Drama bei den Probefahrten

Wenn die Formel-1-Autos in die Wintertests starten, beginnt bei den Ingenieuren wieder das große Zittern. Wir blicken noch einmal zurück auf einige spektakuläre Technik-Dramen, die sich in den letzten Jahren abgespielt haben.
Die Formel 1 der Neuzeit ist vielen Fans fast zu perfekt geworden. Überraschende Technikprobleme sieht man an den Rennwochenenden nur noch vereinzelt. Dank ausgefeilter Computer-Simulationen und realitätsnahen Prüfständen lassen sich schon in den Fabriken bereits viele Probleme im Vorfeld aussortieren.
Große Dramen lassen sich mittlerweile nur noch bei den Wintertestfahrten beobachten. Wenn die neuen Autos ihre ersten Proberunden abspulen, werden die Ingenieure immer mal wieder auf dem falschen Fuß erwischt. Die Extremisten unter den Technikern, zum Beispiel Adrian Newey, gehen bekanntlich immer bis an die Grenzen des Machbaren und kalkulieren dabei auch Rückschläge mit ein.
Ingenieure gehen übers Limit
"Während sich andere Ingenieure langsam von unten ans Limit herantasten, geht Adrian immer erst einmal über das Limit hinaus – und baut dann wenn nötig wieder zurück", erklärte ein Red-Bull-Kollege einmal die Philosophie des Star-Konstrukteurs. In Sachen Aerodynamik geht Newey keine Kompromisse ein. Für eine perfekte Strömung rund um das Auto pfeift der Brite regelmäßig auf die Zuverlässigkeit. Das Credo lautet: Es ist leichter, ein schnelles Auto haltbar zu machen, als ein zuverlässiges Auto schnell.
Vor allem in Sachen Packaging ist der Brite für Extremlösungen bekannt. Das heißt, dass die Aggregate unter der Haube immer eng und kompakt angeordnet sind. Da scheuert dann bei den Tests schnell mal eine Hydraulikleitung oder ein Kabel durch. Ein heißer Auspuff liegt zu eng an der Verkleidung. Oder man stellt fest, dass die Kühler etwas zu klein dimensioniert sind.
Newey trieb es mit seinen Last-Minute-Konstruktionen in der Vergangenheit so bunt, dass er mittlerweile von den anderen Red Bull-Verantwortlichen eingebremst wurde. Seit 2018 sind die Fertigungspläne so geändert worden, dass der Stardesigner sein Auto immer schon eine Woche vor dem offiziellen Test fertig haben muss, um noch einen Puffer für eventuelle Probleme einzubauen.
Williams 2019 mit Verspätung
Was passiert, wenn die Zeitpläne nicht eingehalten werden, musste Williams im Vorjahr schmerzhaft erfahren. Wegen Verzögerungen bei der Teileproduktion und einigen fehlgeschlagenen Crashtests spulte der FW42 seine Premierenrunden in Barcelona erst am dritten Testtag ab. Richtig komplett war das Auto von George Russell und Robert Kubica aber erst in der zweiten Testwoche.
Das soll dieses Jahr nicht noch einmal passieren. Teamchefin Claire Williams hat bereits bestätigt, dass der FW43 gut einen Monat vor dem Start in die Wintertests alle Crashtests bestanden hat. Die meisten davon im ersten Versuch und nicht wie vor 12 Monaten erst im sechsten Anlauf. Die Verantwortlichen sind zuverlässig, dass es nun auch mit dem pünktlichen Start in den Testwinter klappt.
Es gibt aber nicht nur Zuverlässigkeit.dramen, sondern immer wieder auch rätselhafte Performance-Probleme. Hier war Mercedes im Vorjahr lange Zeit das Sorgenkind. Die Ingenieure konnten dem Silberpfeil einfach nicht die erwartete Pace entlocken. Der Vergleich mit Ferrari trieb den Ingenieuren Sorgenfalten auf die Stirn.
Erst eine radikale Setup-Änderung am vorletzten Testtag, von der sich die Techniker zunächst gar nicht so viel versprachen, brachte wichtige Erkenntnisse und damit das Projekt wieder in die Erfolgsspur. Eine Wende am siebten Testtag wird es dieses Jahr nicht geben. Weil 2020 ein Grand-Prix-Rennen mehr im Kalender steht, einigten sich die Teams darauf, im Gegenzug die Testfahrten von acht auf sechs Testtage zu verkürzen.
In unserer Galerie zeigen wir Ihnen noch einmal einige Technik-Dramen von den Testfahrten der vergangenen Jahre. Ob Feuer, Stromschlag oder gebrochene Flügel – bei den Probefahrten ist immer Action garantiert. Dazu haben wir noch einige Beispiele herausgesucht, bei denen externe Faktoren den Testbetrieb nachhaltig gestört haben.