dem Tisch. Von Totalausfall bis hin zu 18 Rennen.
Formel-1-Chef Chase Carey hofft, mit der Saison am ersten Juli-Wochenende in Österreich starten zu können. Und direkt danach auf der gleichen Strecke ein zweites Rennen auszutragen. Der Formel 1 geht es um Quantität. Die Königsklasse träumt von einem Alternativkalender mit mindestens 15 Rennen. Ab dieser Anzahl wären die TV-Gelder gesichert. Und das wiederum würde allen zehn Teams das Überleben sichern.
Die Planspiele umfassen nicht nur Rennstrecke., die im Ursprungskalender standen. Sondern auch Strecken, die Erfahrung haben, einen Grand Prix auszurichten. Wie Hockenheim. Die Geschäftsführung der Traditionspiste, auf der die Formel 1 in ihrer Geschichte 37 Mal gastierte, steht grundsätzlich in Kontakt mit dem Formel-1-Management. Man tauscht sich über generelle Themen aus. Hockenheim und die Formel 1 wollen den Kontakt zueinander nicht abreißen lassen, obwohl für 2020 eigentlich kein Grand Prix vorgesehen war.
Eine vage Anfrage
Im Zuge dieser unregelmäßigen und eher lockeren Gespräche wurde auch über die Corona-Krise gesprochen. Klar, an diesem Themen kommt man derzeit in keiner Gesprächsrunde vorbei. Das Formel-1-Management hörte mal vor: Wäre es denkbar, dass Hockenheim 2020 einspringt? Mehr nicht. Es ging nicht um Vertragsdetails. Über Finanzielles wurde nicht gesprochen. Auch nicht über einen Zeitraum für das Rennen. Deshalb sollten Fans noch nicht zu träumen beginnen.
Die lose Anfrage an Hockenheim verdeutlicht, in welcher Bredouille die Formel 1 steckt. Hockenheim könnte mit seiner Routine ohne größere Probleme einen Grand Prix auf die Beine stellen. Ohne Fans an der Rennstrecke ist der logistische Aufwand wesentlich geringer. Weniger Parkplätze, die bereitgestellt und überwacht werden müssen. Weniger Security. Weniger Reinigungskräfte. Weniger Aufwand für Aufbauten neben der Strecke, wie zum Beispiel spezielle Bereiche für die Fans – sogenannte Fan-Zones.
Insider sagen, Hockenheim brauche nur eine Arbeitswoche, um einen Grand Prix zu realisieren, sobald die Planung steht. Für die Organisation benötigen die Betreiber eine geringe Vorlaufzeit. Hockenheim und die Formel 1 kennen sich gut. Man ist ein eingespieltes Team. Es wäre vom Aufwand mit einem Back-to-back-Rennen zu vergleichen, heißt es. Der Zirkus kommt, baut seine Zelte auf und baut sie am Rennsonntag nach getaner Arbeit wieder ab.
Hockenheim ist eine geübte Rennstrecke. Und die Formel 1 kennt jedes Steinchen, jeden Tribünenaufgang, jede Nische. Da weiß man, was man vorfindet und wie man zu planen hat, um alle Hygienevorschriften einzuhalten.
Geringe Hoffnungen auf GP Deutschland
Von echten Verhandlungen kann man nicht sprechen. Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit auf ein erneutes Hockenheim.Comeback wie 2019 noch sehr gering. Ein zartes Pflänzchen, das man mit zu hohen Erwartungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht zertreten sollte.
Ein Grand Prix steht und fällt mit den Finanzen – und vor allem mit den Auflagen der (Landes-) Regierung. In der Vergangenheit zahlte Hockenheim ein Antrittsgeld zwischen 15 und 20 Millionen Euro. Das war zu viel, um das Rennen auf Dauer aufrecht zu erhalten. Deshalb hätte Hockenheim für lange Zeit kein Formel-1-Rennen mehr gesehen.
Das Antrittsgeld müsste wegfallen. Denn ohne Zuschauereinnahmen würde die Rennstrecke ein dickes Minus schreiben. Kein Wirtschaftsunternehmen legt in Corona-Zeiten freiwillig drauf. Im Gegenteil. Eigentlich müsste die Formel 1 einen Grand Prix sogar bezuschussen. Eine schwarze Null reicht nicht. In Corona-Zeiten muss man Geld verdienen, um Arbeitsplätze zu sichern. Ins Risiko zu gehen, konnte sich Hockenheim schon vorher nicht erlauben. Jetzt umso weniger.
Und da wären noch die Auflagen der Politik. In Deutschland sind Großveranstaltungen bis zum 31. August verboten. Selbst ohne Fans, ohne Medien und mit abgespecktem Personal kommt die Formel 1 noch auf ein Aufgebot von über 1.000 Personen, die sich auf dem Gelände bewegen. Ohne Lockerungen wäre da kein Grand Prix möglich.
Einen Türspalt könnte der Fußball öffnen. Die Bundesliga will ihren Betrieb im Mai wieder aufnehmen. Mit maximal 300 Personen auf dem Stadiongelände. Sollte das funktionieren, könnte die Politik womöglich auch anderen Sportarten unter die Arme greifen. Trotzdem: Im Moment sollte man die Hoffnung auf einen GP Deutschland 2020 gering halten.
Und falls Sie sich fragen, ob die Formel 1 auch an den Nürburgring herangetreten ist: Nein, das ist nicht der Fall. Wenn überhaupt, dann verkehrt die Königsklasse in diesem Jahr auf dem Hockenheim.ing.