Haas dreht sich im Kreis
Haas rutscht immer weiter in die Krise. In Silverstone fuhren sich beide Piloten in der Startrunde auch noch ins Auto. Das Reifenrätsel ist auch noch nicht gelöst.
Silverstone ist eigentlich eine Strecke, die auf die Autos von Haas zugeschnitten ist. Schnelle Kurven, ein ebener Belag mit viel Grip, ein hoher Volllastanteil, auf dem der Ferrari-Motor seine Stärken ausspielen kann. Trotzdem qualifizierten sich Romain Grosjean und Kevin Magnussen nur für die Startplätze 14 und 16.
Das war eine Enttäuschung, nachdem Magnussen zwei Wochen zuvor in Spielberg noch die fünftschnellste Trainingszeit gefahren war. Der Däne lobte: „Jeder im Team sollte stolz sein, dass wir ein Auto haben, mit dem so etwas möglich ist.“ Es ist aber nur viel zu selten möglich. Und die von Magnussen angesprochenen Qualitäten hätten sich speziell in Silverstone zeigen sollen.
Doch bei Haas drehte sich im England alles um eine andere Frage: Warum ist ein Auto am Sonntag so langsam, das am Samstag so schnell sein kann? Deshalb ging der komplette Freitag für Versuchsfahrten und Datensammlung drauf.
Grosjean und Magnussen verwendeten den ersten Trainingstag damit herauszufinden, warum die Reifen im Renntrim erst gar nicht richtig auf Temperatur kommen oder nach oben aus ihrem Arbeitsfenster schießen, sobald sich die erste Gummischicht abgehobelt hat.
„Dann beginnt das Auto zu rutschen, und das Rutschen heizt die Lauffläche noch mehr auf“, beschreibt Magnussen den Teufelskreis, in dem er in Frankreich und Österreich steckte. Das US-Team steht auf Kriegsfuß mit Pirellis 2019er Sohlen. Darum drehen sich fast alle Gespräche der Techniker mit den Fahrern. Man könnte fast von einem Entwicklungs-Stillstand sprechen, weil die Reifen.rage alles überschattet.
Altes Autos schneller als neues
Inzwischen gibt es kein Denkverbot mehr. Alles wird in Frage gestellt. Das Setup, die Simulation, die Aerodynamik, die vielleicht eine Spur zu spitz ist, die Vorbereitung der Reifen, der Fahrstil, das Problem im Verkehr nicht das Tempo anschlagen zu können, das die Reifen zum Aufwärmen brauchen.
„Es ist ein unglaublich komplexes Problem, das vielleicht ungewöhnliche Lösungsansätze braucht“, gibt Magnussen zu. Er sagt auch: „Wir haben ein sehr gutes Produkt, aber bei Problemen dieser Größenordnung spürt man, dass wir das kleinste Team im Fahrerlager sind.“
Ein Teil der Standortbestimmung ist ein interner Vergleichstest, mit dem Haas in Silverstone begonnen hat. Grosjean saß in einem Auto Stand Melbourne, Magnussen im VF-19 der letzten Spezifikation. Dass der alte Haas schneller war als der neue muss aus Sicht der Aerodynamiker beunruhigend sein.
Beobachter stellen fest, dass die US-Renner grundsätzlich sehr hart abgestimmt sind. „Man sieht es an den Köpfen der Fahrer, wie die im Cockpit hin- und hergeworfen werden.“ Ein hartes Fahrwerk soll dafür sorgen, dass die Aerodynamik im Fenster bleibt.
Diese Philosophie kann auf eine Runde gutgehen. Auf die Distanz killt es die Reifen. Das würde auch die exzellente Vorstellung der Haas in Barcelona erklären. Mit dem neuen Asphalt ist der Circuit de Catalunya ein topfebener Parkettboden.
Hoffnung auf 2020er Reifen./strong>
Auch Silverstone wurde neu asphaltiert. Auch hier ist der Belag deutlich ebener geworden. Doch der neue Teer stresst wegen seiner extremen Griffigkeit die Reifen auch mehr. Viele Teams mussten am Samstag gegensteuern, weil am Freitag die Vorderreifen in die Knie gingen.
Das drückte auf die Rundenzeiten in der Qualifikation. Auch bei Haas. Magnussen berichtete, dass er vorne plötzlich keinen Grip mehr spürte. Grosjean rapportierte ein viel besseres Gefühl mit dem alten Auto, was sich aber nicht in der Rundenzeit niederschlug.
Ob die Fahrzeug-Abstimmung dann am Sonntag einen Vorteil gebracht hätte, ließ sich nicht herausfinden. Das Rennen war für den US-Rennstall schon nach neun Runden zu Ende. Grosjean und Magnussen fuhren sich ausgangs Kurve 6 so heftig ins Auto, dass an Leitblechen und Unterböden irreparable Schäden entstanden.
Deshalb wird das Experiment mit der zweigleisigen Aerodynamik in Hockenheim fortgesetzt. Die Silverstone-Spezifikation wird sogar noch mit einem Upgrade verfeinert. Die Entwicklung des 2020er Autos leidet laut Teamchef Guenther Steiner nicht: „Pirelli hat uns versprochen, dass wir nächstes Jahr Reifen mit einem größeren Arbeitsfenster bekommen.“