Meinung zur PSA/FCA-Fusion
PSA und FCA wollen gemeinsam in die Zukunft fahren. Ist das eine Hochzeit „unter Gleichen“? Im Leben nicht, meint Digital-Chefredakteur Jochen Knecht.
Dass Carlos Tavares mit der Sanierung von PSA und dem Kauf von Opel noch längst nicht „fertig“ sein würde, war absehbar. Trotz der kleinen Nebelkerze, die er im Rahmen der IAA in Frankfurt publikumswirksam zündete. Da hatte er vor Journalisten verneint, dass PSA nach der Übernahme von Opel weitere Allianzen brauche. „ Wir brauchen keinen Zusammenschluss, wir fokussieren uns darauf, die Dinge zu erledigen und gut durch die Phase der Transformation zu kommen“, so Tavares. Kurz zuvor hatte Fiat Chrysler (FCA) gerade die Verhandlungen mit Renault abgeblasen. Vor allem auch deshalb, weil die Franzosen ihre mehr als komplizierte Nissan-Partnerschaft mit in die Ehe eingebracht hätten.
PSA zum Renditebringer gemacht
Dass jetzt, keine drei Monate später, FCA mit der Groupe PSA vor dem Traualtar steht, zeigt zweierlei: Erstens, die prekäre Lage, in der sich FCA befindet. Und zweitens, das Geschick von PSA-Chef Tavares. Der steht nämlich genau für des Gegenteil einer komplizierten, auf Kompromissen basierenden Verbindung. Keine Zwei Jahre hat er gebraucht, um aus der maroden PSA-Gruppe einen Renditebringer zu formen. Opel-Chef Lohscheller hat das in Rüsselsheim nach dem Tavares-Vorbild erfolgreich wiederholt: Sozialverträglicher Stellenabbau, Straffung des Modellportfolios, Senkung der Entwicklungskosten. Damit steuert Opel 2019 auf eine Rendite von 6% zu. Ein Wert, der im Sanierungsplan „PACE!“ erst für 2026 vorgesehen war.
Fünf Jahre lang, so die aktuelle Planung, soll Carlos Tavares den neuen Autoriesen führen. Von einer Sanierung ist noch nirgendwo die Rede. Dafür sind die Zahlen aktuell schlicht noch zu gut. Mit knapp neun Prozent Umsatzrendite war PSA im ersten Halbjahr 2019 der profitabelste Volumenhersteller. FCA schaffte mit fünf Prozent immerhin noch einen Durchschnittswert. Aber: das ist lediglich der Status Quo.
FCA hat die Elektrifizierung verschlafen
Gerade mit Blick auf die Marken- und Modellstruktur bei FCA sind diese Werte kaum zu halten – denn es zieht eine weltweite Absatzkrise auf. Die einzige FCA-Marke, bei der es richtig gut läuft, ist Jeep. Fiat, Alfa Romeo, Chrysler, Dodge oder Maserati sind angeschlagen, bzw. nur bedingt zukunftsfähig aufgestellt. Stellvertretend für die Probleme sei Lancia zu nennen. Die ehemalige Luxusmarke ist heute auf ein einziges Kleinwagenmodell reduziert. Die FCA-Flotte hat durch die vielen schweren SUV und Pick-ups zudem ein echtes Emissionsproblem. Die Elektrifizierung der Modellpalette steht erst ganz am Anfang. Vor allem in Europa, wie die CO2-Richtlinien ab 2020 nochmal deutlich anziehen, drohen deshalb teure Strafzahlungen an die EU.
Die unter dem PSA-Dach vereinten Marken Peugeot, Citroën, DS und Opel (inklusive Vauxhall) verfügen über eine junge, gut ausgebaute Modellpalette, effiziente Antriebsvarianten, sie gewinnen in Europa Marktanteile und haben die wichtigsten CO2-Hausaufgaben gemacht.
PSA will einen Zugang zum amerikanischen Markt
Eine „Ehe unter Gleichen“? Ganz sicher nicht. FCA muss fusionieren, um nicht nur in Europa wettbewerbsfähig bleiben zu können. PSA will fusionieren, weil Carlos Tavares seinen Konzern zukunftsfähig aufstellen will. Und dafür braucht er den Zugang zum amerikanischen Markt. Der ist mit Fiat-Chrysler an seiner Seite kein Problem.
Problem China
Ein Spaziergang wird die Sache aber selbst für einen Getriebenen wir Carlos Tavares nicht. Auch nach der Fusion bleiben Baustellen, die beide Partner noch längst nicht im Griff haben. China, zum Beispiel. Da hat FCA bislang vergeblich versucht, Alfa Romeo zum Durchbruch zu verhelfen. Und bei PSA stagniert das China-Geschäft, das gemeinsam mit Dongfeng betrieben wird.
Auch beim autonomen Fahren finden da eher zwei Leichtgewichte zusammen. Tavares hat teure Projekte gestoppt, FCA ist zumindest Partner der Google-Tochter Waymo, liefert aber lediglich die Fahrzeuge für die Google-Technologie. Und dann ist da natürlich noch der Brexit, der den Bau von Vauxhall-Modellen in England weiter verkompliziert.
Trotzdem könnte die Ehe funktionieren. Gerade weil der eine will und der andere muss. Damit sind die Rollen klar verteilt.