Interview mit Racing Point-Fahrer Sergio Perez
Sergio Perez spricht im Interview über ein schwieriges Jahr 2019 für Racing Point, die Aussichten für die kommende Saison, die Wertschätzung im Fahrerlager und die Eventualität, vielleicht nie ein Rennen zu gewinnen.
Wie lautet das Saisonfazit?
Perez: Es war eine Saison mit Aufs und Abs. In allen Beziehungen war es nicht das beste Jahr für uns. Trotzdem habe ich einen Platz in den Top 10 der Fahrerweltmeisterschaft erreicht.
Wo lagen die Probleme?
Perez: Das Hauptproblem war die Unterstützung des Autos. Wir hatten über weite Strecken kein konkurrenzfähiges Auto. Das macht es kompliziert.
Wie sehr hat der Besitzerwechsel mitten in 2018 die Saison 2019 beeinflusst?
Perez: Das hat uns definitiv beeinträchtigt. Es war ein Übergangsjahr. Das war uns vorher klar. Wir lagen hinter dem Zeitplan. Du kannst dich darauf einstellen, doch es ist trotzdem hart, weil sich eine Saison so lange zieht.
Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung unter der Saison?
Perez: Wir haben uns nicht so sehr verbessert, wie wir wollten. Damit können wir nicht zufrieden sein. Wir waren einfach zu spät dran, und mussten zu viel aufholen. Aber wir haben viel ins nächste Jahr gesteckt.
Sind Sie jetzt im Zeitplan für 2020?
Perez: Das sind wir. Ich denke, es kann die erste Saison unter der neuen Führung werden, in der wir sehr stark sind.
Was heißt das?
Perez: Wir wollen Vierter werden. Das ist unser Hauptziel.
McLaren war 2019 einen Schritt vor dem Mittelfeld.
Perez: Wenn wir unsere Entwicklungsziele erreichen, können wir ihnen einen harten Kampf liefern. Ich freue mich darauf. Wir können selbstbewusst auf 2020 blicken. Klar ist jedes Team zu diesem Zeitpunkt optimistisch, was das kommende Jahr angeht. Nicht der Start wird entscheidend, sondern wo du aufhörst. Es zählt die WM-Tabelle nach Abu Dhabi.
Welche positiven Eigenschaften des RP19 wollen Sie in die nächste Saison übertragen?
Perez: Unsere Rennpace war vielversprechend. Diese Stärke müssen wir 2020 behalten. Über eine Runde war das Auto 2019 sehr schwierig zu fahren. Da müssen wir ansetzen. Die Aerodynamik des Autos war sehr spitz. Wir hatten nur ein schmales Fenster, indem es funktionierte.
Wie ist die Atmosphäre im Team unter den neuen Besitzern?
Perez: Sie ist gut. Wir alle wissen, dass wir 2020 abliefern müssen.
Sie haben einen Dreijahresvertrag unterschrieben. Warum binden Sie sich so lange an Racing Point?
Perez: Weil das Team jetzt stabil ist. Die Plattform passt. Ich hoffe, dass wir 2020 nicht nur McLaren angreifen, sondern auch deutlich näher an den Topteams dran sind.
Wie sehen Sie Ihre eigene Leistung 2019?
Perez: Solange du nicht Weltmeister bist, willst du mehr. Wenn ich mir unser Leistungsniveau in 2019 anschaue und sehe, wo ich in der Weltmeisterschaft gelandet bin, kann ich mit mir selbst zufrieden sein. Die zweite Saisonhälfte war eine der besten überhaupt in meiner Laufbahn. Wir hatten gewiss nicht das schnellste Auto im Mittelfeld. Ich denke, ich fahre so gut wie nie zuvor. Das Auto lässt leider nicht mehr zu. Als Fahrer durchlebe ich einen großartigen Abschnitt meiner Karriere. Ich habe Erfahrung, bin sehr engagiert und motiviert.
In der Formel 1 gibt es nur drei siegfähige Autos. Sechs Fahrer können Rennen gewinnen. Wie schwer ist es für Sie, damit umzugehen?
Perez: Das ist natürlich frustrierend. Aber es gibt immer die Hoffnung, dass es im nächsten Jahr besser wird.
Haben Sie Angst, vielleicht nie ein Rennen zu gewinnen, obwohl es Ihnen die Fachwelt zutraut?
Perez: Leider läuft es so in der Formel 1. Schauen Sie sich Nico Hülkenberg an. Er ist einer der besten Fahrer im Fahrerlager. Aber er stand nie auf dem Podest, weil er kein Auto hatte, um es zu schaffen. Die Zeit wird zeigen, ob ich jemals ein Rennen gewinne. Ich kann zufrieden sein mit dem, was ich erreicht habe, angesichts der Werkzeuge, die ich dafür hatte. Ich hatte nie ein Auto, um auf das Podest zu fahren, habe es aber trotzdem acht Mal geschafft.
Woher kommt die Motivation, wenn man im Mittelfeld ohne Siegchancen fährt? Ein Sportler will doch immer gewinnen.
Perez: Ich ziehe die Motivation daraus, mehr zu leisten, mehr aus dem Paket zu holen, als eigentlich drinsteckt. Manchmal werde ich Zehnter, weiß aber, so gut wie der Erste gefahren zu sein. Der Unterschied liegt im Auto. Ich will über mich hinauswachsen. Das ist meine Motivation.
Best-of-the-rest zu sein, ist also wie ein Sieg?
Perez: Ja. Ein weiterer Sieg ist es, wenn mein Vertrag ausläuft, und ich Angebote erhalte. Es gibt immer Optionen für mich. Andere Teams beobachten mich. Das ist schön zu wissen. Das bedeutet mir etwas als Formel 1.Fahrer.
Ist die Wertschätzung manchmal mehr wert als ein Sieg?
Perez: Nein, einen Sieg würde ich schon vorziehen. Aber die Dinge sind, wie sie sind.
Schauen Sie manchmal zurück auf Malaysia 2012? Damals hatten sie den Sieg vor Augen, verloren aber gegen Alonso im Ferrari.
Perez: Nein, ich bin keiner, der sich zu lange mit der Vergangenheit beschäftigt. Ich versuche, daraus zu lernen, konzentriere mich aber auf das Hier und Jetzt.
Würden Sie in einem Mercedes, Ferrari oder Red Bull gewinnen?
Perez: Ja, das denke ich. Ich hoffe, dass ich eines Tages die Chance bekomme zu zeigen, zu was ich in der Lage bin. Ich bin seit zehn Jahren in der Formel 1. Du weißt nie, wann die Chance kommt. Du kannst als Fahrer nur sicherstellen, dass du bereit bist, sobald sie auftaucht.
Was ist Ihre Benchmark? Ein Sieger weiß, dass er gute Arbeit abgeliefert hat. Woher wissen Sie es?
Perez: Das spürst du im Inneren, wenn du an einem Renntag mehr abgeliefert hast, als eigentlich mit dem Auto möglich ist.
In wie vielen Rennen haben Sie 2019 mehr herausgeholt, als möglich war?
Perez: Ich würde sagen in fünf oder sechs. Es ist sehr schwer, alles perfekt hinzubekommen. Der Rest war überwiegend gut. Es gab aber auch schlechte Rennen. Aber mit den fünf, sechs Super-Rennen bin ich sehr, sehr zufrieden.
Was war der schlechteste Moment? Hockenheim?
Perez: Nicht unbedingt. Da habe ich einen Fahrfehler gemacht. Ich würde eher sagen Barcelona. Das ist der Moment, wo alle ihre Upgrades bringen. Da musst du dich verbessern. Das ist uns nicht gelungen. Den anderen aber schon. Das hat uns zurückgeworfen.