Marcus Ericsson im Interview
Marcus Ericsson fuhr beim GP Bahrain zum ersten Mal seit dem GP Italien 2015 in die Punkte. Der Schwede erzählt von einem seiner besten Formel 1-Rennen, die harte Zeit davor und seine Aussichten bei Sauber in dieser Saison.
War der GP Bahrain Ihr bester Grand Prix?
Ericsson: Einer der besten. Mexiko 2016 war auch gut. Da gab es aber keine Punkte dafür. Deshalb war das Rennen in Bahrain ein spezieller Boost.
War es von Anfang an geplant, mit nur einem Stopp zu fahren?
Ericsson: Wir hatten mehrere Pläne, aber Plan A war ein Stopp. Wir wussten, dass das die größten Chancen auf ein gutes Resultat bringen würde. Das Fragezeichen war, ob wir die Reifen durch die langen Stints zu bringen.
Wie schwer war es ein Rennen inmitten lauter Zweistoppern zu fahren? Sie haben ja nie einen direkten Gegner?
Ericsson: Das ist sehr schwierig. Du musst sehr taktisch und diszipliniert fahren, wissen, wann du attackieren und wann du dich zurücknehmen musst. Du darfst nie die Reifen überfahren, weil sonst die Strategie im Eimer ist. Kritisch wurde es in Runde 15, als alle zum Boxenstopp abbogen. Danach hatte ich eine freie Strecke. Ich wusste dass ich in den kritischen Runden Zeit machen musste, damit der Plan aufgeht. Ich musste aber auch bis zu meiner Zielrunde kommen, damit der zweite Stint nicht zu lang wird. Und der war aus einem anderen Grund hart. Du siehst deine Gegner nicht, aber du weißt, dass sie irgendwann kommen werden, weil sie frischere Reifen haben als du. Als Alonso und Vandoorne angeflogen kamen, habe ich mich gar nicht groß gewehrt. Da verheizt du schnell deine Reifen, und dann musst du am Ende doch einen zweiten Stopp einschieben.
Wann entscheiden Sie, einen Zweikampf aufzugeben, weil es für den Rest des Rennens besser ist?
Ericsson: Das war das Problem bei Vandoorne. Er hat mich 10 Runden vor Schluss eingeholt. Natürlich willst du den Platz dann nicht mehr hergeben. Aber ich wusste auch, dass dahinter noch eine Gruppe mit Ocon und Sainz ist. Nach drei Runden habe ich Stoffel vorbeigelassen, um meine Reifen für das Finale zu schonen. Wenn die Pirelli-Reifen mal über die Klippe gehen, verlierst du 5 Sekunden pro Runde.
Wann haben Sie zum ersten Mal gemerkt: Das könnte Punkte geben?
Ericsson: Schon als ich nach drei Runden Zwölfter war, wusste ich, dass wir auf einer guten Strategie sein würden. Wir haben unser Auto für das Rennen abgestimmt. Gleich nach dem Boxenstopp hatte ich dann das Gefühl, dass es klappen könnte. Aber wenn du so oft so lang an Punkte vorbeigeschrammt bist, fährt immer die Angst mit, dass noch irgendwas dazwischen kommt.
Wir hart war die punktelose Zeit nach Monza 2015?
Ericsson: Das ist hart. Du bist ja hier, weil du Punkte holen willst. Das schlaucht mental, weil du leicht das Vertrauen in dich selbst verlieren kannst. Du arbeitest so hart wie die anderen und kriegst nichts dafür. Vier Mal war ich Elfter seit Monza 2015. Jedes Mal schienen Punkte in Reichweite, und dann kam irgendwas Blödes dazwischen, wie ein Safety-Car zur falschen Zeit. Eine meiner Stärken ist, dass ich immer an mich geglaubt hatte. Es hat sich ausgezahlt.
Was haben Sie aus dieser Zeit gelernt?
Ericsson: Dass sich harte Arbeit auszahlt und dass du immer an das glauben musst, was du tust. Obwohl ich zwei Jahre keine Punkte geholt hatte, habe ich letzten Winter härter gearbeitet als je zuvor. Mehr Training, mehr Zeit mit dem Team, mehr Gespräche mit den Ingenieuren.
Hat Sie auch das Gefühl beflügelt, dass es mit Sauber wieder bergauf geht?
Ericsson: Ich sehe es als meine große Chance zu zeigen, was ich kann. Die letzten zwei Jahre hatten wir das langsamste Auto in der Startaufstellung. Da kannst du dich nur schwer ins Schaufenster stellen. Es ist eine große Motivation zu sehen, dass es aufwärts geht.
Letztes Jahr war Ihr Gewicht ein Handikap. Das Auto war mit Ihnen an Bord schwerer als das Mindestgewicht. Ist das Vergangenheit?
Ericsson: Ich habe über den Winter 5 Kilogramm verloren. Das war wirklich hart. Weil wir ständig reisen, ist es schwer, eine Diät und ein bestimmtes Trainingsprogramm strikt durchzuziehen. Deshalb habe ich mich fast den gesamten Winter nach Spanien verdrückt, um dort an mir zu arbeiten. Aber es war im letzten Jahr ein großer Nachteil für mich, mehr als es die Leute glauben wollen. Letztes Jahr hatte das Auto mit mir zwischen 5 und 10 Kilogramm Übergewicht. Die ganze Saison lang. Pascal war 10 Kilogramm leichter als ich. Er lag entweder am Gewichtslimit oder drunter. Mit Felipe Nasr war es teilweise genauso. 10 Kilogramm mehr oder weniger sind ja nicht nur 3 Zehntel auf der Uhr. Das Zusatzgewicht lässt auch die Reifen schneller verschleißen und alles was so dazu gehört. Ich bin froh, dass die Formel 1 ab nächstem Jahr das Fahrergewicht vereinheitlicht. Das hätte sie schon vor 15 Jahren machen sollen. Fahrer wie Nico Hülkenberg, Daniel Ricciardo oder ich, die ein bisschen größer und damit schwerer sind, sollten nicht bestraft werden.
Wie steht es jetzt im Vergleich zu Charles Leclerc?
Ericsson: Er ist leichter, aber nicht mehr so viel. Das Team hat auch wirklich hart daran gearbeitet, das Auto so leicht wie möglich zu bauen. Wir sind jetzt beide mit dem Auto am Gewichtslimit.
Charles Leclerc ist Ihr dritter Teamkollege bei Sauber. Vergleichen Sie ihn bitte mit seinen Vorgängern Felipe Nasr und Pascal Wehrlein.
Ericsson: Wenn ich mir die Vita von Charles anschaue mit den Erfolgen, die er in den Juniorformeln gehabt hat, dann ist er einer der besten Fahrer, die in den letzten Jahren in die Formel 1 gekommen sind. Für mich ist er der stärkste Teamkollege, den ich je hatte. Ich bin jetzt schon das vierte Jahr bei Sauber. Hier fühle ich mich zuhause. Ich kenne alle Leute, weiß wie die Ingenieure arbeiten. Meine Erfahrung mit dem Team ist natürlich ein Vorteil für mich.
Der GP China lief nicht so gut wie Bahrain. Was war da los?
Ericsson: Es war ein komisches Rennen in zwei Hälften. Auf den Soft-Reifen habe ich mich nicht so wohl gefühlt. Die Fahrzeugbalance stimmte nicht. Nach dem Wechsel auf Medium-Reifen lief es viel besser. Ich konnte zu den Fahrern im hinteren Mittelfeld aufschließen und auch ihr Tempo mitgehen.
Wo steht Sauber?
Ericsson: Es sieht so aus, dass wir mit Williams auf Augenhöhe kämpfen können. Wir sind am Mittelfeld dran, stehen aber am unteren Ende. In den letzten zwei Jahren ging es nur ums Überleben. Jetzt geht es wieder um Resultate. In den freien Trainings sind wir manchmal sogar schon mit Force India oder Toro Rosso auf einer Höhe. Es ist mir schon zwei Mal passiert, dass ich das Q2 nur um ein Zehntel verpasst habe. Im Vergleich zu den letzten beiden Jahren war das ein riesiger Schritt. Das hat sicher auch mit dem Motor zu tun. Der aktuelle Ferrari-Motor ist schon eine ganz andere Welt als das Triebwerk von 2016, das wir im letzten Jahr gefahren sind.
Wo müssen die nächsten großen Schritte folgen?
Ericsson: Die Basis des Autos ist gut. Natürlich könnten wir mehr Abtrieb gebrauchen. Ich glaube, davon hast du nie genug. In den schnellen Kurven verlieren wir noch zu viel Zeit. In den langsamen Ecken sind wir schon ganz gut.