Jaguar F-Pace SVR im Fahrbericht
Ja, übermotorisierte SUV sind absoluter Humbug – und man muss sie auch nicht mögen. Darf man aber, denn (automobiler) Humbug ist 2019 noch erlaubt. In diesem Sinne heißen wir dich herzlich willkommen, lieber Jaguar F-Pace SVR.
Alfa, AMG, BMW, Bentley, Jeep, Lambo, Porsche, Range Rover, bald dann auch Aston und Ferrari. Alle bauen sie Schlachtschiffe mit mindestens 500 PS – und Jeep eskaliert mit ihrem wahnwitzigen Grand Cherokee Trackhawk komplett: 6,2-Liter-Hemi-V8, 710 PS, 868 Nm.
Jaguar treibt es mit ihrem neuen F-Pace SVR nicht ganz so bunt. Aber schon auch bunt: 550 PS, 680 Nm. Zudem teilen sich Trackhawk und F-Pace eine Besonderheit: hier pfeifen keine Turbolader, hier heulen Kompressoren. Mit von der Partie ist auch der Range Rover Sport SVR, der den gleichen 5,0-Liter-V8 schon länger auf den Motorlagern trägt.
Operation: pimp the auto
Wie der Haus-Tuner Special Vehicle Operations (SVO) den F-Pace zum SVR geschraubt hat? Hier die gelb angeschmierten Textstellen der Pressemitteilung: luftschnittigere Stoßstangen, 30 Prozent steifere Federn vorne, 10 Prozent hinten, straffere Adaptivdämpfer, elektronisch geregeltes Sperrdiff hinten, 22-Zoll-Schmiedefelgen (optional), zweiteilige Bremsscheiben, Titan-Klappenauspuff, Sportsitze, F-Type-Schalthebel statt Drehschalter, Lufthutzen auf der Motorhaube und eine um fünf Prozent reduzierte Rollneigung durch modifizierte Stabis. SVO hat also an allen Schrauben gedreht, die abseits von elektromechanischer Wankstabilisierung drehbar sind.
Wie das alles zusammenpasst, muss der Bock auf französischen Bergstrecken beweisen... my dear Mr. Singing Club! Hier ist nix mit dieser Dauerschleife von zwei Minuten fahren, fünf Minuten durchs Dorf rollen; zehn, teilweise 15 Minuten geht‘s nonstop durch ein unfassbares Sportfahrer-Schlaraffenland – mit allen Biegungswinkeln und richtigen Wechselkurven.
Letztere bekommt der F-Pace halbwegs gebacken, schenkt sich dabei wilde Wankerei, fühlt sich auch in der Lenkung nicht unharmonisch an. Die semi-engen Ecken bringen die vorderen P-Zeros erst zum Winseln, dann geben sie peu à peu nach. Anders ist das in Spitzkehren, denn solange du Einlenkuntersteuern vermeidest und dann gut drauflatschst, schubst der variable Allradantrieb den Hintern neutralisierend nach außen (ESP auf Sport).
Das mit den Kurven macht der Dicke schon anständig. Trotzdem fühlt sich das vorwiegend sadistisch an, den Vollschlanken mit ungünstigem Schwerpunkt in die Querdynamik zu foltern.
Rockstar-V8 rockt
Kaputtlachen kann sich mit ihm trotzdem jeder. An jedem Kurvenausgang. Eben wegen des Achtzylinders plus Eaton TVS R1900-Rootsgebläse. Nix mit Turbolag, der Kompressor steht sofort parat. Null auf 100 in 4,3 Sekunden, 283 km/h auf der Autobahn. Ein absoluter Rockstar, dieser Motor. Nur die Abgasanlage verwirrt. Zwar klingt sie nicht schlecht, aber nicht gut genug, um die Lautstärke zu rechtfertigen. Denn sie übertönt das (vermutlich) grandiose Kompressorgeheule, liefert im Gegenzug aber keinen F-Type-Silvestermodus. Wobei wir bei ihm auch nicht wissen, ob er mit jetzt vorgeschriebenem Ottopartikelfilter noch so chinaböllert wie einst.