Rennanalyse GP Singapur 2016
In der Rennanalyse erklären wir, warum die Mercedes-Strategen sauer auf Ferrari waren, wie nah Daniel Ricciardo wirklich am Singapur-Sieg dran war und warum Max Verstappen nicht von der Linie wegkam und damit den Start-Crash auslöste.
Warum hätte sich Mercedes beinahe selbst ausgetrickst?
Mercedes brachte in der Schlussphase Spannung ins Spiel, indem man Lewis Hamilton überraschend zum dritten Stopp an die Box beorderte. Das setzte wiederum eine Kettenreaktion in Gang. Kimi Räikkönen versuchte den Undercut zu kontern, was allerdings nicht gelang. Das wiederum gab Red Bull die Gelegenheit, Daniel Ricciardo mit frischen Reifen auf Nico Rosberg zu hetzen.
„Wir wussten, dass eine Dreistopp-Strategie der schnellste Weg ins Ziel ist“, erklärte Red Bull-Teamchef Christian Horner. „Aber ohne Grund hätten wir Ricciardo nicht noch einmal an die Box geholt. In Singapur ist die Position auf der Strecke wichtig. Wenn wir hinter einen Konkurrenten zurückgefallen wären, hätten wir mit unserem Top-Speed nur schwer überholen können.“
Doch nachdem die beiden Verfolger von Ricciardo an der Box waren, zog auch Red Bull nach. „Das war eigentlich eine Defensiv-Aktion. Wir mussten Rang 2 sichern. Aber gleichzeitig war auch das Risiko weg, einen Platz zu verlieren“, so Horner. Am Ende hätte das Ricciardo fast noch den Sieg gebracht.
Wie lange hätte sich Rosberg noch verteidigen können?
Nachdem Ricciardo an der Box war, überlegte man bei Mercedes zunächst mit einem eigenen Boxenstopp zu kontern. „Der Abstand lag vorher bei 3 Sekunden. Doch Daniel fuhr so eine schnelle Outlap, dass die Lücke innerhalb kürzester Zeit virtuell auf Null zusammenschrumpfte. Wir hatten also keine andere Wahl, als Nico draußen zu lassen“, erklärte Toto Wolff.
Der Mercedes-Teamchef verriet, dass die Strategie-Programme 14 Runden vor Schluss als Prognose für den Zieleinlauf 7 Sekunden Vorsprung für Rosberg ausspuckten. „Doch nach wenigen Runden war davon nichts mehr übrig. Wir mussten uns also entscheiden, ob Nico sofort Attacke machen oder sich Reserven für den Schlussspurt aufheben soll.“ Mercedes wies seinen Fahrer an, die Bremsen zu schonen, sich Elektro-Power aufzuheben und den höchsten Leistungsmodus erst am Ende zu fahren.
Bei Red Bull hatte man Ricciardo ins Cockpit gefunkt, dass er 4 Runden vor dem Ende auf den Spitzenreiter auflaufen wird. Doch weil der Australier seinen Stint etwas zu schnell angegangen war, konnte er das Tempo nicht halten. „Die Reifen waren am Ende ziemlich platt“ , gab der Pilot zu. Rosberg lief also nicht wirklich in Gefahr, den Sieg noch aus den Händen zu geben und hätte sich wohl noch eine Weile verteidigen können.
Wäre Räikkönen mit einer Zweistopp-Strategie auf dem Podium gelandet?
Nach dem Rennen war man bei Mercedes sauer auf Ferrari. Der Vorsprung Räikkönens auf Hamilton hatte vor dem dritten Stopp nur 2 Sekunden betragen. Der Finne hatte also keine Chance, den Undercut von Hamilton zu kontern. Doch Ferrari versuchte es aus unerfindlichen Gründen trotzdem, womit Mercedes nicht gerechnet hatte. Der Taktik-Fehler brachte Rosberg erst in die Fänge von Ricciardo.
Die richtige Strategie-Entscheidung wäre es gewesen, Räikkönen wie Rosberg draußen zu lassen und es auf ein Duell in den Schlussrunden ankommen zu lassen. Der Finne wollte seinen Ingenieuren die Schuld anschließend nicht in die Schuhe schieben. Aber er gab immerhin zu, dass er mit seinen Soft-Reifen locker über die Distanz gekommen wäre.
Wir meinen: Als reifenschonender Pilot hätte er wohl gute Chancen gehabt, den Podiumsplatz zu verteidigen. Im Gegensatz zu Ricciardo, der erfolglos Rosberg jagte, hatte Hamilton noch nicht einmal mehr neue Reifen für den Schlussspurt. Seine Aussichten lagen also noch schlechter, den Platz im direkten Zweikampf zu gewinnen.
Was lief beim Verstappen-Start schief?
Nach Spa und Monza erwischte Max Verstappen in Singapur zum dritten Mal in Folge einen schlechten Start. Weil der Youngster mit durchdrehenden Rädern nicht von der Linie kam, krachten Nico Hülkenberg und Carlos Sainz beim Ausweichversuch zusammen. Doch wie schon beim GP Italien, als Verstappens Getriebe in den Anti-Stall-Modus schaltete, konnte der Pilot nichts für den verkorksten Start.
„Er hatte ein Kupplungsproblem“, verriet Teamchef Christian Horner. „Wir hatten schon am Samstag das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Die FIA hat uns die Erlaubnis gegeben, die Kupplung zu öffnen und zu untersuchen. Doch die Inspektion verlief ergebnislos. Wir durften somit nichts wechseln. Das Problem war, dass sie zu viel Drehmoment übertrug. Das führte zu Wheelspin am Start.“
In unserer Galerie zeigen wir noch einmal die Highlights des Rennens.